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Testbericht

18. Juli 2004
Haar, 16. Juli 2004 – Beim Stichwort Luxus fallen den meisten Autofahrern Autos ein wie Maybach, Mercedes S-Klasse oder Rolls-Royce Phantom. Ein spartanisch ausgestatteter Sportwagen kommt wohl nur Wenigen in den Sinn. Und doch: Was ist luxuriöser als ein Auto, was zu nichts nutze ist, als für den Spaß auf der Landstraße, fürs pure Autofahren? Ein Luxusauto dieser Art ist die Lotus Elise. Mit der 192 PS starken 111R stellte Lotus unlängst die stärkste Elise-Version vor. Wir waren neugierig auf den jüngsten Spross und haben das Auto für Sie getestet. Drei Elise-Varianten Drei Elise-Varianten gibt es: die normale Elise, die Elise 111S und die Elise 111R. Alle drei besitzen einen 1,8-Liter-Motor, aber in der Leistung sind sie wie die Orgelpfeifen: Während die ganz normale Elise 122 PS bringt, sind die 111S mit 158 PS und die 111R mit 192 PS darüber angesiedelt. Die Coupéversion des Autos, der Exige, fährt ausschließlich mit dem 192-PS-Motor. Drehzahlmesser bis 10.000 Touren Der Motor der von uns getesteten 111R kommt ohne Turbolader aus und stammt von Toyota. Die Japaner setzen ihn im Toyota TS und Celica TS ein. Eine Besonderheit des Motors ist das VVTL-i-System: Dabei kontrolliert die Motorsteuerung sowohl das Nockenwellenprofil als auch Ventilsteuerungszeiten und Ventilhübe. Dies führt zu einer besonders breiten Drehmomentverteilung, so Lotus. Doch die Maximalleistung erreicht der Motor erst bei 7.800 U/min – also weit jenseits der 6.500 Touren, wo andere Benziner meist schon Schluss machen. Bei der 111R reicht der Drehzahlmesser bis 10.000 U/min, also in den Bereich, der sonst Motorrädern und Rennwagen vorbehalten ist. Bei alldem erfüllt der Motor jedoch die Euro-4-Abgasnorm. Mit diesem bemerkenswerten Aggregat kombiniert Lotus ein Sechsgang-Getriebe, das ebenfalls von Toyota stammt.

Verborgene Talente Und wie fährt sich der Motor in der Praxis? Seine sportlichen Talente enthüllen sich nicht auf den ersten Blick. In der Stadt kann man dem Aggregat kaum mehr als ein tiefes Brummeln entlocken. 2.000 bis 4.000 U/min reichen aus, um den Roadster innerorts auf Trab zu halten. Bei diesen Drehzahlen wirkt der Antrieb durchaus zivil, ja fast unscheinbar. So richtig loslegen kann der Motor erst nach dem Ortsausgangsschild. Sound ohne Gleichen Am meisten Spaß macht es, nach dem lang herbeigesehnten gelben Schild endlich Vollgas zu geben und dabei den zweiten Gang stehen zu lassen. Die grummelnde britische Jungfrau wird jenseits der 5.000 Touren wild, und ab 6.500 U/min wird sie zur Furie. Erst knapp über 100 km/h, bei 8.000 U/min, zeigt uns ein aufleuchtendes Lämpchen, dass es Zeit ist, den dritten Gang einzulegen. So lange aber sollte man unbedingt abwarten. Rau und wild klingt das Aggregat bei diesen Drehzahlen, und endlich nicht mehr untertourig. Vielleicht nichts für Fans kultivierter Zwölfzylinder – denen wird der Sound zu hoch, zu sägend sein. Aber für uns gibt es kaum etwas, was schöner klingt. Dazu das Gefühl der Beschleunigung, die einen in den Sitz drückt, das direkte Erlebnis der Landschaft, an der man vorbeisaust. Doch in der Elise fühlt man sich nicht nur schnell, man ist es auch. Mit den Teuren mithalten Denn die Elise 111R kann es fast mit Sportwagen à la Porsche 911 aufnehmen. Beschleunigt der Toyota Celica TS mit demselben Motor in eher schlappen 7,2 Sekunden auf Tempo 100, so schafft es die 111R in zwei Sekunden weniger. Das Rezept Leichtbau macht`s möglich: Der Celica wiegt 1,2 Tonnen, das von uns getestete Auto nur 900 Kilo. 5,2 Sekunden sind beileibe kein schlechter Wert – der neue 911 Carrera braucht nur 0,2 Sekunden weniger. Und das bei einem Preisunterschied von mehr als 30.000 Euro: Der Carrera kostet 75.200, unsere Elise 111R aber nur 41.900 Euro.

