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Testbericht

Stefan Grundhoff, 29. Mai 2010
Bei seinen Erfolgsmodellen X5 / X6 setzt BMW in den USA auf eine Doppelstrategie. Wer sich trotz erwiesener Qualitäten nicht für den X5 Diesel erwärmen kann, soll zum X6 mit 485 PS starkem Power-Hybrid greifen. Elektroantrieb – einfach anders.

In einer Region, wo Range Rover, Porsche 911 oder Mercedes S-Klasse zum Straßenbild gehören wie in unseren Breiten ein dunkler VW Golf, kann man mit einem Auto von der Stange kaum auffallen. Doch Will, Doorman am Hotel Palomar am Wilshire Boulevard von Los Angeles, kann es kaum glauben: „Ist das wirklich ein Hybrid? Endlich einmal einer, der cool aussieht. Echt sexy.“ Klar, Will, bekleidet mit brauner Hoteluniform und einem modischen Hut, möchte mit netten Sprüchen das Trinkgeld in die Hohe drücken. Doch als am nächsten Tag der vierte Hotelangestellte interessiert nach dem Antrieb des BMW X6 Hybrid fragt, scheint das ganze Hand und Fuß zu haben. Dieser Wagen kommt an. Zwei Tage später im Trump Hotel am legendären Strip von Las Vegas das gleiche Bild. Hotelpagen, die sich darum reißen, den X6 Hybrid in eines der oberen Geschosse zum Valet Parking bringen zu dürfen sind kein Einzelfall. „Ist wirklich ein Hybrid? Cool.“, klatscht Bob am Hoteldesk Applaus. Im Gegensatz zum Palomar ist das Valet Parken im Hotel von Immobilienmogul Donald Trump nicht kostenlos. In Los Angeles wurde einem die 30-Dollar-Gebühr mit einem Hybridfahrzeug erlassen. Das ist Kalifornien.

Dabei stand der BMW X6 Hybrid zumindest auf deutschen Straßen lange auf der Kippe. Aufgrund der hohen Kosten brachte Mercedes seinen ML Hybrid nur in den USA auf den Markt. Bei Hybrid-Kooperationspartner BMW gab es ähnliche Überlegungen. Als die deutschen Hersteller merkten, dass sie den Trend verschlafen hatten und gerade auf dem US- Markt die Hybrid-Post abging, wurde bei Mercedes und BMW entschieden, sich in das SUV-Hybridprojekt von Chrysler und General Motors einzukaufen. Gleichzeitig entwickelten beide zusammen mit Continental ein Hybridkonzept für die Limousinen S-Klasse / E-Klasse sowie 7er / 5er. Nach großen Fortschritten am Anfang dauerten die Adaptionen an Motoren und Getrieben der SUV jedoch so lang, dass die eigenen Entwicklung nahezu zeitgleich auf den Markt kamen. Im Gegensatz zu BMW 7er und Mercedes S-Klasse sind X6 Hybrid und ML Hybrid jedoch mit betagter Hybridtechnik und ebenso schweren wie üppig dimensionierten Nickel-Metallhybrid-Akkus unterwegs.

Davon spürt der Fahrer des BMW X6 Hybrid nichts – im Gegenteil. Zwar merkt man dem sportiven Allradler sein mächtiges Eigengewicht von 2,5 Tonnen durchaus an, aber die mächtige Motorleistung überspielt das Minus mehr als gekonnt. Dabei ist der sonore Klang des doppelt aufgeladenen Achtzylinders mit dem entsprechend sportlichen Vortrieb nur eine Seite der Medaille. Noch lässiger wirkt der X6, wenn er wie einst das Film-U-Boot „Roter Oktober“ in der Besetzung Baldwin / Connery in geheimer Schleichfahrt unterwegs ist. Denn im Vergleich zu den Limousinen von Mercedes und BMW mit moderner und vergleichsweise kompakter Akkutechnik kann der X6 Hybrid ebenso wie die hybride M- Klasse allein mit elektrischer Energie fahren.

Das gefällt nicht nur den Hotelpagen und dem Parkpersonal von Trump Tower oder Hotel Palomar, sondern demjenigen, der den X6 im Alltagsbetrieb bewegen kann. Die Testtour geht von Los Angeles mit viel Stadtverkehr über die Highways nach Palm Springs. Auf dem Weg über die kurvigen Bergstraßen hinauf nach Las Vegas kann der X6 Hybrid lässig cruisen, jedoch genießen die Insassen beim Überholen langer Lastwagenkolonnen die mächtige Systemleistung von fast 500 PS. In Vegas ist auf dem überfüllten Strip dagegen bevorzugt lautlosen Dahingleiten an der Tages- und Nachtordnung.

