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Testbericht

15. Juni 2015
Verbier (Schweiz), 12. Juni 2015 - Alle, alle sind sie tot. James Last, Pierre Brice und Christopher Lee auch, aber wir reden hier von Alfa 159, Fiat Croma, Honda Accord, Nissan Primera, Mitsubshi Galant, Seat Exeo und Konsorten. Citroën C5, Kia Optima, Renault Laguna und Suzuki Kizashi stehen ebenfalls auf der Abschussliste. Allmählich verschwinden die Importeursautos aus der Mittelklasse. Mit rund 3.700 Verkäufen pro Jahr steht der Toyota Avensis im Vergleich gar nicht mal so schlecht da, doch auch er ist eine bedrohte Spezies. Springt er Gevatter Tod noch mal von der Schippe? Wir haben das nun geliftete Modell getestet. Mit Merkel-Mund Der aktuelle Avensis ist schon sechs Jahre alt, da wäre fast schon ein Generationswechsel fällig. Toyota belässt es beim Facelift, vielleicht auch wegen der schlechten Zukunftsaussichten. Optisch jedenfalls, das muss ich sagen, hat sich der Wagen beim Facelift nicht zum Besseren verändert. Er blickt mich mürrisch an, die nach unten gezogenen Linien an der Front erinnern an Angela Merkels Mundwinkel, wenn sie auf irgendeinem öden Flughafen an Ukraine, Griechenland und NSA-Spione denkt. Das Volumenmodell Bei mir hellt sich die Stimmung gerade etwas auf, weil ich an einen Burger denke, den Royal TS. Vielleicht überträgt sich das auf mein Testauto, denn das heißt in der Koseform ebenfalls TS (für Touring Sports). Auf den Kombi entfallen in Deutschland 90 Prozent der Verkäufe, sodass die Stufenhecklimousine eigentlich auch fast entfallen könnte (wie kürzlich beim Hyundai i40). Mein TS-Testexemplar hat den 143 PS starken Zweiliterdiesel unter der Haube. Denn der ist neu im Toyota-Programm und soll 44 Prozent der Verkäufe ausmachen. Der Vollständigkeit halber: Es gibt noch einen 112-PS-Diesel und zwei Saugbenziner mit 132 und 147 PS.
Motoren: Toyota hört da auf, wo Mazda anfängt Bemerkenswert daran ist, dass Toyota keinen Motor jenseits von 150 PS anbietet - bei dieser Grenze fängt der Konkurrent Mazda 6 gerade erst an. Toyota-Pressesprecher Thomas Schalberger ficht das nicht an: "Wir decken mit unseren Motoren drei Viertel des Marktes ab", meint er. Der bisher offerierte 177-PS-Diesel wurde einfach zu selten bestellt, daher wird es ihn nicht mehr geben. Einen Schritt weg vom Langweiler-Image in Richtung Emotionalität tut Toyota damit nicht. Zweiter auffälliger Punkt an der Modellpalette: Es gibt keine Automatik für die Diesel, noch nicht mal ein stufenloses CVT-Getriebe. Macht nichts, Sie schalten am liebsten selbst? Dann sehen wir weiter. Zweiliter-Diesel: Okay, aber nicht mehr Zu den beiden Dieseln teilt Toyota bereitwillig mit, dass sie von BMW stammen - man ist offensichtlich stolz darauf. Der 1.995-ccm-Selbstzünder arbeitete bis vor Kurzem im 318d und im Mini Cooper SD. Allerdings kann man mit dem Avensis nicht wie im Diesel-3er bei 1.000 bis 1.200 U/min dahinfahren, ohne dass der Motor mit dumpfem Stöhnen protestiert. Auch wird es bei höheren Drehzahlen - etwa beim Auffahren auf die Autobahn - doch etwas laut. Was den Vortrieb angeht, fühlt