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Testbericht

24. Juli 2007
Haar, 24. Juli 2008 – Der ganze verrückte Kremser-Wagen ist voll mit Frauen aller Altersschichten. Noch sind sie nicht betrunken. Kremser konnte ich noch nie leiden, ich muss dieses skurrile Gefährt überholen. Ich beschleunige und sofort bricht in der illustren Frauen-Truppe ein Tumult aus. Alle winken fröhlich und gestikulieren. Sie grüßen mein Auto: den Jaguar XKR mit 416 PS. Frauen haben halt Geschmack. Dezentes Auffallen Mein XKR sieht beim flüchtigen Hinsehen kaum anders aus, als sein 118 PS schwächeres Pendant ohne „R“. Klar sind da die in Wagenfarbe lackierten Lüftungsschlitze auf der Motorhaube, die beim genauen Blick sogar den Schriftzug „Supercharged“ (Kompressor geladen) freigeben. Außerdem sind die seitlichen Luftauslässe in den vorderen Kotflügeln in Alufinish gehalten, was unheimlich edel wirkt. Das durch den Kompressor verdiente „R“ prangt rechts am Heck und auf den schwarz lackierten Bremssätteln. Und genau diese paar Merkmale scheinen Autoaffine im ganzen Land als schreiend auffällige Symbole innerhalb von Sekundenbruchteilen zu bemerken. Auf dem Parkplatz vor meinem Baumarkt kommt sofort mein Stellplatz-Nachbar an und freut sich mit mir über das wahnsinnig schicke Design. Das ich mit der starken „R“-Variante unterwegs bin, ist ihm nicht entgangen – aber er ist in keinster Weise neidisch oder missgünstig. Er will einfach nur seinen Blick auf dieser vollendeten Form ruhen lassen. Nicht provozieren lassen Die einzigen im bunten Feld der Verkehrsteilnehmer, die sich vom XKR provoziert fühlen, sind Audi-A6-Fahrer. Viele können es nicht haben, wenn man ihre steuerfinanzierte Leasingkarre überholt. Aber ich habe die Wahl: locker bleiben oder das Leben der anderen durch einen kurzen Gasstoß noch interessanter zu machen. Klar, ich bleibe locker und lasse sie ziehen. Das einzige, was mich am Outfit meines XKR stört, ist die aus dem Heck aufsteigende, altertümliche Teleskopantenne. Beim nächsten Facelift wird dieses historische Relikt entfallen.

Heller Wahnsinn Wenn ich vor dem XKR stehe, muss ich einsteigen. Die hellen Ledersitze, das stylische Interieur und das echte Holz müssen bewohnt werden. Zwar unterscheidet sich der Innenraum des XKR quasi gar nicht von dem des XK, aber das muss er auch nicht. Der Wohlfühlfaktor auf dem bequemen Gestühl ist enorm, zumal sich der Seitenhalt per Drehregler in der Tür optimal auf das werte Befinden einstellen lässt. Nachts schimmert ein anheimelndes Ambiente Licht aus zwei Dioden an der Decke und übergießt die Mittelkonsole mit warmem Glanz. Die Instrumente sind nicht allzu groß gewachsen, geschmackvoll bis zum Anschlag und sehr klar abzulesen. Auch die Menüstruktur des serienmäßigen Bildschirmnavies kommt mit dieser Klarheit daher. In Sachen Bedienbarkeit ist der XKR eine Wucht. Licht und Klang Die helle Ausstattung verstärkt zwar das großzügige Raumgefühl, spiegelt sich aber bei starkem Sonneneinfall auch in der Frontscheibe. Manch einer wird dies als störend empfinden. Im Dunkeln gibt es dieses Problem nicht, und auch im Dunkeln ist alles ganz hell. Und zwar draußen. Ich war selten in einem Auto mit so guten Xenon-Scheinwerfern unterwegs. Der saubere Weitblick gibt Sicherheit auch in der finstersten Nacht. Ganz nebenbei fällt auch das Blinklicht auf, durch seinen angenehmen Klang. Das gesamte Interieur wirkt kratzfest und passgenau verarbeitet. Allerdings hatte sich bei unserem Gangwahlheben die linke Holz-Applikation gelöst. Kann sein, dass dies ein Einzelfall ist, kann aber auch sein, dass man in England in Sachen Qualität weiterhin ein bisschen an sich arbeiten muss. Warum +2? Jaguar verkauft den XKR als 2+2 Sitzer. Und wie zum Hohn hält die Rückbank sogar zwei Anschnallgurte bereit. Vorne ist jede Menge Platz, bei Menschen mit bis zu 1,90 Meter Körpergröße sollte keinerlei räumliche Beklemmung aufkommen. Aber hinten kann niemand sitzen, der noch seine Beine hat. Die Rückenlehnen der Vordersitze gehen grundsätzlich mit der Fond-Sitzbank auf Tuchfühlung. Also befindet sich im Fond eine aufwendig gearbeitete Lederablage für ein paar kleinere Gepäckstücke. Der Rest des Gepäcks wandert in den 300-Liter-Kofferraum: genug Platz für zwei Flugzeug-Trolleys und ein wenig Kleinkram. Wegen der riesigen nach oben aufschwingenden Heckklappe ist das Gepäckabteil eines der am besten zugänglichen im Automarkt, fast schon vergleichbar mit der Ladepritsche eines Pick-Ups, nur tiefer gelegen und zirka millionenmal schöner.

