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Testbericht

Marcel Sommer, 24. September 2014
Der Nachfolger des kleinsten Rolls-Royce sägt am majestätischen Thron des Flaggschiffs. Warum einen Phantom fahren, wenn es den neuen, 60.000 Euro günstigeren Ghost gibt?

Die Marke Rolls-Royce steht seit Jahrzehnten für viele Superlative in der Automobilbranche. Seien es ihre Preislisten, die Spritverbräuche ihrer Fahrzeuge oder die Namen ihrer finanzstarken Besitzer. Ein Rolls-Royce ist kein Auto wie jedes andere; so luxuriös die Konkurrenz auch sei. Die zweite Generation des Ghost wird auch dem überzeugtesten Fahrradfahrer ein wohliges Lächeln ins Gesicht zaubern und den vermeintlichen Neid in ein ehrlich gemeintes Gönnen verzaubern.

Spätestens, wenn dieser zum ersten Mal den mit knöchelhohem Lammfell ausgelegten Fondbereich durch die hinten angeschlagenen, massiven Türen betritt, wird dessen Gemütswandlung beginnen. Schweres Nobelleder, eine herausklappbare Mittelkonsole mit den Ausmaßen eines Bobby-Cars und Lounge-Sitze in der leicht erhöhten Theater-Konfiguration wirken mehr als nur einladend. Das hochwertige Interieur lockt sirenengleich in die Welt der Superreichen. Allein für die deutsche Mehrwertsteuer in Höhe von 51.839 Euro würde es das eine oder andere schicke Premium-Mittelklassemodell geben. Doch der insgesamt ab 324.676 Euro teure Rolls-Royce Ghost II vernichtet schon auf den ersten Metern jeden aufkeimenden Gedanken an ein Allerweltsauto.

Wurde der Ghost vor wenigen Jahren dem Phantom als Einstiegs-Rolls-Royce zur Seite gestellt, hat er das Flaggschiff in puncto Stückzahlen mittlerweile längst überholt. Mit dem neuen Ghost ist Rolls-Royce nun der kraftvolle und zugleich komfortable Sprint aus dem Schatten des großen Bruders gelungen. Mit seiner um zehn auf nun 570 PS angewachsenen Leistung und dem brachialen Drehmoment von 780 Newtonmetern bedarf es vor einem spontanen Überholvorgang keiner Sekunde Bedenkzeit mehr. Einfach das Gaspedal bis zum Anschlag durchtreten und der 2.435 Kilogramm schwere Koloss prescht nach vorn. Sein gesamter, gewaltig wirkender Vorderwagen hebt dabei leicht an, so dass das Gefühl aufkommt, die weltbekannte Spirit of Ecstasy würde mit lautem Getöse versuchen von ihrem Sockel zu entschweben.

Wobei so laut nun auch wieder nicht. Selbst unter Volllast ertönt der 6,6 Liter große Zwölfzylinder-Motor eher piano. Dafür entspricht die Beschleunigung einem satten Allegro. In unter fünf Sekunden gleitet die filigrane Tachonadel über die graue 100 auf weißem Grund. Dass der etwas kleinere Zeiger rechts daneben ruhig aber bestimmend den steten Treibstoffniedergang spiegelt, spielt angesichts des 82,5 Liter fassenden Tanks eine eher untergeordnete Rolle. Auch, wenn der Spritverbrauch so gut wie niemals den angegebenen Wert von 14 Litern auf 100 Kilometern erreichen dürfte, sollte die Benzinmenge für eine Fahrt von München nach Frankfurt ohne Probleme ausreichen. Vorausgesetzt, das maximal erfahrbare Tempo von 250 Kilometern pro Stunde wird nur in homöopathischen Dosen abgerufen. Das Fahrwerk bügelt nahezu jede Unebenheit weg, das Komfortniveau des schwereren Phantom bleibt jedoch unerreicht. Doch bleibt dies der einzige Kompromiss, den ein Ghost II-Kunde gegenüber dem rund 60.000 Euro teureren Flaggschiff eingehen muss.

Wer sich weniger auf hektischen Autobahnen, sondern mehr auf stressfreieren Landstraßen aufhält, wird sich besonders über die präzise Lenkung und die vorausschauende Achtgang-Automatik erfreuen können. Dass in diesem Falle die Formulierung vorausschauend ihre Berechtigung hat, liegt an der Tatsache, dass sich das Getriebe der Navigations-Informationen bedient. Soll heißen, die Automatik weiß schon vor dem Fahrer, ob eine Kurve, ein Kreisverkehr oder eine Ampel in unmittelbarerer Entfernung auftauchen wird und sortiert dementsprechend die Gangklaviatur vor. Damit die Augen stets auf die Straße gerichtet bleiben können, dafür sorgt ein farbiges Head-Up-Display der neuesten Generation. Wird ein Engpass erreicht, reicht ein Knopfdruck und die 360 Grad-Vogelperspektive erscheint auf dem 10,85 Zoll großen Monitor in Kristallglasoptik. Das gesamte Infotainment-System ist eine Adaption des BMW iDrive inklusive des handschrifterkennenden Touchpads. Selbst Mandarin oder Hebräisch stellen für die neueste Software-Generation keinerlei Probleme dar. Man kennt seine Kunden.

Von außen ist der 5,40 Meter lange, beziehungsweise auf Wunsch um 17 Zentimeter auf 5,57 Meter gestreckte Nachfolger kaum als Rolls-Royce Ghost II zu erkennen. Lediglich seine neuen LED-Scheinwerfer, eine erneuerte Seitenlinie und Motorhaube sowie ein etwas defensiver gestalteter Grill geben Auskunft über sein Alter. Und auch das ist eine Kunst, die vorzugsweise die Ingenieure aus dem Hause Rolls-Royce beherrschen. Sie präsentieren der Welt eine Neuheit, die auf den ersten Blick nicht als solche zu erkennen ist - auf den zweiten jedoch sehr wohl. Oder wie es Rolls-Royce-Chef Torsten Müller-Ötvös beschreibt: "Ich bin davon überzeugt, dass dieser überarbeitete und auf den neuesten Stand gebrachte Rolls-Royce weiter dafür sorgen wird, dass die Zahl unserer Neukunden weiter steigend wird. Vor allem die Zahl derer, die Wert auf eine Oase der Ruhe in mitten dieser hektischen Geschäftswelt legen."
Testwertung
5.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2014-09-24

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