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Testbericht

Stefan Grundhoff, 5. Juni 2012
Seit dem Mai 1977 ist für die übermächtige Mercedes S-Klasse das süße Leben vorbei. Mit dem 7er wagt BMW die Majestätsbeleidigung und bringt erstmals einen ernsthaften Konkurrenten für die Luxusübermacht aus Stuttgart heraus.

Bis heute ist die Mercedes S-Klasse unter den Limousinen weltweit das Maß aller Dinge. Lange Jahre war sie nicht nur in Deutschland allein auf weiter Flur; hatte besonders in Zentraleuropa keine Konkurrenz. Doch mit dem 7er BMW der Baureihe E23 wurde im sonnigen Frühjahr 1977 alles anders. Die Münchner brachten als Nachfolger des wenig erfolgreichen BMW E3 ihre erste echte Luxuslimousine auf den Markt und zeigten der S-Klasse vom Start weg, wie dynamisch man im obersten Fahrzeugsegment unterwegs sein kann. Das zeigte sich auf den ersten Blick bei der Optik. Während der Mercedes mit mächtigen Rechteck-Scheinwerfern und imposantem Festungs-Kühlergrill auf der Überholspur für Angst und Schrecken sorgte, versuchte es BMW deutlich filigraner. Markant sind bis heute die Doppelscheinwerfer und die geneigte Doppelniere im Stile eines Haifischmauls mit denen sich der E23 nahtlos an das Luxuscoupé des 6ers vom E24 anlehnte, der ein Jahr zuvor Premiere feierte.

Der 4,86 Meter lange 7er BMW hatte nur einen Konkurrenten: die Mercedes S-Klasse der Baureihe W116, die fünf Jahre früher auf den Markt kam. In ihr waren insbesondere in den großen Motorisierungen 350 SE / 450 SE Wirtschaftsbosse, Firmenchefs und Politiker unterwegs. Den 116er gab es als Normal- und Langversion, auf Wunsch sogar in schwerer Panzerung oder als grandiose Sportversion 450 SEL 6.9 mit grandiosen 286 PS. Mit seinem ersten Siebener ging BMW in Vollen. Auf Basis es E12 entwickelt, sollte er so fahrdynamisch sein wie man es von den sportlichen Bayern kannte und dabei bis dato unerreichten Komfort und Luxus vereinen. Ehe in späteren Jahren die Topversionen BMW 735i und der aufgeladene 745i mit 252 PS kamen, war der BMW 733i das eingespritzte Topmodell. Der 3,2 Liter große Reihensechszylinder vom Typ M30 war auch in den 70er Jahren das Beste, das man mit sechs Brennkammern bewegen konnte. Der lange geplanten größeren Versionen mit V8- und V12-Motor blieben aus Kostengründen und durch die angespannte Erdölsituation außen vor. Mit 145 kW / 197 PS, 280 Nm bei 4.300 U/min und 215 km/h Spitze blieb der 733er der Schrecken der meisten Sportwagen. 1979 wurde der 733i vom 732i mit digitaler Motorelektronik und nahezu identischer Leistung ersetzt.

Im Gegensatz zu seinem einzigen Konkurrenten aus Schwaben gingen die Bayern nicht nur bei Antrieb und Fahrdynamik einen anderen Weg. Auch im Innenraum zeigte sich der 7er BMW so modern wie einst das Raumschiff von Captain Kirk. Die großen Runduhren des Cockpits lieferten dabei nur einen Teil der Informationen. Die zum Fahrer geneigte Mittelkonsole bot nicht nur übersichtliche Bedienelemente und Drucktaster, sondern auch pfiffige Lösungen wie den Lüftungsregler um die Analoguhr herum. Links oberhalb des Fahrerknies gab es eine frühe Art von Bordcomputer. Der Fahrer konnte per Knopfdruck testen, ob die wichtigsten Fahrzeugfunktionen wie Licht, Motoröl oder Bremsflüssigkeit in Ordnung waren.

