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Testbericht

5. Juli 2016

Amsterdam (Niederlande), 7. Juli 2016

Sie sind affin für technologische Trends, unternehmerisch, selbstbewusst, gebildet und unabhängig? Darüber hinaus liegt Ihr Alter zwischen Anfang 20 und Mitte 50? Dann gehören Sie (wenn es nach Hyundai geht) zu einer ganz besonderen Käufergruppe. Einer, die sich nicht mit konventionellen Automobilen zufriedengibt. Vorhang auf für den neuen Hyundai Ioniq. In gleich drei Versionen entert die fünftürige Limousine des koreanischen Herstellers den Markt: als Hybrid, Plug-in-Hybrid und Elektro. Der Wagen mit Hybridantrieb kommt bereits am 1. Oktober 2016 in den Handel, der elektrische Ioniq am 1. November 2016. Auf den Plug-in-Hybrid müssen wir noch bis Oktober 2017 warten. Zeit, die ersten beiden Markteinsteiger ausführlich zu testen.

Fünftürige Schrägheck-Limousine mit alternativen Antrieben
Fangen wir mit dem Offensichtlichsten an, dem Aussehen. Eine schneidige Optik und Autos mit alternativen Antrieben sind ja so eine Sache für sich. Einerseits werden bereits etablierte Modelle wie beispielsweise der Kia Soul oder die Mercedes B-Klasse relativ unauffällig elektrifiziert, andererseits werden komplett neue Fahrzeuge geschaffen, denen man auf den ersten Blick ansieht, dass hier etwas Außergewöhnliches auf einen zurollt - wie die i-Modelle von BMW. Was bleibt, ist der Mittelweg, den Toyota schon seit vielen Jahren mit dem Prius geht. Hyundai baut nun auch ein Auto, welches von der Grundform eindeutig einem Prius ähnelt - eine fünftürige Limousine mit Fließheck. Gewöhnungsbedürftig für Europa, aber nicht direkt als Auto mit alternativem Antrieb identifizierbar.

Gewöhnungsbedürftige Form … aber mit Design-Preis
So gewöhnungsbedürftig das Karosseriedesign auch sein mag, es ist vor allem eins: praktisch. Die Platzverhältnisse in der ersten Reihe und im Fond sind dank des 2,70 Meter langen Radstands ausgezeichnet und durch die umklappbare Rückbank passen bis zu 1.505 Liter Gepäck in den Kofferraum (die Elektroversion nimmt bis zu 1.410 Liter auf). Der Ioniq hat darüber hinaus einen sehr subjektiven Vorteil gegenüber dem aktuellen Prius: Sein Design sieht mehr nach einem Auto und deutlich weniger nach einem überzeichneten Manga-Comic aus. Die mit dem "Red Dot Design Award" ausgezeichnete Gestaltung des 4,47 Meter langen, 1,82 Meter breiten und 1,45 Meter hohen Wagens dürfte in Europa also nicht prinzipiell für Argwohn bei klassischen Kompaktwagen- und SUV-Kunden sorgen. Egal ob Hybrid- oder Elektro-Fahrzeug, die äußeren Abmessungen sind identisch und auch der cW-Wert liegt jeweils bei windschlüpfrigen 0,24. Unterscheiden kann man die verschiedenen Antriebstypen trotzdem: Der Ioniq Hybrid wird mit blauen Applikationen an Front- und Heckschürze versehen, der elektrische Wagen mit kupferfarbenen.

Das Hybrid-Modell: DSG statt CVT
Neben den blauen Akzenten an der Karosserie ist das Hybridmodell an der Front identifizierbar. Wo sich beim Elektrofahrzeug eine geschlossene Fläche befindet, muss beim Hybriden noch ein variabler Kühlergrill für Frischluft im Motorraum sorgen. Unter der Haube arbeitet ein akustisch zurückhaltender 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner mit 105 PS, der je nach Fahrsituation von einem 44-PS-Elektromotor unterstützt oder abgelöst wird - was ohne Zutun des Fahrers fast unbemerkt vonstattengeht. Die Systemleistung liegt bei 141 PS, das maximale Drehmoment der Verbrenner-E-Motor-Kombination wird bei 265 Newtonmeter erreicht. In 10,8 Sekunden beschleunigt der Ioniq Hybrid so auf Tempo 100, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 185 km/h. Mit diesen Fahrleistungen ist der Neuling dem aktuellen Prius ebenbürtig, doch der Ioniq fährt sich angenehmer. Grund hierfür ist, dass die Kraft der zwei Herzen über ein sechsstufiges Doppelkupplungsgetriebe an die Vorderräder geliefert wird - beim Prius übernimmt diesen Vorgang ein stufenloses CVT. Dadurch lässt sich der Ioniq wie ein (zumindest im europäischen Komfortverständnis) richtiges Auto fahren. Kein Gummibandgefühl, kein Motoraufheulen.

