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Testbericht

8. November 2005
Haar, 9. November 2005 – Als ich meinem Nachbarn erzählte, ich hätte jetzt einen Wecker, der so laut ist, dass er die komplette Nachbarschaft weckt, stand ihm das Fragezeichen direkt ins Gesicht geschrieben. „Doch, doch,“ beteuerte ich, „von diesem Wecker wird jeder wach“. Und so war es denn auch. Davon gekommen waren nur die Hausbewohner, die vor mir zur Arbeit aufgebrochen waren. Die anderen standen bereits kurz nach dem Anlassen meines aktuellen Testwagens senkrecht im Bett. Nach den ersten Gasstößen waren auch die Anrainer der umliegenden Straßen wach und als ich mich im ersten Gang in den fließenden Verkehr vorm Haus einreihte, zog ich mir endgültig den Zorn meiner Mitmenschen zu. Doch der Reihe nach. Understatement sieht anders aus Schon bevor der RMS-Mini in die Nähe der Redaktion kommt, spitzen alle die Ohren und spekulieren über die Quelle des „Lärms“. Als das gelbe Geschoss dann aber über den Hof fährt, ist jeder überrascht. „So klein und doch so laut“ ist die einhellige Meinung. Und erst der optische Auftritt: Lumma-Spoiler ringsum, extra breite Puschen und fast keine Bodenfreiheit mehr. Understatement sieht anders aus. Aber wer mit diesem Mini unterwegs ist, dem ist das egal. Was zählt, sind Leistung, Leistung und nochmal Leistung. Und die hat der 3,60 Meter kurze Zwerg mehr als genug.

Der erste Eindruck zählt Doch eh wir ins Detail der technischen Veränderungen gehen, wollen wir erstmal sehen, was der Brachial-Mini so zu bieten hat. Da wären zunächst die Sportsitze von König, mit denen nicht jeder Fahrer kompatibel sein dürfte. Wer etwas zu viel auf den Hüften hat, sitzt eher auf den Sitzwangen, als dazwischen. Wem das Gestühl jedoch passt, der wird von ihm hervorragend festgehalten und auch in schnellen Kurven nicht mehr losgelassen. Das Cockpit des kleinen Unruhestifters kommt ansonsten im Serienlook daher. Sieht man von drei Zusatzinstrumenten ab, die im Radioschacht untergebracht sind. Sie geben unter anderem Auskunft über die Öltemperatur und den Ladedruck des Kompressors und machen den Einsatz einer Standard-Musikquelle unmöglich. Sieben Schritte zur Rakete Kommen wir nun zu den Modifikationen unter dem Blech: Wer mehr aus seinem Mini herausholen möchte, der ist beim österreichischen Tunerteam von RMS genau richtig. In sieben Schritten drehen die Mini-Spezialisten so kräftig an der Leistungsschraube, dass der Mini Cooper S am Ende mit unglaublichen 270 PS aufwarten kann – aus serienmäßigen 1,6 Litern Hubraum wohlgemerkt. Herzstück der Kraftkur ist ein wassergekühlter Ladeluftkühler, der dem neu implantierten Motorsportkompressor vorgekühlte Luft zur Verfügung stellt. Um der gestiegenen Luftmenge die Kraftstoffzufuhr anzupassen, weitet RMS die Ventilquerschnitte und verbaut größere Ventile. Eine Sportnockenwelle sorgt für schärfere Öffnungs- und Schließzeiten. Lohn der Mühen: 75 Zusatz-PS.

Die Feinarbeit Die Anpassung der Steuersoftware und ein spezieller Fächerkrümmer entlocken der kleinen lauten Rennsemmel weitere 25 Pferdchen. Somit hauchen die fanatischen Mini-Fans ihrem Lieblingskind insgesamt 100 Extra-PS ein. Das elektronische Öl-Kühlsystem, die elektronische Kühlmittelpumpe und das Sperrdifferenzial sorgen dafür, dass der Extrem-Mini angesichts der Leistung nicht überhitzt, klemmt oder die Kraft sinnlos verraucht. Hart aber herzlich laut Nachdem die Veränderungen an unserem Probanden analysiert und von fast allen für gelungen erklärt wurden, soll ein erster Ausritt die Stärken und Schwächen des Krawall-Bruders offenbaren. Fahrer- und Beifahrersitz werden bestiegen und der Zündschlüssel herumgedreht. Was von außen schon markerschütternd war, wird im Inneren zur alles beherrschenden Musik. Das Radio wird hier niemand vermissen. Nachdem der abgesenkte Bürgersteig vom Hof hart, aber erfolgreich genommen wurde, kann es losgehen. Nur schnell raus aus bebautem Gebiet und ab auf die Landstraße. Denn hier vermuten wir den natürlichen Lebensraum des Extrem-Sportlers. Auf dem Weg dorthin werden abgesackte Gullideckel zu harten Abgründen und verkehrsberuhigende Bodenwellen zu unüberwindbaren Hindernissen. Aber endlich finden wir eine Landstraße ohne störende Ortschaften oder hinderlichen Verkehr.

