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Testbericht

Stefan Grundhoff, 23. November 2015
Ab kommenden April will Mercedes mit seiner E-Klasse neue Maßstäbe in der Oberklasse setzen. Auf BMW 5er und Audi A6 kommen sich in Sachen Komfort und autonomes Fahren harte Zeiten zu.

"Doch, wir wollten durchaus eine kleine S-Klasse bauen", unterstreicht Michael Kelz, Entwicklungsleiter der Mercedes E-Klasse mit einem selbstbewussten Nicken während er unweit des kalifornischen Barstow auf die Interstate I-15 Richtung Norden abbiegt. Es geht nach Las Vegas und wo sonst könnte der neue Stern am Mercedes-Horizont besser seine Langstreckenfähigkeiten ausspielen. Kelz pilotiert einen weitgehend vermummten Mercedes E 400 der kommenden W213-Generation, die auf der Detroit Motorshow im Januar 2016 seine Premiere feiert. Knapp drei Monate später kommt der optisch kleine Bruder der S-Klasse in den Handel. Michael Kelz ist auf den finalen Erprobungsfahrten nicht allein unterwegs. Eine zweite E-Klasse mit ähnlicher Kriegsbemalung steuert sein Kollege Hubert Schneider.

Michael Kelz beschleunigt die 333 PS starke Oberklasselimousine, die im Vergleich zum Vorgänger bei leicht gewachsenen Dimensionen rund 70 Kilogramm abgespeckt hat: "Wir setzen mit dem neuen Modell Maßstäbe. Doch das ist nicht einfach, denn die E-Klasse hat bei uns eine maximale Spreizung. Von der einfachen Taxiversion bis zum AMG-Topmodell muss jeder zufrieden sein." Die Taxler, das ist im Hause Daimler so eine Sache. Insbesondere weil man für die deutschen Fuhrunternehmer ein besonders günstiges Einstiegsmodell ermöglichen wollte, blieben Selbstverständlichkeiten wie LED-Scheinwerfer, Navigationssystem und animierte Instrumente in der Basisvariante außen vor und die 2016er-E-Klasse startet in der Grundausstattung mit winzigen 16-Zoll-Felgen in den Markt. Das könnte Audi A6 und BMW 5er, deren neue Nachfolgegenerationen beide rund ein Jahr später folgen, eine schmerzhafte Flanke eröffnen. Neben der Limousine wird es wie beim Vorgänger W 212 die Derivate Kombi, Coupé, Cabrio und die viertürige Coupéversion des CLS geben.

Die Mercedes E-Klasse der Generation W213 will als visuelle Symbiose aus C- und S-Klasse nicht zuletzt mit einem spektakulären Innenraum punkten. Die Sitze mit Klimatisierung vorne und hinten setzen ebenso wie das geringe Geräuschniveau Maßstäbe. Für ein Wohlfühlambiente sorgen Wellnessmassagen vorn sowie beheizte Paneele in Türtafeln und der Mittelkonsole. Umso mehr überrascht es, dass das ansonsten besonders edel und chic gestylte Interieur ein paar schmerzhafte Patzer freigibt. Die beiden mächtigen 12,3-Zoll-LCD-Displays auf denen Instrumente, Navigation und Klimatisierung spektakulär wie in einem Kinofilm inszeniert werden, kosten Aufpreis. Eine Touchfunktion für die Großdisplays gibt es nicht und in der Basisversion schaut der Fahrer auf zwei analoge Rundinstrumente. Zudem will die E-Klasse der Baureihe W 213 mit einer nahezu grenzenlosen Vernetzung punkten, indem bei Stau, Gefahren oder Pannen über einen zentralen Server mit anderen Fahrzeugen - auch anderer Marken - kommuniziert wird. Bitter: selbst das einfachste Navigationssystem ist in der E-Klasse nicht serienmäßig.