man sich im Avensis TS 2.0 D-4D nicht untermotorisiert, aber Freude kommt keine auf. Immerhin, die Ökoform stimmt: Der Diesel erfüllt ohne Adblue-System die Euro-6-Abgasnorm, der Normverbrauch liegt mit 4,6 Liter noch im Okay-Bereich. Auch der Testverbrauch - der Bordcomputer meldet 6,0 Liter - ist kein Anlass zum Stirnrunzeln, denn der Spritbedarf bei meinen Testfahrten liegt eigentlich immer etwa 50 Prozent über dem Prospektwert. Lieb- und trostloses Cockpit Beim kürzlich gefahrenen Peugeot 208 freute ich mich über bläuliche LED-Linien um die Instrumente und Klavierlack-Oberflächen. Der Kleinwagen hat mit dem (natürlich deutlich teureren) Mittelklässler allerdings nichts zu tun. Denn der Toyota-Innenraum ist sehr lieblos gemacht. Ambientelicht oder schöne Oberflächen? Fehlanzeige. Das billige Hartplastik in der Mittelkonsole und am Schaltknauf fällt mir zuerst auf, dann die Schalter für die Außenspiegel: alles ziemlich trist. Und die silbernen Zierleisten machen das Leben auch nicht schöner. Nun gut, die Variante mit den kupferfarbenen Zierleisten sorgt eher für Laune. Doch nette Details fehlen ansonsten.
Die Femme fatale aus dem Navi Und dann das Navi: Als ich die endlosen Schweizer Serpentinen bergauf fahre, befiehlt die Frau im Kasten doch allen Ernstes, ich soll 80 Meter geradeaus fahren und dann links abbiegen. Nach der Spitzkehre wieder dasselbe: Fahren Sie 60 Meter und biegen Sie nach rechts ab. Gute Frau, rechts geht es in den Abgrund! Nach der zehnten Kehre drehe ich der Dame den Sound ab. Nur, weil in jeder Spitzkehre irgendein Wirtschaftsweg abzweigt, lasse ich mich nicht ins Verderben lotsen. Enttäuschend Kofferraum Aber lassen wir das Gemeckere. Einen Kombi kauft man, weil man einen großen Kofferraum braucht. Beim Avensis ist das Volumen mit 543 bis 1.690 Liter immerhin mittelprächtig. Aber schon der Skoda Octavia Combi schneidet spürbar besser ab, bei den direkten Konkurrenten Skoda Superb Combi (660 bis 1.950 Liter) oder VW Passat Variant (650 bis 1.780 Liter) ist die Überlegenheit erdrückend. Auch bei der Nutzbarkeit gibt es Besseres als den TS. Das Gepäckabteil ist zwar gut zugänglich und der Ladeboden wird beim Umklappen fast eben. Aber es fehlen Griffe zum Umklappen von der Heckklappe aus, und die Rückbank ist nur an einer Stelle geteilt, nicht an zwei wie beim Mercedes C-Klasse T-Modell. Auch eine elektrisch (und vielleicht sogar per Fußgeste) bediente Heckklappe wird für den Avensis nicht angeboten. Wenig technische Begabung Auch sonst fehlt dem Mittelklasse-Toyota die technische Begabung. Ich rede nicht von Leuchtturm-Technologie aus luftigen Premium-Höhen wie der Luftfederung der C-Klasse oder den virtuellen Instrumenten des VW Passat. Es fehlen einfachere Dinge. Adaptive Dämpfer oder einen Fahrmodusschalter gibt es zum Beispiel schon im Mini, aber nicht im Avensis. Einen Abstandstempomaten kann man sogar für den Lieferwagen Citroën Berlingo bestellen, Toyota hat ihn beim Autobahnauto Avensis abgeschafft - zu selten bestellt. Macht nichts, Sie hassen das überflüssige Elektronikspielzeug sowieso? Nun gut, sehen wir weiter.
