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Testbericht

Peter Maahn/SP-X, 20. Juni 2017

Ein gutes Fünftel aller Reise- und Fernbusse tragen auf unserem Kontinent den Namen Tourismo. Eine schwere Hypothek also für die Mercedes-Ingenieure und Techniker, die nach 23 Jahren den völlig neuen Tourismo auf die Räder stellten. Denn alles sollte ja so bleiben wie es die Abermillionen Fahrgäste schätzen lernten, aber alles sollte natürlich auch viel besser werden.
 
Der Neue ist je nach Version um bis zu sieben Prozent sparsamer als sein Vorgänger, 200 Kilogramm leichter, bietet mehr Varianten und Motorisierungen, verwöhnt die bis zu 60 Insassen mit neuer Sitzqualität und vollautomatischer Klimaregelung und den Fahrer mit deutlich gesteigertem Bedienkomfort. Und auf Wunsch können sich die Passagiere auf dem Weg in den Urlaub oder in die nächste Stadt mit bordeigenem Internetzugang und einem Unterhaltungsprogramm die Zeit vertreiben. Jeder Platz kann zudem mit Strom- oder USB-Anschluss versorgt werden.
 
Da bereits die laufende Generation ein durchaus schickes Gefährt mit „zeitloser Eleganz“ war, verlegten sich die Designer beim Neuling auf gezielte Feinarbeit. Die Gehäuse der Scheinwerfer wurden umgestaltet und lassen den vertraut schmalen Kühlergrill markanter erscheinen. Bi-Xenon gibt es nur gegen Aufpreis. Das modernere LED-Licht allerdings ist derzeit noch nicht zu haben. Auffallend sind die  ausladenden Rückspiegel, die sich wie Arme nach vorne strecken. Da die Karosserie im oberen Bereich stärker eingezogen ist, wirkt der neue Tourismo nicht mehr so wuchtig und verbessert gleichzeitig die Sicht der Passagiere durch die Seitenscheiben. Verändert wurde auch das Heck mit der Mercedes-typischen trapezförmigen Rückscheibe, unter der jetzt Karosserielinien in V-Form für Aufmerksamkeit sorgen.
 
Bei alledem wurde vor allem auf verbesserte Aerodynamik geachtet. Mit einem cW-Wert von 0,33 setzt der Tourismo eine Bestmarke in der Gilde der Reisebusse. Hinzu kommt, dass ab 95 km/h die Karosserie automatisch um zwei Zentimeter abgesenkt wird. Dadurch reduziert sich die Stirnfläche. In Summe soll ein Busunternehmer je nach Motorisierung bei einer Laufleistung von 100.000 Kilometer so bis zu 2.000 Liter Diesel pro Jahr sparen.
 
Daimler Bus-Chef Hartmut Schick betont, dass kein Reisebus im Segment sicherer sei als der neue Tourismo und verweist auf die eingebauten oder gegen Aufpreis lieferbaren Assistenzsysteme. So ist der Notbremsassistent, dessen Radaraugen 200 Meter nach vorn blicken, immer an Bord. Er warnt bei einer drohenden Kollision und bremst auch vollautomatisch, wenn der Fahrer nicht reagiert. Gegen Aufpreis gibt es ein verbessertes System, dass bei auftauchenden stehenden Hindernissen (z.B. Stauende) früher reagiert. Dieser elektronische Helfer ist sogar serienmäßig, wenn der Käufer des Tourismo ein Abstandsradar bestellt, das ähnlich wie bei vielen Pkw-Modellen im Stopp-and-Go auch für ein selbsttätiges Anfahren sorgt. Ein Spurassistent ist immer eingebaut, er warnt allerdings nur, wenn der Buslenker eine Straßenmarkierung überfährt.
 
Aber: Einige wichtige aktive Assistenzsystemen, die in vielen Personenwagen längst üblich sind, sucht man in Bussen aller Hersteller vergeblich - auch im derzeit modernsten mit Mercedes-Stern. Beispiele sind das aktive selbsttätige Zurücklenken beim Verlassen der Spur, ein für sicheres Überholen wichtiger Toter-Winkel-Assistent, die Verkehrszeichenerkennung oder ein System, das bei Kreuzungen auch den Querverkehr im Auge hat. Ingenieur Peter Schumacher erklärt: „Es ist ungleich schwerer all diese Innovationen auch in die großen Fahrzeuge zu übernehmen. Wir arbeiten auch am teilautonomen Fahren, brauchen aber noch einige Zeit“. Der Sicherheitsexperte verweist darauf, dass Daimler stets Vorreiter bei der Einführung von Systemen war, die dann erst Jahre später vom Gesetzgeber zur Pflicht gemacht wurden.
 
Als neuestes Beispiel nennt Schumacher den sogenannten „Front Collision Guard“ im Tourismo. Im Falle eines Frontalaufpralls bauen spezielle Karosserie-Elemente die Energie gezielt ab, gleichzeitig wird der Platz des Fahrers inklusive Lenkung und Pedalen komplett nach hinten verschoben. Dadurch können entscheidende Zentimeter an Überlebensraum für den Menschen hinterm Steuer gewonnen werden.
 
Feste Listenpreise wie beim Pkw gibt es im Busgewerbe übrigens nicht, es hängt von der individuellen Konfigurierung des Käufers ab. Ein gut ausgestatteter Tourismo mit 50 Sitzen und gut 300 kW/409 PS Leistung dürfte für knapp unter 250.000 Euro zu haben sein.
 
Fazit: Nach über zwei Jahrzehnten ein neues Fahrzeug, da durfte man von Mercedes einiges erwarten. Der Tourimo erfüllt diese Erwartungen, vor allem in den Bereichen Komfort, Sicherheit und Verbrauch. Und um die Lücken bei den Assistenzsystemen zu füllen, haben die Schwaben jetzt ja wieder viele Jahre Zeit.

Mercedes Tourismo RDH – Technische Daten:
Länge: 12,30 bis 13,95 Meter, Breite (ohne Spiegel): 2,53 Meter, Höhe: 3,64 Meter, Radstand: 6,09 Meter, Kofferraumvolumen: 9,9 – 12,1 m3, zulässiges Gesamtgewicht; 19.500 – 24.000 kg, Wendekreis: 21,2 bis 23,8 Meter, Sitzplätze: bis zu 59
Antrieb: Sechszylinder-Turbo-Diesel, 7.700 / 10.677 ccm, 265 kW/360 PS / 335 kW/428 PS, max. Drehmoment: 1.400 / 2.200 Nm, Vmax: 100 km/h, Sechsgang-Schaltgetriebe oder Achtgang-Automatik, Normverbrauch: k.A., Abgasnorm: EU 6

Mercedes erneuert nach über 20 Jahren Bauzeit seine Bus-Ikone Tourismo. Der meistverkaufte Reisebus Europas wird leichter, komfortabler, sicherer und vor allem sparsamer. Aber: Die Assistenzsysteme aus dem Pkw finden nur ganz langsam ihren Weg in die Dickschiffe.

Fazit
Mercedes erneuert nach über 20 Jahren Bauzeit seine Bus-Ikone Tourismo. Der meistverkaufte Reisebus Europas wird leichter, komfortabler, sicherer und vor allem sparsamer. Aber: Die Assistenzsysteme aus dem Pkw finden nur ganz langsam ihren Weg in die Dickschiffe.

Quelle: Autoplenum, 2017-06-20

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