Doch wenn schon der üppig dimensionierte Innenraum neue Maßstäbe setzt, satteln die Fahrerassistenzsysteme mehrere Klassen obenauf. Ein sogenannter Drive-Pilot lässt die E-Klasse insbesondere bei Straßen mit baulich getrennten Fahrbahnen nahezu vollautonom kutschieren. Je nach Geschwindigkeit, Straße, Kurvenradius, Markierungen und vorausfahrenden Autos kann Michael Kelz die Hände meilenweit vom Steuer nehmen. Auf der Interstate I-15 nach Las Vegas hat der erfahrene Entwickler seit Minuten die Hände im Schoß; der Wagen bremst, beschleunigt und lenkt automatisch. Wenn eine Meldung kommt, wieder das Steuer zu übernehmen, reicht ein Streicher über einen der beiden Touchtaster am Lenkrad und es geht ohne Handarbeit weiter. Selbst die Kurvenkombination erledigt die getarnte E-Klasse ohne Mucken und sorgt so für ein zufriedenes Lächeln des Chefentwicklers.

In aller Ruhe betätigt Michael Kelz den Blinker und der E 400 wechselt automatisch die Spur und überholt. Letztlich könnte er ebenso wie sein Kollege Hubert Schneider im nachfolgenden Mercedes E 300 die Fahrt nach Las Vegas für das Abarbeiten von Emails nutzen, doch die juristischen Möglichkeiten fehlen auch im Land der unbegrenzten automobilen Möglichkeiten. "Daher haben wir zahlreiche Hinweise im Bordbuch und eine mehrstufige Warnstrategie, damit der Fahrer die Hände wieder ans Lenkrad nimmt", sagt Kelz. Das System ist dabei so variabel, dass es sich der lokalen Gesetzeslage jederzeit anpassen kann. Zudem bremst die E-Klasse für Fußgänger und kreuzende Autos oder weicht bei einem bevorstehenden Zusammenprall selbsttätig aus.

"Dreizylinder wird es bei uns nicht geben", unterstreicht Erprobungsleiter Hubert Schneider. So bleibt es bei aufgeladenen Vier- und Sechszylindern für die normalen E-Klassen, während die 600 PS starke AMG-Variante unverändert vom vier Liter großen Achtzylinder befeuert wird. Der Marktstart im April ist mit dem 135 kW / 184 PS starken E 200 und dem komplett neu entwickelten E 220d mit 143 kW / 194 PS allerdings überschaubar gespreizt. Dessen Normverbrauch soll bei knapp vier Litern Diesel liegen. Wahlweise verfügen die Modelle über eine Sechsgang-Handschaltung oder eine Neungang-Automatik. Über das Jahr folgen stärkere Versionen wie E 250 (211 PS), E 300 (240 PS) E 400 (333 PS) und AMG 450 (367 PS). Bei den Dieseln wird der neue, zwei Liter große Aluminium-Selbstzünder OM 654 mit 150, 190 und 231 PS der Kern sein. Im Programm bleibt der in Sachen Leistung längst nicht mehr konkurrenzfähige V6 vom Typ OM 642 mit drei Litern Hubraum und rund 260 PS die Topversion. Ein neuer Sechszylinderdiesel dürfte erst in 2017 mit der dann überarbeiteten S-Klasse vorgestellt werden und dann bis zu 400 PS leisten. Neben dem Benzinhybriden des Mercedes E 350e, wird es ebenfalls einen Dieselhybriden und später auch Varianten mit 48-Volt-Technik geben.

Als es wieder herunter von der Interstate I-15 geht, glänzt diesmal der schwächere Mercedes E 300 erneut mit seinem Reisekomfort. Trotz schlechter Fahrbahn rollt er flüsterleise ab und es sind kaum Vibrationen im Innenraum zu spüren. Serienmäßig laufen die E-Klasse-Limousinen mit einem Stahlfederfahrwerk. Optional gibt es für beide Achsen eine Mehrkammerluftfederung. Die einfache Luftfedervariante bleibt an der Hinterachse bei dem Kombiversion jedoch serienmäßig. Gut zu hören: Preislich soll sich die Mercedes E-Klasse der Generation W 213 auf dem Niveau der Vorgängergenerationen bewegen. Der Wettbewerb ist in der Oberklasse härter denn je. Und die neue E-Klasse muss neue Kunden locken, um 5er BMW und Audi A6 zu überholen. Technisch scheint das gelungen - mindestens bis Mitte 2017.

Quelle: Autoplenum, 2015-11-23

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