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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 30. Juli 2013
Anlässlich des 100. Jahrestag der Alpenfahrt von 1913, die Rolls-Royce dominierte, bringt der britische Nobel-Autobauer eine Sonderversion des Ghosts heraus. Wie fährt sich die Centenary Edition?

Als erstes fällt die Farbe auf. Hellblau? Da würde jedes Mitglied eines exklusiven Londoner Gentlemen\\\'s Club die Stirn in falten legen und erschüttert murmeln: "Interesting Colour". Im feinsten Queen\\\'s Englisch versteht sich. Doch dieser Farbton ist nicht der Experimentierfreude eines Exterieur-Designers entsprungen, sondern eine Reminiszenz an den sogenannten "Radley Car", der bei der Alpenfahrt 2013, die auf englisch nur "Alpine Trial" heißt, die Konkurrenz in Grund und Boden fuhr. Deswegen auch die silberne Motorhaube, die schwarzen Felgen und der schwarze Kühlergrill. Die Topographie der Alpine-Trial-Strecke auf der edlen Holzeinlage des Armarturenbretts erinnert den Fahrer auch während der Reise immer daran, in welchen Automobil er sich gerade fortbewegt.

Aber das weiß man auch so. Man residiert in feinstem Leder und genießt jeden Handgriff. Denn die Haptik der Materialien entspricht dem feinen Aussehen. Klar erkennt der geübte Blick sofort die BMW-Verwandtschaft verschiedener Elemente. Angefangen von den Displays bis hin zum typischen iDrive-Drehknopf in der Mittelkonsole. Der mit schönen Plexiglas-Elementen versehen ist, die sich, anders als bei der bayerischen Version des iDrive, rund um den Haupt-Controller anordnen. Die Briten geben sich wirklich Mühe, optisch keine zu große Ähnlichkeit mit den bayerischen Modellen aufkommen zu lassen. Um dieser Mission gerecht zu werden, sind selbst die Favoritenknöpfe zur schnellen Anwahl von einzelnen Aktionen aus dem durchsichtigen Material. Der Unterscheidung im Detail setzt sich im Rest des Cockpits fort. Wo beim Münchner Plastik den Kontakt zur Haut herstellt, sind es beim Briten Chrom und Lack.

Dass der Material-Luxus die Insassen nicht erschlägt, ist ebenfalls ein Verdienst der britischen Wohnraumgestalter. Klavierlack, glänzendes Chrom, viel Holz und noch mehr Leder, wohin das Auge blickt und die Finger tasten. Alles stilsicher im angenehmen Rahmen, ohne schwülstig zu wirken. Ansehnlich ist auch die Mixtur zwischen modernen digitalen Anzeigen auf den schwarzen TFT-Displays und den klar gezeichneten analogen Rundinstrumenten, zu denen auch die obligatorische Uhr gehört. Statt eines trivialen Drehzahlmessers gibt eine Power-Reserve-Anzeige Auskunft, wie viel Kraft dem Fahrer noch zur Verfügung steht.

Die alles entscheidende Frage stellt sich jedoch, sobald man die gegenläufig angeschlagenen Türen öffnet: Fahren oder nicht fahren. Vermutlich wüsste nicht einmal der englische Nationaldichter William Shakespeare die Antwort. Zu verlockend sind die Alternativen. Entweder hinten Ruhe des schweren Briten-Kreuzers genießen oder vorne das Lenkrad in die eigene Hand nehmen. Schließlich kommt im Ghost mit 5,40 Metern Länge Doch wer sind wir, dass wir die Empfehlung der Rolls-Royce-Company missachten, die mit englischer Zurückhaltung, anmerkt, dass der Ghost durchaus zum Selbstfahren gedacht ist. Das gilt natürlich auch und vor allem für die Centenary Edition. Schließlich kämpfte sich James Radley vor hundert Jahren über Berge und unwirtliche Pässe.

Der Platz am Steuer ist fast genauso bequem, wie der im Fond und hat ein bisschen was von einem Kinosessel. Leider fehlt auch der Seitenhalt. Die Sitzposition ist schnell gefunden. Dann gleitet man mit dem Ghost davon. Leistung? "Ist ausreichend vorhanden", heißt es üblicherweise bei Rolls-Royce. Das Understatement in allen Ehren, aber etwas genauer darf es dann doch sein: Der 6,6-Liter-V12-Motor schiebt das 2,4-Tonnen-Vehikel mit 570 PS an. Die 780 Newtonmeter sorgen dann noch für das entspannte Gleiten. "Effortless Driving" im Rolls-Royce-Jargon. So lange es ohne größere Richtungswechsel dahin geht, ist das Fahren mit dem rund 265.000 Euro teuren Luxusmobil eine wahre Freude. Die Achtgang-Automatik sorgt für geschmeidige Gangwechsel und die Kraft des Motors für entspanntes, fast lautloses Dahinrollen. So bewegt sich also die Upper-Class. Drückt man auf das Gaspedal, geht es durchaus ambitioniert nach vorne und die 200-km/h-sind im Nu erreicht. Überholprestige hat der hellblaue Rolls-Royce ohnehin genug. Handys werden gezückt, um noch schnell ein paar Bilder des edlen Briten zu machen. Facebook lässt grüßen. Was soll\\\'s.

Geht es um Kurven, agiert der Ghost Centenary Edition nicht mehr ganz so souverän. Dann sind deutliche Wank- und Rollneigungen zu spüren. Dass die Lenkung ebenfalls nicht die direkteste ist, stört wohl nur unverbesserliche Fahrdynamiker. Schließlich reden wir hier von einem Rolls-Royce und keinem Gokart. Da würden die noblen Mitglieder in einem Londoner Gentlemen\\\'s-Club wohl noch mehr die Stirn runzeln.

Quelle: Autoplenum, 2013-07-30

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