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Testbericht

16. Oktober 2016
Haar, 18. Oktober 2016

Wenn Sie wollen, dass sich eine komplette Autoredaktion in Sie verliebt, dann seien Sie am besten so wie unser Seat Leon Cupra 290. Okay, wischen Sie sich jetzt bitte wieder das ganze Blau und Orange aus dem Gesicht, es reicht völlig, wenn Sie verdammt schnell, alltagstauglich und verblüffend sparsam sind. Wir haben das spanische Hot Hatch über mehrere Monate im Redaktionsalltag bewegt und waren am Ende ziemlich angetan von seinem breiten Spektrum. Man sollte von einem Auto, dass kurzzeitig den Nordschleifen-Rekord für Fronttriebler gehalten hat (in ziemlich großartigen 7:58 Minuten, wohlgemerkt) ja eigentlich eine gewisse Kompromisslosigkeit erwarten. Dass es auch anders geht, zeigte der kleine Seat mit Bravour. Natürlich gab es auch Kritikpunkte. Viele waren es allerdings nicht. Was beim schnellsten Leon gut ist und was weniger, was Sie an Ausstattung brauchen und was nicht - unser Dauertestbericht verrät es Ihnen.

Motor, Getriebe, Verbrauch
Seit einem Mikro-Facelift im Frühjahr 2016 leistet der schnellste Seat Leon Cupra nun 290 statt 280 PS (es gibt auch eine Variante mit 265 PS). Geblieben ist das Gefühl, dass es eher 330 sind. Wie der Cupra selbst jenseits der 200 km/h anschiebt, ist beängstigend. War die Autobahn leer, marschierte er laut Tacho auch schonmal an der 270 vorbei. Hoppla! Ein gewisses Turboloch ist zwar definitiv nicht von der Hand zu weisen, so ab knapp unter 3.000 Touren reißt der Cupra aber an, wie ein Irrer. Und es dauert eine ganze Weile, bis sein Drang nachlässt. Unterstützt wurde der Zweiliter-TSI in unserem Fall von einem wie so oft famos und zackig schaltenden Sechsgang-DSG. Obwohl wir unseren Cupra 290 nicht unbedingt schonten, kam er im Schnitt mit 8,3 Liter aus. Damit lag er 1,8 Liter über dem von Seat angegebenen Normverbrauch. Für einen beinahe 300 PS starken Kompaktsportler ein mehr als beachtlicher Wert. Klanglich war der Leon ein zweischneidiges Schwert. Drückte man sich im Fahrmodi-Menü in die sportlichste Einstellung "Cupra", rumorte, röhrte, schoß und ploppte es im Innenraum durchaus so, dass man den ein oder anderen Schmunzler nicht unterdrücken konnte. Aber freilich waren ungefähr 90 Prozent des akustischen Schauspiels elektronisch erzeugt. Immerhin verfügt der Cupra über einen der besser komponierten Synthi-Sounds.

Fahrverhalten
Der Seat Leon Cupra 290 dürfte, was das Fahrverhalten betrifft, eines der am meisten unterschätzten Autos sein. Er ist nicht so wild und hart und marktschreierisch wie ein Honda Civic Type R oder ein Renault Mégane R.S., aber er ist im Prinzip genauso schnell. Dabei verzichtet er jedoch darauf, einem die Wirbelsäule neu anzuordnen und man braucht auch keine drei Meter Bizepsumfang, um das Lenkrad beim Beschleunigen festzuhalten. Logbuch-Eintrag eines Kollegen: "Nichts, was annähernd in dieser Preisklasse spielt, bringt dich ähnlich schnell, mühelos und vertrauenerweckend die Straße runter". Recht hat der Mann. Nur einmal, auf einer halbwinterlichen Bergtour wurde es ein bisschen … naja … interessant. Winterreifen, ein nasskalter Pass und so viel Bumms auf der Vorderachse sind halt nicht unbedingt die besten Freunde. Trotzdem machte die Differenzialsperre ihre Sache recht ordentlich und verwandelte zumindest Teile des Drehmoment-Matsch-kalter-Gummi-Mixes in brauchbaren Vortrieb.

Richtig atemberaubend wurde es dann mit der optionalen Michelin-Pilot-Sport-Cup-2-Bereifung. Die bissigen Michelins funktionierten selbst bei Regen deutlich weniger angsteinflößend als vermutet. Und sobald die Straße trocken war, waren alle Nässe-Nachteile ohnehin im Nu vergessen. Grip und Kurvengeschwindigkeiten sind mit den Semislicks wirklich kaum zu fassen. Und weil er damit an der Vorderachse so viel härter beisst, hat auch das Heck deutlich mehr Lust, zu tanzen. Lupf das Gas in der Kurve und der Seat schwingt seinen Hintern plötzlich wie eine Peugeot-Knallbüchse aus den 80ern. Was für eine fähige und launige Maschine. Aber genug von zu schweren rechten Füßen, der Cupra konnte im Alltag nämlich auch anders. Tauschte man den inneren Rennhelm gegen die Jogginghose, tauschte er nur allzu gerne mit. In diesem Auto ist die Spreizung der Fahrmodi zur Abwechslung mal wirklich spürbar. Per Knopfdruck entspannten sich Fahrwerk, Lenkung und der künstliche Klang auf fast schon ayurvedische Levels der Angenehmheit. Sehr beeindruckend das Ganze.