Drehen bis 8.000 U/min Sound und Beschleunigung der 111R, so kann man es zusammenfassen, suchen ihresgleichen. Dabei bleibt der Verbrauch im Sparbereich: Lotus gibt 8,8 Liter Super auf 100 Kilometer an, wir lagen mit glatt 8,0 Litern sogar noch darunter. Denn wir fuhren selten Autobahn und selten innerorts. Klar, denn die Elise ist nicht für Verbrauchszyklen, sondern für die Landstraße geboren. Dennoch, verblüffend bleibt es, dass ein Auto mit 192 PS in der Praxis sparsamer ist als so manches ältere Brot-und-Butter-Auto mit 75 PS! Die Freuden des Kreisverkehrs Den Spaß an dem motorradartig hochdrehenden Aggregat würde ein komfortables Schunkelfahrwerk gehörig trüben. Umso erfreulicher, dass die Elise so straff daherkommt, wie man es sich nur wünschen kann. Am besten probiert man das in einem Kreisverkehr aus. Hier zeigen sich die Qualitäten der Britin recht schnell: Muss man bei normalen Autos von 50 km/h herunterbremsen, bevor man in den Zirkel einfährt, ist das bei unserem Lotus nicht nötig. Hier wedelt man fast lässig durch die Schikane. Durchgehen? Erst die Nerven, dann die Elise Wenn sonst niemand in der Nähe ist, bleibt man gern auch mal ein paar Runden im Kreisverkehr, probiert, wie weit man mit dem Auto gehen kann. Wer es übertreibt, dem kann die Elise durchaus hinten ausbrechen, denn der Schwerpunkt liegt etwas hinter der Mitte. Doch dazu braucht man Mut: Bei den meisten Fahrern gehen wohl zuerst die Nerven durch, und dann erst die Elise. Denn die Fliehkräfte zerren am Körper des Fahrers, und auch das Lenkrad will erst mal festgehalten werden. Wenn dann wieder andere Verkehrsteilnehmer den Kreisverkehr benötigen, muss man die Achterbahnfahrt natürlich abbrechen. Als Ersatz für den Spaß genießt man dann die Genugtuung, die anderen Autos weit, weit hinter sich zu lassen. Denn so schnell wie die Elise kommt kaum einer durch den Zirkel.

Direkte Lenkung, großer Kurvenspaß Zu einem sportlichen Motor und einem straffen Fahrwerk wünscht man sich eine dritte Zutat fürs Sportwagen-Vergnügen. Und auch die ist bei der Elise drin: Die nicht servounterstützte Lenkung ist äußerst direkt. Kurven machen entsprechend viel Spaß, und manchmal ertappt man sich auf der Landstraße dabei, Krümmungen in den Teer zu schneiden, wo der Straßenbauer sie vergaß. Selbst den Spurwechsel auf der Autobahn kann man genießen. Charaktervolles Fräulein Doch man darf sich nicht täuschen lassen: Die Elise macht es sicher nicht jedem Recht. Sie ist ein charaktervolles Fräulein. Das fängt schon beim Einsteigen an. Die breiten, sehr tief liegenden Schweller machen das Hineinkommen nicht nur Alten und Dicken schwer – vor allem bei geschlossenem Verdeck. Auch im Inneren ist die Elise nicht Everybodies Darling. Hier gibt sie sich wie ein Rennwagen: unverkleidetes Aluminium überall. Kombiniert wird das mit etwas dunkelgrünem Wildleder und schwarzem Plastik. Ansonsten Rennfeeling pur: Der Hintern des Fahrers befindet sich fast auf dem Boden des Fahrzeugs, die Sitze sind hart und eng. Die Lichtschalter sind winzige, runde Knöpfe links neben dem Lenkrad, die sich schwer bedienen lassen, und das Radio ist so weit rechts eingebaut, dass man sich weit hinüberbeugen muss. Muskelkater vom Schalten Die sportliche Ausrichtung der Elise zeigt sich auch bei der Gangschaltung. Diese fiel uns bei unserer ersten fünfstündigen Testfahrt erst beim Aussteigen auf: Vom Schalten hatten wir uns einen Muskelkater im rechten Unterarm geholt. Das Einlegen eines neuen Ganges kostet Kraft, obwohl das im Eifer des Gefechts kaum auffällt. Auch die Lenkung hat keine Servo-Untersützung und ist nicht eben leichtgängig.