Downgrade bei der Sicherheit In puncto Sicherheitsassistenten gibt es für den Avensis zum Beispiel eine Verkehrszeichenerkennung, einen Spurverlassenswarner und ein Anti-Kollisionssystem. Doch das alte Pre-Crash System (PCS) war radargestützt, konnte deshalb weit voraussehen. Dagegen basiert das neue auf der Kombination von LIDAR und optischer Kamera und führt nur bis 80 km/h eine Notbremsung durch. Und der Spurverlassenswarner arbeitete bisher aktiv: Das Fahrzeug wurde via eingesteuertem Lenkimpuls in der Spur gehalten. Das neue System dagegen piepst nur, und Schluss. Und dann lobt Toyota im offiziellen Werbefilm die (verschlimmbesserte) Sicherheitsausstattung. Klingt das logisch? Für mich nicht. Und die hohe Zufriedenheit? Bleibt die hohe Zufriedenheit der Avensis-Kunden, laut Kundenbefragung von J. D. Powers ist sie die höchste in der Mittelklasse. Sei zufrieden, mit dem, was du hast, sagt man. Schuster, bleib bei deinem Leisten, denn die Taube im Bett ist besser als die Stumme auf dem Dach. Aber hört man nicht auch immer wieder, dass Lexus-Fahrer nie etwas anderes fahren würden als einen Lexus? Ja, doch Leute, die Karo-Hosen tragen, würden auch nie was anderes anziehen. Nein, ich will das nicht vergleichen, ich mein` ja nur. Preise wie bei C&A? Würde ich eine Karo-Hose kaufen, wenn sie nur zehn Euro kostet, und das inklusive Gürtel? Vielleicht, denn ich kaufe meine Klamotten gern bei C&A, und wenn ich Dollarzeichen in den Augen habe, sehe ich über manches hinweg. Aber in der Avensis-Preisliste finde ich kaum Argumente dieser Art. Den TS 2.0D-4D gibt es ab 31.090 Euro. Das ist kein Schnäppchenpreis, auch wenn die dafür erhältliche Comfort-Ausstattung (die über die Hälfte der Verkäufe ausmachen soll) reichhaltig ist. Denn was bekommt man für runde 31.000 Euro bei der Konkurrenz? Einen Skoda Superb Combi 2.0 TDI Active mit 150 PS zum Beispiel. Er bietet unschlagbar viel Kofferraum. Und bei einem Listenpreis von 29.190 Euro ist noch Luft, um bei der (eigentlich ausreichenden) Ausstattung nachzubessern.
Technische Daten
Antrieb:Frontantrieb
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Schaltung
Motor Bauart:Turbodiesel, DOHC, Piezo-Injektoren, VTG
Hubraum:1.995
Anzahl Zylinder:4
Drehmoment:320 Nm bei 1.750 - 2.250 UPM
Preis
Neupreis: 31.090 €
Fazit
Der neue Toyota Avensis steht ab dem 20. Juni beim Händler. Unser Rat: Lassen Sie ihn dort stehen. Gut, das Auto fährt. Mit dem Zweiliter-Diesel sind Sie nicht untermotorisiert, man kann Gepäck und Leute mitnehmen, der Komfort ist vernünftig und der Preis nicht wirklich absurd. Der Wagen ist keine Katastrophe. Aber bei der Konkurrenz gibt es eben weit Besseres. Wir würden einen Octavia Combi nehmen und uns 5.000 Euro sparen. Oder, wenn es Mittelklasse und etwas nobler sein soll, kaufen Sie einen neuen Superb Combi: Sie kriegen mehr Fahrspaß, viel Technik, einen gigantischen Kofferraum und eine bessere Optik zu einem niedrigeren Basispreis. Bei Toyota ist nichts unmöglich? Beim Avensis schon, finde ich. Auch, dass er in mancher Hinsicht einen Schritt zurück gemacht hat, und der führt Richtung Klippe. + in den meisten Belangen annehmbar - kein Fahrspaß, liebloser Innenraum, nicht viel Kofferraum, Technik-Defizit, keine besonderen Stärken
Testwertung
3.5 von 5

Quelle: auto-news, 2015-06-15

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