E-Auto: Ohne Unterbrechung auf Topspeed
Anders hält es Hyundai bei der Elektro-Variante: Wir drücken den Startknopf und wie bei einem Elektroauto üblich, ertönt lediglich ein Signal und die Instrumente leuchten auf. Per Tastendruck auf ein "D" in der luftigen und aufgeräumten Mittelkonsole wird die Vorwärtsfahrt eingeleitet und wir rollen los. Die angetriebene Vorderachse wird dabei über ein Eingang-Reduktionsgetriebe mit Motorkraft versorgt. Das Fahrverhalten ist deshalb typisch für ein E-Fahrzeug: Der Kick beim Anfahren ist immer noch etwas Ungewöhnliches für den konventionellen Verbrennerfahrer und diese 295-Newtonmeter-Schubkraft ab null Umdrehungen pro Minute verliert auch nach vielen Malen nichts von ihrer Faszination und Spaßigkeit. Ohne Zugkraftunterbrechung geht es lautlos in 10,2 Sekunden auf Tempo 100 (im Sport-Modus sind es 9,9 Sekunden), die Höchstgeschwindigkeit ist mit 165 km/h für ein Elektroauto ebenfalls ordentlich bemessen. Fahrwerk und Lenkung bleiben bei normaler (ökologischer) Fahrweise stets unauffällig und komfortabel abgestimmt im Hintergrund.

Hohe Reichweite, akzeptable Ladezeiten
Die E-Antriebskraft kommt von einem Permanentmagnet-Synchronelektromotor mit 120 PS. Die elektrische Energie wird in einem 28-kWh-Lithium-Ionen-Polymer-Akku gespeichert und mittels Inverter-Wechselrichter von Gleich- in Wechselstrom umgewandelt. Die Reichweite soll 280 Kilometer betragen, bei einem Verbrauch von 11,5 kWh auf 100 Kilometer. Kurz und knapp: Wir erreichten einen Wert von 12,7 kWh, was einer realistischen Reichweite von etwa 200 Kilometer entspricht. Ambitionierte Rekuperierer schaffen vielleicht sogar 220 Kilometer. Eine nettes Feature der Elektro-Version ist, dass sich die Intensität der Energierückgewinnung über Schaltpaddles am Lenkrad in vier Stufen steuern lässt. In "Level 0" wird überhaupt nicht rekuperiert, in "Level 3" wird der Wagen bei der Gaswegnahme so stark eingebremst, dass man das Bremspedal eigentlich nur noch für einen kompletten Stopp benötigt. Das mag sehr gewöhnungsbedürftig sein, doch wenn man sich mit diesem Fahrverhalten arrangieren kann, spart diese Art der Fortbewegung nicht nur Energie, sondern auch Bremsbeläge. Und wenn die Akkus dann doch mal leer sind? Die Ladezeiten reichen von zwölf Stunden an der normalen 230-Volt-Steckdose (bis 100 Prozent) bis zu 23 Minuten an einer 100-kW-Ladestation (bis 80 Prozent).
 
Schicker als der Badezimmer-Innenraum des Prius
Kommen wir von den Unterschieden der beiden Fahrzeugversionen zurück zu den Gemeinsamkeiten, die wir im Innenraum finden: Das Cockpit ist funktional und mit einfachen Materialien gestaltet. Verschiedene Plastiksorten wechseln sich mit vereinzeltem Ledereinsatz und Stoff ab. Der Verarbeitungsqualität tut das keinen Abbruch und nichts klappert, wackelt oder ist mit scharfen oder unsauberen Kanten gefertigt. Auch hier sollte noch ein Wort über die Prius-Konkurrenz verloren werden. Kollege Leichsenring bemerkte in seinem Prius-Test Anfang 2016 nämlich: "Im Cockpit setzt sich die ... sagen wir mal polarisierende Gestaltung fort. Mich stört vor allem die Mittelkonsole aus weißem Klavierlack-Plastik. Das glänzend weiße Material erinnert zusammen mit der schalenartigen Form einfach zu sehr an Badezimmer oder gar Toilette." Wenn jetzt der Ioniq-Innenraum entsprechend eingeordnet werden müsste, könnte man von einem Ikea-Wohnzimmer sprechen. Gefällig, aber durchschnittlich.