Erst mit leichter Verzögerung gab es den E23 auch mit standesgemäßen Ledersitzen. Doch in den 70er Jahren stand edler Flockvelours bei vielen Kunden hoch im Kurs. Wer seinen BMW 733i mit allen nötigen Kreuzen in der nicht allzu langen Aufpreisliste versah, genoss den Luxus von elektrischen Fensterhebern vorn und hinten, ein elektrische Schiebe- / Ausstelldach, Colorglas, Scheinwerferwachanlage und eine manuelle Klimaanlage. Serienmäßig waren beim Topmodell 733i unter anderem der elektrische Außenspiegel, Alufelgen, Servolenkung und Kopfstützen hinten. Auf besonderen Wunsch wird die Ausstattung des 7ers noch mit einem Autotelefon und elektrisch verstellbaren Einsitzen komplettiert. Erst 1979 zog mit dem 732i das von Bosch und Daimler gemeinsam entwickelte Anti-Blockier-System ein.

Kein Wunder, dass es auch der bayrische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß kaum erwarten konnte, sein Panzerdoppel aus Mercedes 350 SEL und 450 SEL so schnell als möglich durch Produkte aus heimischen Landen zu ersetzen. Mit Hochdruck wurden Ende der 1977 zwei schwer gepanzerte BMW 733i aufgebaut, die dem Ministerpräsidenten fortan Schutz vor der Roten Armee Fraktion und Angriffen jeglicher Art geben sollen. Noch heute berichten ehemalige Personenschützer, dass das Fahrverhalten der nachträglich schwer gepanzerten 7er-Versionen alles andere als einfach war und die Fugen bei flotter Gangart so groß wurde, dass es zog. Das Gewicht der gepanzerten 733i war mit knapp drei Tonnen so hoch, dass die bayrische Staatslimousine fortan nur mit drei Personen besetzt werden konnte. Der Komfort war durch die weit in den Innenraum ragenden Panzerplatten deutlich eingeschränkt.

Doch die Serienversionen des BMW 733i und seiner kleineren Brüder 728, 728i und 730 waren den Mercedes S-Klassen in Sachen Fahrdynamik weit überlegen. Lenkung, Bremsen, Fahrwerk und Antrieb waren der Konkurrenz weit voraus – zumindest, wenn man es schnell bevorzugte. Das Fahren in dem 1,5 Tonnen schweren BMW 733i überzeugt heute wie vor 35 Jahren. Der Reihensechszylinder präsentiert sich grandios drehfreudig und besonders in Verbindung mit ist der manuellen Viergangschaltung eine Glanzbesetzung. Die Getriebeautomatik nimmt dem 7er viel von seinem Elan und kann nicht an der der S-Klasse kratzen, die zudem mit Versionen bis hoch zum übermächtigen 450 SEL 6.9 ganz andere Hubraum- und Leistungsreserven hatte. Fahrdynamik und Kurvengeschwindigkeiten sind beachtlich, wenn man sich erst einmal an die mächtigen Wankbewegungen gewöhnt hat.

Was dem Siebener in den späten 70er und frühen 80er Jahren insbesondere fehlte, war der Stern auf dem Kühlergrill und das nötige Image, um in die obersten Schichten der Bevölkerung zu kommen. Da machte Deutschland keinen Unterschied zu Asien oder den USA, wo später sogar eine L7-Bavaria-Luxusversion mit Komplettausstattung aufgelegt wurde. Das hat sich vom Grundsatz her bis heute kaum geändert. Der aktuelle Siebener BMW ist längst auf Augenhöhe mit dem ewigen Erzrivalen der Mercedes S-Klasse und dem aufgestiegenen Audi A8. Sie gilt schlicht als eine der besten Luxuslimousinen überhaupt. Doch weltweit betrachtet, bestimmt die Mercedes S-Klasse nach wie vor unangefochten das Top-Segment. Abwarten, wie sich das Duell, das mittlerweile zu einem Dreikampf wurde, in den nächsten Jahren entwickelt. Längst gibt es bei allen Wettbewerbern Diesel, Allrad, Turbo-Direkteinspritzer, Hybridantriebe und alle nur erdenklichen Sicherheitssysteme. Während der aktuelle 7er BMW in diesem Sommer eine Modellpflege bekommt, blicken alle auf die neue Mercedes S-Klasse, die im Frühjahr 2013 Premiere feiert.

Quelle: Autoplenum, 2012-06-05

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