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Testbericht

16. November 2014
Pasadena (USA), 17. November 2014
Also gut, starten wir mit einer simplen Frage: Sind Sie ein GTS-Mensch? Sie wissen es nicht? Dann gebe ich Ihnen ein wenig Hilfestellung: Sie mögen es durchaus mit dem Messer zwischen den Zähnen, fahren hin und wieder vielleicht sogar auf der Rennstrecke, stehen auf dicke Hintern (dazu gleich mehr) aber ein GT3 kommt Ihnen nicht in die Tüte, weil: Man will ja auch mal ohne Rennanzug zum Bäcker und dieser Heckspoiler und viel zu hart und überhaupt …

25 Prozent GTS-Anteil
Wenn Sie sich in dieser Kurzbeschreibung wiederfinden, dann sind Sie höchstwahrscheinlich ein GTS-Mensch. Und Sie haben Glück, denn ab sofort gibt es auch vom Porsche 991 eine GTS-Variante. Das dürfte zum Großteil am Erfolg des Vorgängers liegen, schließlich entschied sich seit dem Erscheinen der ersten Generation im 997 jeder vierte Kunde für das Sportmodell und auch bei Boxster/Cayman und Cayenne erfreuen sich die GTS-Modelle großer Beliebtheit.

Breite Backen und viel Alcantara
Was macht also den neuen Carrera GTS aus, der mehr Hardcore ist, als ein Carrera S und weniger Hardcore, als ein GT3? Das "Hardcorele" (bitte möglichst schwäbisch aussprechen) bündelt im Prinzip diverse Sportoptionen, die es gegen Aufpreis auch für den Carrera S gibt und verpackt sie in einer ansehnlicheren und vor allem breiteren Hülle. Alle GTS-Versionen (es gibt vier Stück; Coupé und Cabrio, jeweils mit Heck- oder Allradantrieb) erhalten das um 44 Millimeter breitere Heck der Carrera-4-Modelle (soviel zu den dicken Hintern), einen neuen Frontspoiler, Seitenschweller-Verkleidungen und sehr viele schwarze Dinge wie die abgedunkelten Xenonscheinwerfer oder die extrem schicken 20-Zoll-Zentralverschlußräder vom Porsche Turbo. Im Innenraum wurde alles mit Alcantara überzogen, was nicht bei Drei auf dem Baum war. Und man kann auf Wunsch die Rückbank rauswerfen, was 15 Kilo Gewicht einspart. Dazu gibt es 30 PS mehr, womit wir nun bei 430 PS angelangt wären, und eine Sportabgasanlage mit Klappensteuerung ist ab Werk ebenfalls dabei.

In glatten vier Sekunden auf 100 km/h

Nicht ganz unwichtig für ein Sport-Derivat ist auch, wie es sich fahrdynamisch schlägt. Um diese gewagte These mit Leben zu füllen, breche ich also über sehr attraktive Bergstraßen nördlich von Pasadena/ Kalifornien auf in Richtung Willow Springs Raceway, einer kleinen aber feinen und vor allem ziemlich schnellen Rennstrecke bei Rosamond (ebenfalls Kalifornien). Als Untersuchungsobjekt dient ein GTS-Coupé mit Hinterradantrieb und dem auch im GTS aufpreispflichtigen PDK-Getriebe. Wie der Carrera S hat auch mein knallrotes Coupé das PASM-Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern und zehn Millimeter Tieferlegung serienmäßig an Bord. Genauso wie das Sport-Chrono-Paket mit Launch Control. In Verbindung mit den 20-Zoll-Brummern erklärt das eine gewisse Trockenheit in der Federung. Die Beschleunigungshilfe, die mich theoretisch in 4,0 Sekunden auf 100 km/h bugsiert, spare ich mir trotz diverser Ampelduell-Möglichkeiten in Pasadenas Innenstadt aber erstmal. In Wirklichkeit ist Kalifornien nämlich nicht "Fast and Furious" sondern eher "An jeder Ecke ein Cop".