Bis knapp 65 km/h ist der hellblaue BMW X6 Hybrid allein elektrisch unterwegs. Das sorgt nicht nur für ein überaus lässiges Gefühl, wenn man auf dem Santa Monica Boulevard lässig und ohne Abgase im Verkehr mitschwimmt, sondern auch wenn sich Passanten auf dem Parkplatz vor dem Wal-Mart erschrecken, wenn sich der X6 nahezu geräuschlos von hinten anpirscht. Dabei geschieht der Übergang vom allein elektrischen Fahrbetrieb auf das Fahren mit dem leistungsstarken Verbrennungsmotor im Hintergrund; aber durchaus spürbar. Wird der X6 voll beschleunigt, springen der Achtzylinder und die beiden Elektrotriebwerke gemeinsam in die Bresche. Während der Achtzylinder mit 4,4 Litern Hubraum 407 PS leistet, werkeln in der mächtigen Two- Mode-Getriebeeinheit, die federführend von General Motors entwickelt wurde, zwei Elektromotoren. Der kleinere mit 86 PS arbeitet beim Starten und langsamer Fahrt allein und treibt den tonnenschweren Koloss bis zu einem Tempo von 65 km/h rein elektrisch an. Bei einem vollen Akkumodul reicht das für eine Strecke von bis zu 2,5 Kilometern. Bei lockerer Fahrt und beim Bremsen holt sich der X6 elektrische Energie über Generator und regeneratives Bremssystem wieder zurück.

Fordert der Fahrer mehr Leistung von seinem X6 Active Hybrid ab, springen dem ersten Elektromotor der Verbrenner und ein zweites E- Modul mit 91 PS und 260 Nm Drehmoment zur Seite. „Bei vollem Leistungsabruf verfügt der X6 dann über eine Systemleistung von 357 KW / 485 PS“, erläutert Projektleiter Peter Tünnermann. Unter dem Ladeboden befindet sich das rund 100 Kilogramm schwere Akkumodul, das mit einer Leistung von 2,4 kWh das elektrische Dahingleiten ermöglicht. Die Fahrleistungen sind für ein Fahrzeug dieser Klasse schlicht grandios. 0 auf 100 km/h in 5,6 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von rund 240 km/h sind in der Liga der Hybrid- SUV bisher unerreichte Sphären. Kein Wunder, dass die Angestellten des Valet-Parking in den kalifornischen Metropolen allenthalben feuchte Hände bekommen. Dabei bleibt ein mächtiger Wermutstropfen. Von den versprochenen 9,9 Litern Superkraftstoff auf 100 Kilometern war der X6 Hybrid im Praxistest meilenweit entfernt. Selbst bei zurückhaltender US-Fahrweise genehmigte sich der sportliche SUV mit Produktionsstandort im amerikanischen Spartanburg nicht weniger als 12,8 Liter.

Damit sieht er trotz aller Motorleistung gegen die drehmomentstarken Diesel aus eigener Produktion schlecht aus. Die haben mittlerweile selbst in den dieselfeindlichen USA einen X5-Anteil von mehr als einem Viertel. Und wer X5 / X6 mit dem doppelt aufgeladenen 306-PS-Sechszylinder- Selbstzünder des 40d bewegt, wird außer dem satten V8-Klang des Hybriden kaum etwas vermissen. Das gilt auch für den Innenraum. Die bequemen Ledersitze lassen sich präzise auf die persönlichen Vorlieben der Insassen anpassen. Lenkrad, Bedienelemente und Anzeigen belegen, dass BMW hier zu alter Stärke zurückgefunden hat. Auf den zwei bequemen Einzelsitzen im düster anmutenden Fond lässt es sich vortrefflich reisen, vorausgesetzt man ist nicht größer als 1,80 Meter. Der Laderaum fast 480 bis 1.570 Liter Stauraum. Über die zu hohe Ladekante tröstet das bullige Heckdesign und die elektrische Heckklappe hinweg.

Man kann lange über die veraltete Akkutechnik des X6 Hybrid streiten oder das Für und Wider von rein elektrischem Fahren. Doch die Fahrleistungen des Active Hybrid X6 sind in Kombination mit dem grandiosen Fahrwerk mehr als beeindruckend. Das gilt auch für den Preis. BMW verlangt in Deutschland für den X6 Active Hybrid unglaubliche 102.900 Euro. Knapp 30.000 Euro mehr als ein BMW X6 5.0i xDrive oder mehr als 45.000 Euro mehr als der beliebte Einsteiger- Diesel 3.0d im BMW X5. Die umtriebigen Elektro-Bayern lassen sich die Stromschnellen des X6 unverschämt teuer bezahlen. Sparsamer als ein X6 Diesel ist der Hybrid trotzdem nicht. Herausfahren kann man den Preisnachteil in mehreren Autoleben nicht. Doch insbesondere auf dem US-Markt kann der Diesel trotz zunehmender Akzeptanz nicht alle Kunden locken. Sie wollen Power satt - und einen Elektroantrieb, der das Gewissen beruhigt. Beides bietet der BMW X6 Hybrid zwischen Los Angeles und New York zu einem Preis, der konkurrenzfähig ist. 89.900 Dollar sind trotz des aktuell schwachen Euro umgerechnet gerade einmal 70.000 Euro. Dafür hätte der BMW X6 Active Hybrid vielleicht auch in Deutschland eine Chance.

Quelle: Autoplenum, 2010-05-29

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