Jetzt kommt der Pistenschreck Die Beschleunigungszeit von null auf Tempo 100 gibt RMS mit hurtigen 5,5 Sekunden an. Das glauben wir den Österreichern zwar nicht ganz, aber angesichts des permanenten Drucks im Kreuz vergehen höchstens sechs Sekunden bis zur magischen Grenze. Begleitet wird der kräftige Durchzug vom brüllenden Sound der Auspuffanlage und dem verführerischen Kreischen des Kompressors. Gänsehaut-Feeling pur! Man fühlt sich versetzt in eine längst vergangene Rallye-Ära, in der Gruppe-B-Boliden die Schotterpisten zum Erbeben brachten.

Markerschütterndes Brüllen Ab 5.500 Umdrehungen verliert der Fahrer unseres schreienden Kanarienvogels endgültig seine Zurückhaltung und die rasende Sucht hat ihn gepackt. Während sich der Beifahrer mit schwitzigen Händen festzuhalten versucht, lotet der Pilot die Haftungsgrenzen der 205er-Reifen und die Obergrenze seines Punktekontos aus. Das Brüllen wird immer lauter und ist markerschütternd. Schaltorgien bis in den vierten Gang werden geradezu zelebriert und reichen aus, um dem Führerscheinverlust sehr nahe zu kommen. Das ständige Eingreifen des ASC bremst die Rennsemmel jedoch so sehr aus, dass wir beschließen, es zu deaktivieren. Jetzt kommt zwar noch mehr Laune auf, doch auf feuchter Straße droht der Kleine nun ruppig abzufliegen – das kann aber auch an der hohen Geschwindigkeit liegen.

Discolight auf der Autobahn Spannung kommt beim kleinen Gelben mit dem lauten Gebrüll auch auf der Autobahn auf: Der Tacho reicht zwar nur bis 240, die angegebenen 250 scheinen dennoch sehr realistisch. Der kleine Motor schreit bei diesen Tempi allerdings so laut, dass man sich sehnlichst einen siebten Gang wünscht. Und auch das ASC scheint bei schnellen Autobahnfahrten auf nasser Fahrbahn am Grenzbereich zu arbeiten. Die permanent aufleuchtende Anzeige jedenfalls spricht Bände.

Nicht immer eitel Sonnenschein Die hohen Drehzahlen liegen dem heiseren 1,6-Liter-Aggregat am meisten. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: Wer kurz vor dem roten Bereich allzu schnell vom Gas geht, der wird mit hektischem Bocken und rapidem Geschwindigkeitsverlust bestraft. Ungeübte Fahrer dürften vor allem in Kurven mit diesem Verhalten ihre Probleme haben. Und auch die Bremsen konnten uns nur bedingt überzeugen. Einerseits extrem standfest und zuverlässig, vermissen wir jedoch einen klar definierten Druckpunkt, der eine harmonischere Dosierung erlaubt. Aber wahrscheinlich ist bei diesem Auto harmonisches Fahren überhaupt nicht erwünscht, sondern schlicht der Krawall-Auftritt und der unverfälschte Fahrspaß. Kein Spaß für jedermann Wer mit der gelben Gefahr auf Porsche-Jagd gehen will, der muss tief in die Tasche greifen. Der von uns gefahrene Mini aus dem Hause RMS schlägt mit saftigen 39.400 Euro zu Buche. Darin enthalten sind 100 zusätzliche Pferdchen ebenso wie Sportsitze, Spoiler und Co. Angesichts des Grundpreises eines serienmäßigen Cooper S von knapp 21.000 Euro sprechen wir also von einer glatten Preisverdopplung. Doch wer schnell sein will, muss leiden. (jk)
Technische Daten
Antrieb:Front
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Handschaltung
Motor Bauart:Otto-Reihenmotor mit Kompressor
Hubraum:1.598
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:4
Leistung:199 kW (270 PS) bei UPM
Drehmoment:308 Nm bei 4.550 UPM
Fazit
Mit viel technischem Geschick hat das Team von RMS einen puristischen Renn-Mini für die Straße auf die breiten Räder gestellt. Obwohl der Kompressor-Motor sich erst in hohen Drehzahlbereichen richtig wohl fühlt, macht er mächtig Laune, auch wenn er manchmal etwas bockig ist. Die mobilisierten 270 PS aus 1,6 Litern Hubraum reichen aus, um manch stärkeren Sportwagen tüchtig zu ärgern. Der Innenraum wird von den gut zupackenden Sportsitzen dominiert. Ansonsten ist Serien-Chic angesagt. Der Auspuffsound ist Geschmackssache, macht das Radio aber definitiv überflüssig. Das Fahrwerk ist bretthart, lässt das Rückrat erzittern und macht den Wagen alles in allem zu einem ehrlichen und harten Auto für Puristen mit dem Hang zum Auffallen.
Testwertung
3.5 von 5

Quelle: auto-news, 2005-11-08

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