Es sind Nuancen
Es geht raus aus der Big-Bang-Theorie-Stadt und ziemlich schnell baut sich links und rechts von mir eine trocken-karge, wunderschöne Bergwelt auf. Und während Steigung und Gaspedaleinsatz steigen und die Kurvenradien kleiner werden, darf man sich so langsam die Frage stellen, wie viel man denn jetzt eigentlich merkt vom GTS-Gefühl? Ich will ganz ehrlich sein: Hier in den Hügeln sind es Nuancen. Erst als ich das lächerliche Tempolimit völlig ignoriere (man sagte mir, solange keine Hubschrauber über einem kreisen, könne man das schon mal machen), kündet mein typisches Sauger-Grinsen von Porsches ganzer Arbeit am Aggregat. Man hat die Ansaugung optimiert, eine neue Nockenwelle mit größerem Ventilhub eingesetzt und die Einlasskanäle poliert bis zum Gehtnichtmehr. Neben den 30 Extra-PS sorgt das vor allem für mehr Explosivität im oberen Drehzahlbereich und die spürt man auch. So ab 5.000 Touren geht zwar auch im Carrera S der Punk ab, im GTS ist die Party aber noch ein bisschen besser. Genau wie die Musik. Der Sportauspuff schießt zwar nicht ganz so hemmungslos wie in den kleinen GTS-Geschwistern Cayman und Boxster, aber die Lautstärke, das metallische Schreien und das spratzende Gurgeln beim Gaswegnehmen kann man durchaus mal so machen.
Breite Spur, viel Traktion
Kleiner Zeitsprung. Szenenwechsel. Willow Springs Raceway. Angekündigt als die schnellste Straße des Westens. Die einsamste Straße des Westens hätte auch gepasst. Nach 20 Meilen absolutem Nichts steht sie plötzlich da, mit überraschend schönen Anstiegen und Gefällen und sehr sehr langen, schnellen Kurven. Der GTS strotzt hier vor Traktion, stellt die Vorteile der 36 Millimeter breiteren Spur für alle sichtbar ins Schaufenster und ist auch bei schnellen Lastwechseln extrem stabil. Das Auto bleibt lange neutral, lässt aber in den Sport-Modi auch mit aktiviertem ESP eine Menge an Schlupf zu, mit der man gut arbeiten kann. Wie schon am Berg wirkt der GTS straff, aber nicht übertrieben hart. Er wirkt agil und sehr sicher und einen kleinen Ticken fokussierter. Insgesamt ein sehr befriedigendes Gefühl.
 
Allrad und Schaltgetriebe als Empfehlung
Apropos: Die Rückfahrt spendierte mir ein Rendezvous mit einem Carrera 4 GTS samt Schaltgetriebe, optionalem Sportfahrwerk mit 20 Millimeter Tieferlegung und ziemlich teuren aber brillanten Schalensitzen. Machen wir es kurz: Obwohl ich ein Verfechter des Heckantriebs bin und die meisten GTS auch als Hecktriebler verkauft werden, ist das die Konfiguration, auf die man setzen sollte. Der Allradantrieb wuchtet eine ganze Menge mehr Gefühl in die Lenkung (man kriegt besser mit, was die Vorderachse so treibt), das Sportfahrwerk macht die Fuhre bockhart aber irrwitzig agil und das Schaltgetriebe gehört einfach zu einer Sportvariante wie dem GTS. Außerdem hat Porsche es überarbeitet, also geben Sie ihm eine Chance. Es verlangt nun nach weniger Kraft und flutscht besser, weil man im Zehntel-Millimeter-Bereich an der inneren Reibung gearbeitet hat. Verglichen mit vorher fehlt ein wenig Charakter, aber irgendwie hat man das Gefühl, sauberer und schneller zu schalten.

Angst vor AMG GT?
Kommen wir zur entscheidenden Frage: Macht der Porsche 911 Carrera GTS Sinn? Klar macht er Sinn! Für Sie, weil er besser aussieht und ein bisschen besser fährt und für Porsche, weil zufällig gerade ein sehr vielversprechender Sportwagen aus Affalterbach (der Mercedes-AMG GT) um die Ecke kommt, der sich noch zufälliger irgendwo zwischen Carrera S und 911 Turbo ansiedeln wird. Aber im Ernst: Auf den ersten Blick ist der GTS mit 117.549 Euro zwar um 12.376 Euro teurer als der Carrera S, steht man allerdings auf das ganze Performance-Spielzeug wie Leistungsteigerung, Sportauspuff und Co. und addiert man die bessere Grund-Ausstattung, ist das Sportmodell am Ende sogar günstiger. Ein GTS mit Allradantrieb kostet übrigens mindestens 124.689 Euro, nur falls Sie meiner Empfehlung folgen wollen. Ach ja, der gerade angesprochene AMG GT mit 462 PS wird ab 115.430 Euro zu haben sein.
 
Technische Daten
Antrieb:Hinterradantrieb
Anzahl Gänge:7
Getriebe:Doppelkupplungsgetriebe
Motor Bauart:Boxermotor
Hubraum:3.800
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:6
Leistung:316 kW (430 PS) bei UPM
Drehmoment:440 Nm bei 5.750 UPM
Preis
Neupreis: 117.549 €
Fazit
Seien Sie ehrlich, der Porsche 911 Carrera GTS sieht schon verdammt gut aus. Mit den breiten Backen und den großen schwarzen Felgen … Außerdem liegt er wuchtiger auf der Straße und sein Motor ist eine Drehzahl-gierige Sensation. Wenn Sie nicht auf totaler 911-Sparflamme unterwegs sind, dürfte der GTS der Elfer sein, den Sie kaufen sollten. Und das Wichtigste zum Schluss: Ab kommendem Jahr werden Carrera und Carrera S neue Turbomotoren bekommen. Der GTS wird neben dem GT3 also der einzige Sauger im 911-Portfolio sein. Ein besseres Argument kann es kaum geben. + mehr Drehzahlgier, mehr Stabilität, satte Optik, viel Ausstattung - Unterschied zum Carrera S nicht so groß
Testwertung
5.0 von 5

Quelle: auto-news, 2014-11-16

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