Einfaches Stoffverdeck Das Verdeck besteht bei der Elise aus wenig mehr als einem Stück Stoff. Mit etwas Übung lässt es sich schnell an- und abmontieren. Dabei heißt es Acht geben, sonst findet man nach einem Platzregen kleine Wasserlachen im Inneren. Wenn man offen fährt, bringt man die Stoffrolle am besten im Fußraum des Beifahrers unter. Auf einen Passagier verzichtet man als Elise-Fahrer sowieso gerne. Denn viel Ellenbogenfreiheit bleibt einem zu zweit nicht. Geräuschkomfort: Fehlanzeige Auch Geräuschkomfort darf man sich von der Elise nicht erwarten. Wenn man die Fenster herunterlässt, klappern sie meistens. Und ob offen oder geschlossen – der Motor ist nicht eben flüsterleise. Wär ja auch schade. Zumindest da, wo die Elise in ihrem Element ist, bei Landstraßentempo. Am meisten Spaß macht die Elise eben auf der Landstraße. Besonders, wenn man allein mit ihr unterwegs ist, bei schönem Wetter und offenem Verdeck. Wenn man das Stoffzelt über der Elise aufspannen muss, wird es im Innenraum schnell warm und stickig. Dann ist man froh, wenn die optionale Klimaanlage an Bord ist. Nur dann sollte man Schokolade oder Eis transportieren. Denn im Gepäckraum, gleich hinter dem heißen Motor, ist Schmelzbares schlecht aufgehoben. Doch über die 112 Liter Stauvolumen zu reden, lohnt sich eigentlich kaum ... Wer Elise fährt, muss ihre Eigenheiten in puncto Alltagstauglichkeit in Kauf nehmen. Aber wie gern akzeptiert man all diese kleinen Macken, wenn man Elise fahren darf!
Technische Daten
Motor Bauart:Vierzylinder-Reihen-Ottomotor, 16 Ventile, VVTL
Hubraum:1.796
Leistung:141 kW (192 PS) bei UPM
Drehmoment:181 Nm bei 6.800 UPM
Preis
Neupreis: 41.900 € (Stand: Juli 2004)
Fazit
Der von uns vor einiger Zeit getestete Opel Speedster begeisterte uns durch sein Cart-ähnliches Fahrwerk, weniger durch den Motorsound. Anders herum beim Honda S2000: ein toller, drehfreudiger Motor, aber kein besonders sportliches Fahrwerk. Was hat das mit der Elise 111R zu tun? Nun, ganz einfach: Das Auto vereint die Vorzüge von beiden. Kaum hatten wir das Minilenkrad der Lotus Elise 111R in Händen, merkten wir: Das ist es, die ideale Synthese, ein Sportwagen mit bretthartem Fahrwerk und einem Motor, der klingt wie bei einem Sporttourer-Motorrad. Die kleinen Schwächen – eine schwergängige Schaltung und Lenkung, klappernde Scheiben, ein wenig robust wirkendes Verdeck – verzeiht der Elise gerne, wer Freude an ihrem Vorwärtsdrang hat. Der Preis von rund 42.000 Euro ist sicher angemessen angesichts der Fahrleistungen. Wer Preis und Beschleunigung eines Porsche 911 vergleicht, dem kommt die Elise wie ein Schnäppchen vor. Alltagstauglich ist dieser Sportwagen nicht, aber schnell auf jeden Fall – eben der pure Luxus. (sl)

Quelle: auto-news, 2004-07-18

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