Innenraum und Connectivity

Wenn es überhaupt Kritik am Leon Cupra 290 gab, dann bekam sie meist das Interieur ab. Das lag weder an der Ergonomie/Bedienung (simpel, eingängig, angenehm), noch an den optionalen Schalensitzen oder der Qualität (VW Golf minus ein paar Prozent, also sehr gut), sondern einfach daran, dass der Cupra einen der eintönigsten, dunkelsten und fadesten Innenräume überhaupt hat. In einem so talentierten Kompaktsportler würde man sich einfach etwas mehr Pep und ein paar rennsportmäßige Auflockerungen wünschen. Etwas altbacken sieht auch das Infotainmentsystem aus. Das ändert aber nichts an seiner Klasse. Egal ob Navi, Telefoneinbindung oder Musikstreaming - alles funktionierte jederzeit schnell und gab keine Rätsel auf. Die Bedienung über Berührung oder Knöpfe - simpel und effektiv. Das hier mag nicht der letzte Schrei in Sachen Hightech oder Bildschirmgröße sein, aber jeder kommt damit - auch ohne dreijähriges Studium - zurecht. Was die Platzverhältnisse angeht, sei erwähnt, dass wir mit dem Dreitürer durchaus häufiger an unsere Grenzen stießen. Einigen Kollegen wäre diese Variante für jeden Tag zu unpraktisch, aber Fünftürer- und Kombi-Cupra gibt es ja ebenfalls, also ist das nicht wirklich ein Malus, eher eine Geschmacksfrage.

Ausstattung und Preise
Nur um das vorwegzunehmen: Die Farbe ist nicht unsere Schuld. Seat versorgte uns ohne zu fragen mit dieser zweifelhaften Kombination (Alor Blau; 585 Euro), die aussieht, als wäre der arme Nemo in einen Haufen aufgebrachter Schlümpfe geplumpst. Davon abgesehen war der Konfigurator aber ausgesprochen gut zu uns: Der Grund für den Clownfish-Teint ist nämlich das 2.530 Euro teure "Performance-Paket Orange" mit sehr attraktiven (und sehr orangen) 19-Zöllern, einer monumentalen 370er-Brembo-Bremse und generöser geformten Seitenschwellern. Dazu gesellten sich, wie erwähnt, das famose DSG (1.700 Euro), optisch und ergonomisch wertvolle Schalensitze (1.350 Euro), das empfehlenswerte Navigationssystem Plus (1.145 Euro), ein Soundsystem sowie diverse Assistenten und Helferlein, die den Cupra-Gegenwert auf erschreckende 42.395 Euro aufblähten. Das Soundsystem haute niemanden so richtig vom Hocker, für 350 Euro kann man sich das Mehr an Lautsprechern und Subwoofern aber vermutlich gönnen. Von den Fahrhilfen machten unserer Meinung nach vor allem die beidseitige Einparkhilfe (520 Euro) sowie die Distanzregelung mit City-Notbremsfunktion (560 Euro) Sinn. Den Menschen, die in ihren Alltag auch gerne mal ein paar Runden Rennstrecke oder einen schönen Bergpass integrieren muss man das wohl nicht extra sagen, aber die 530 Euro für die Michelin-Cup-2-Pneus sind in diesem Fall sehr gut angelegtes Geld.

Mängel
Dieses Kapitel können wir wirklich sehr kurz gestalten: Wir bekamen von Seat einen Nahezu-Neuwagen mit knapp 3.000 Kilometer auf der Uhr, fuhren ihn vier Monate und etwa 10.000 Kilometer und gaben ihn danach - relativ erwartungsgemäß - ohne Mängel oder zwischenzeitliche Ausfälle wieder zurück. Klappergeräusche oder Verarbeitungsmängel waren beim Leon Cupra 290 über die gesamte Testdistanz ebenfalls nicht zu entdecken. Dem ein oder anderen (eher kindlich veranlagten) Kollegen sah der Cupra trotz all der orangen Farbkleckse) für ein 290-PS-42.000-Euro-Hot-Hatch einfach zu brav und nicht speziell genug aus. Wer so fesselnd fährt, verdient mehr Drama. Wenn Sie auch ohne auskommen, umso besser. Etwas Seriöseres und Vernünftigeres, dass so talentiert, schnell und einfach ums Eck geht, können wir uns nämlich kaum vorstellen.
Technische Daten
Antrieb:Vorderradantrieb
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Doppelkupplungsgetriebe
Motor Bauart:Reihenmotor, Turbo
Hubraum:1.984
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:4
Leistung:213 kW (290 PS) bei UPM
Drehmoment:350 Nm bei 1.700 UPM
Preis
Neupreis: 33.420 €
Fazit
Wer den Seat Leon Cupra 290 auf einer kurvenreichen Landstrasse oder Rennstrecke jagt, wird irgendetwas sehr sehr Starkes, Flaches, Leichtes oder Verrücktes brauchen, um auch nur halbwegs mitzuhalten. Dabei ist der Spanier kinderleicht zu fahren, im Alltag absolut komfortabel und auch noch bemerkenswert sparsam. Seat hat hier wirklich großartige Arbeit geleistet. Wir würden jedoch den Fünftürer oder noch besser den Kombi bevorzugen, weil der Dreitürer hinten doch arg eng geschnitten ist. Der Cupra macht sehr wenig falsch, ist aber trotzdem nicht langweilig. Das merkt man leider auch beim Preis. Ein Schnäppchen ist er wahrlich nicht. + sehr durchzugsstarker Motor; hohe Fahrdynamik; sehr gute Alltagstauglichkeit - als Dreitürer recht eng; tristes Cockpit; ziemlich teuer
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: auto-news, 2016-10-16

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