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Testbericht

Jürgen Wolff, 25. Januar 2008
So richtig wußte auch bei Mercedes niemand, wo man die R-Klasse einordnen soll. Van? Kombi? SUV? Für den Luxusgleiter aus Amerika haben die Schwaben eine neue Klasse erfunden: Crossover - von allen etwas.

Es gibt eine berühmte Grafik, die am Beispiel eines Mannes die Evolution vom Affen zum aufrecht gehenden Homo Sapiens zeigt. Wenn man A-, B- und R-Klasse von Mercedes in eine Reihe hintereinander stellt, kommt einem genau dieses Bild in den Sinn: Die R-Klasse als evolutionäre Krone der Schöpfung unter den Vans mit dem Stern. Die gleiche Grundlinie - aber immer größer und komplexer.

Und wie beim Homo Sapiens mischt sich auch bei dieser Evolution Sinn mit Unsinn. Dass die R-Klasse überhaupt in Europa auf die Straßen gekommen ist, war mehr ein Nebeneffekt. Denn entworfen und gedacht ist sie mehr für den US-amerikanischen Markt als für den europäischen. Der R 280 CDI ist ein riesen Schiff - auch, wenn er nicht als 5,16 Meter lange XXL-Version mit längerem Radstand daherkommt sondern "nur" mit 4,92 Metern.

Das macht ihn zu einem luxuriösen Raumschiff - aber keineswegs zu einem, das ähnlich effektiv mit seinem Raumangebot umgeht, wie ein gewöhnlicher Van europäischer Bauart. Bei allem Platz - richtig fürstlich und bequem reisen in dem (R)iesen trotz der sechs Sitze höchstens vier erwachsene Passagiere. Für mehr wird's eng, vor allem zu den Seiten hin. Und in der dritten Reihe sollte man höchstens Sitzen müssen, wenn man den Nachtisch nicht aufgegessen hat.

Der äußere Anschein trügt auch beim Laderaum: Der fasst zwar ausreichend Gepäck für Vier - ist aber keineswegs so opulent wie beim GL oder selbst der M-Klasse. Typisch Amerika eben: Mehr schöner Schein als tatsächliches Sein. Sind alle Sitze in Bereitschaft, kommen keine 300 Liter zusammen. Immerhin ist der Innenraum beim R variabel: Durch einfaches Klappen lassen sich bis zu 2000 Liter Raum schaffen, der dank des Fehlens einer Ladekante auch gut zu beladen ist. Ansonsten: Luxus pur. Wie es sich für einen Ami-Schlitten gehört. Irgendwie weiß man nie so recht, in welche Schublade man ihn stecken soll. Van? Ein wenig mehr Höhe und es könnte passen. SUV? Irgendwie auch - den R 280 CDI gibt es mit Allradantrieb und auf Knopfdruck 50 Millimeter mehr Bodenfreiheit, aber ohne große Ambitionen als Geländekraxler. Verkappter S-Klasse-Kombi? Wenn man die dritte Sitzreihe wegklappt - auch ok. Und beim Preis: Mit 50.040 Euro für den 4MATIC liegt er allerdings noch ein sattes Stück unter der preiswertesten S-Klasse. An der S-Klasse kratzen auch die inneren Werte des R 280. Der Einstieg ist durch die hohe Position der Sitze eher bequemer. Und das Ambiente, das einen dann umgibt, ist edel und gediegen - wie es sich für einen Mercedes gehört. Hochwertige Materialien, erstklassige Verarbeitung, ergonomische Instrumentierung - auch wenn der R in den USA gebaut wird, hat er die schwäbischen Werte verinnerlicht. Eher unamerikanisch: Die Zahl der Ablagen ist überschaubar. Die Sitze sind dafür bequem und selbst für Basketball-Profis gut einstellbar - ein wenig mehr Seitenhalt würde allerdings nicht schaden. Dass die 7-stufige Automatik zum Besten gehört, mit dem man heute schalten lassen kann, hat sich schon bei den anderen Mercedes-Modellen gezeigt. Seidenweich jeder Gangwechsel und tatsächlich immer dann, wenn er nötig ist. Der permanente Allradantrieb, die Traktionskontrolle, die souveräne Federung - ein Bilderbuchauto.

Solange man es auf dem American Way of Life bewegt - also auf Autobahnen und breiten Boulevards. Unübersichtlich und unhandlich wird es im engen Stadtverkehr. Und vor allem beim Einparken. Lücken von dieser Größe sind nicht die Regel. Und die Rundumsicht ist (auch wegen der breiten Pfosten und der kleinen Heckscheibe) so miserabel - ohne den elektronischen Parkassistenten (809 Euro) sollte man die R-Klasse hierzulande gar nicht erst ordern.

Ansonsten hat die Basisversion schon so viel an Ausstattung zu bieten, dass man verstört nach dem Stern schaut, ob man tatsächlich in einem Mercedes sitzt - so viel freiwillige Großzügigkeit ist man von den Schwaben nicht gewohnt. Amerika hat auch sein Gutes. Tempomat und Umfeldbeleuchtung sind ebenso Serie wie Klimaautomatik oder Lichtsensor.

Völlig ausreichend ist der laufruhige und kultivierte 6-Zylinder-Diesel unter der Fronthaube. Mit den mehr als zwei Tonnen Leergewicht kommen die 440 Nm Drehmoment in jeder Lage ausreichend klar. Und da der R 280 CDI ohnehin seine wahre Profession im entspannten Cruisen findet, vermisst man die Kraft eines noch stärkeren Motors eigentlich nie. Mehr als die 210 km/h, die die 140 kW/190 PS maximal hergeben, machen in so einem Dickschiff ohnehin keinen wirklichen Spaß mehr. Und die traumhafte Automatik sorgt für zusätzliche kalifornische Fahrgefühle.

Wenig kalifornisch ökologisch ist der Verbrauch. Mercedes selbst gibt trotz der windschnittigen Form einen Durchschnitt von 9,7 Liter Diesel auf 100 km an. Da schluckt selbst der auch amerikanisch dimensionierte und sperriger wirkende GL weniger - trotz eines größeren Diesel und 34 PS mehr Leistung. Real kommt man ohnehin nicht unter 12 Liter Diesel davon. Nur, dass die Dieselpreise in Europa so gar nicht amerikanisch niedrig sind.

Quelle: Autoplenum, 2008-01-25

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