Keine Autobahn-Zicke Der XKR bewegt sich mit einem sportlich abgestimmten CATS-Fahrwerk (Computer Active Technology Suspension) durch den Verkehr. Sensoren überwachen ständig die Bewegungen der Karosserie und steuern die Federung, um Wanken und Aufschaukeln zu vermeiden. Grundsätzlich ist der XKR schon recht hart abgestimmt, im Zusammenhang mit den serienmäßig verbauten 19-Zoll-Niederquerschnittsreifen kommt es bei Bodenunebenheiten zu lauten Poltergeräuschen. Allerdings wird mein Rücken nicht über Gebühr gestaucht – die luxuriösen Ledersessel machen am Ende der Federungskette einen guten Job. In Kurven, langgezogen oder richtig eng, spielt das Fahrwerk seine Stärken aus: Nur ganz leichtes Einwanken gibt Sicherheit und macht Lust auf die nächste Biege. Nicken beim Bremsen und Anfahren spart sich der vornehme Sportler. Und selbst steile Parkhausauffahrten und wüste Feldwege sind für den Briten kein Problem, weder schleifen die Schweller, noch berührt der Fahrzeugboden den Untergrund. Einem stilvollen Besuch bei Freunden auf dem Land steht nichts im Wege. Kernige Kultur Alles unter 300 PS scheint den Leuten von Jaguar nicht sportlich genug zu sein. Warum sonst stellen sie dem mit 298 PS nicht gerade untermotorisiertem XK noch den 416-PS-XKR beiseite? Prüfen wir mal, was dieses Mehr an Leistung so bringt. Beim sanften Gasgeben grummelt der Motor ruhig vor sich hin, als würde er sich gleich schlafen legen. Dann drücke ich das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Unvermittelt werde ich in den Sitz gedrückt, der Wagen zieht gierig nach vorne und kernelt dabei überlegen. Kurz nach der 4.000-U/min-Marke schickt das Aggregat ein echtes Donnergrollen in die Landschaft. Der Klang macht Spaß und ist alles andere als furchterregend. Das erwartete Kompressorsummen bleibt übrigens vollkommen aus – irgendwie ist es den Engländern gelungen, dieses Geräusch verschwinden zu lassen.

Es geht auch ohne Suff In beachtlichen 5,2 Sekunden ersprintet sich der XKR den dreistelligen Bereich auf dem Tachometer. Bei 250 km/h mischt sich die elektronische Abregelung in den Vortrieb ein. Wer es bis zum Anschlag krachen lässt, wird vom Bordcomputer mit der Durchschnittsverbrauchszahl von 34,7 Litern auf die Kehrseite des Spaßes hingewiesen. Und man kann auch ganz ohne Rumgeheize seine Freude am XKR haben. 12,6 Liter schluckte er bei unseren Testfahrten. Wer den Wagen immer so zwischen 3.500 und 4.000 Touren laufen lässt, bekommt auf der Autobahn immerhin 170 km/h hin – und muss viel später an die Tanke. Für den kleinen Zwischensprint sind dann die immensen Kraftreserven da. Getriebe-Liebe Den XKR gibt es ausschließlich mit einer Sechsstufen-Automatik. Diese ist aber ebenfalls auf Sport getrimmt und schaltet so bei 6.000 U/min in den nächsten Gang. Dies verläuft kultiviert ohne Ruckeln. Wer in den Bergen Spaß haben möchte, kann sich der Paddles am Lenkrad bedienen. Rechts gezogen, links gezogen, so macht die Kurvenhatz noch mehr Spaß. Nur im Zusammenhang mit dem aufpreispflichtigen Abstands-Tempomaten reagiert der gesamte Antrieb manchmal etwas unausgegoren. Zum einen werden in Kurven Fahrzeuge auf der Nachbarspur per Radar erfasst und der Wagen bremst heftig. Dieses Problem haben andere radargestützte Tempomaten auch, dort ist es aber nicht so stark ausgeprägt. Zum anderen wird manchmal brachial, manchmal sehr sanft hochgeschaltet, nachdem die Spur wieder frei ist. Und der minimale Abstand, den der Tempomat zum Vordermann lässt, wirkt recht kurz. Das System kann nur zwischen 30 und 180 km/h zum Einsatz kommen – ist aber nichtsdestotrotz für Langstrecken mit wenig Kurven und moderatem Verkehr gut geeignet.
Technische Daten
Antrieb:Heckantrieb
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Automatik
Motor Bauart:V-Benzinmotor mit Kompressoraufladung
Hubraum:4.196
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:8
Leistung:306 kW (416 PS) bei UPM
Drehmoment:560 Nm bei 4.000 UPM
Preis
Neupreis: 97.500 € (Stand: Juli 2007)
Fazit
Der XKR ist ein unheimlich schicker und allem Anschein nach sehr beliebter Wagen. Seine enorme Kraft entfaltet er kultiviert, mit ruppigen Sportwagen wie dem Porsche GT3 RS hat er nichts gemein.

Wer beim Fahren ein bisschen aufpasst, wird an der Zapfsäule nicht bestraft. Allerdings muss jeder den gepfefferten Einstiegspreis von 97.500 Euro erst mal aufbringen. Schönheit wird bezahlt. Ich mag den Wagen – Männer haben halt auch Geschmack.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: auto-news, 2007-07-24

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