Neuwagen ohne Neuwagen-Geruch
Um dem Öko-Charakter auch in anderen Punkten gerecht zu werden, bestehen die Türinnenverkleidungen zum Teil aus recyceltem Kunststoff, pulverisiertem Holz und Vulkangestein. Der Zuckerrohrfaseranteil im Stoff beträgt über 25 Prozent. Das Material wird bei der Herstellung vom Dachhimmel und vom Teppich verwendet. Und auch die auflackierten Farben sind zu mehr als 13 Prozent aus biologischen Substanzen wie zum Beispiel Pflanzenöl zusammengesetzt. Das mag nach Kaufkriterien klingen, die vor allem für den Menschenschlag "Ich-habe-jetzt-eine-Gluten-Unverträglichkeit" interessant sind. Aber auch allergiefreie Insassen können sich freuen, denn im Ioniq riecht es sehr angenehm - obwohl unser Testwagen gerade einmal 500 Kilometer auf der Uhr hat und quasi direkt aus der Herstellung gerollt ist.

Viele Technik-Extras sind serienmäßig
Doch der Ioniq hat nicht nur umweltverträglichen Schischi, sondern auch einiges an Technik zu bieten, die dem Fahrer und den Passagieren schmeichelt: Ein adaptiver Tempomat, ein Spurhalte- sowie ein aktiver Bremsassistent sind genauso serienmäßig wie ein Toter-Winkel- und Querverkehrwarner oder eine Rückfahrkamera. Hinter dem Lenkrad visualisiert ein digitales Kombiinstrument alle nötigen Fahrinformationen und in der Mittelkonsole arbeitet ein Siebenzoll-Touchscreen. Letzterer lässt sich mit gängigen Smartphones koppeln und wird darüber hinaus mit Livenavigation von TomTom und sieben Jahren kostenlosen Kartenupdates ausgestattet. Ebenfalls mit an Bord: eine Zweizonen-Klimaanlage, Sitzheizung und Sitzkühlung sowie ein beheiztes Lenkrad.
 
Preis- und Garantiegestaltung
23.900 Euro verlangt Hyundai für den Ioniq Hybrid. Somit ist der Koreaner 4.250 Euro günstiger als das alt eingesessene Pendant von Toyota. Ob das reicht, um die 700 angepeilten Exemplare im restlichen Verkaufsjahr 2016 an den umweltbewussten Mann oder die umweltbewusste Frau zu bringen? Diese Frage ist aufgrund der fehlenden Erfahrungswerte selbst für Hyundai äußerst schwierig zu beantworten. Von dem elektrischen Ioniq plant man, 500 Einheiten in einem vollen Geschäftsjahr zu verkaufen. 33.300 Euro möchten die Südkoreaner für das umfangreicher ausgestattete Elektroauto, das sich aktuell über die staatliche Prämie von 4.000 Euro subventionieren lässt. Zum Vergleich: Ein Nissan Leaf kostet mit Batterie 29.265 Euro. Kundenfreundlich sind bei Hyundai auf jeden Fall die Garantien: Fünf Jahre ohne Kilometerbegrenzung gewährt der Hersteller auf das gesamte Fahrzeug, acht Jahre oder 200.000 Kilometer auf die Batterie.
Fazit

Der Ioniq Hybrid ist vor allem durch die ansprechendere Optik, das Sechsgang-DSG und den günstigen Preis eine gute Alternative zum Toyota Prius. Doch auch der Elektro-Ioniq macht einen guten Eindruck und kann mit einer ordentlichen Reichweite und einem sparsamen Stromverbrauch punkten. Ob der europäische Kunde allerdings wirklich zwischen 20.000 und 30.000 Euro für eine fünftürige Fließheck-Limousine ausgeben wird, steht auf einem anderen Blatt. Schließlich gibt es für diesen Preis bereits einen gut ausgestatteten VW Golf oder auch einen Opel Mokka X - und damit echte Bestseller mit gewohnter Optik und sparsamen Dieselmotoren.+ ansprechende Optik, Hybrid mit DSG, geräumiger Innenraum, Elektroversion mit guter Reichweite, funktionales Cockpit- viel Plastik, teures Elektromodell

Testwertung
4.0 von 5

Quelle: auto-news, 2016-07-05

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