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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 7. Juli 2015
Einen BMW M4 mit Handschaltung findet man in unseren Breitengraden eher selten. Wir haben die aus der Mode gekommene Kombination genauer unter die Lupe genommen und ein überraschendes Phänomen festgestellt.

Die Front des BMW M4 mit den großen Nüstern in der Frontschürze ist furchteinflößend. Sobald man mit dem sportlichen Coupé im Rückspiegel des Vordermanns auftaucht, nickt Kopf des Fahrers ganz leicht nach rechts und die Augen wandern in den Rückspiegel. Meistens dauert es nur wenige Momente, bis der Blinker aktiviert und die linke Spur geräumt wird. Mit 317 kW / 431 PS ist man mit dem BMW M4 Coupé definitiv nicht untermotorisiert, doch wer mit dem schicken Coupé nur auf der Autobahn geradeaus bolzt, verpasst den schönsten Teil des Fahrerlebnisses, den man mit einem BMW M4 haben kann. Das Gewicht von rund 1,5 Tonnen mag den Leistungsnachteil gegenüber dem Audi RS4 und insbesondere dem 510 PS starken Mercedes C 63 AMG nur teilweise ausgleichen.

Auch die fünfte Generation des M-Lings erfüllt das Versprechen der Agilität, das jeder M3 oder eben jetzt M4 gibt. Je mehr Kurven, umso besser. Das Fahrwerk ist den Münchener Ingenieuren exzellent gelungen, auch das Abstimmen einer Handschaltung haben sie im Zeitalter des Doppelkupplungsgetriebe-Hypes nicht verlernt. Der Knüppel flutscht allerdings bisweilen etwas knochig durch die Gassen und lässt sich am besten kraftvoll einlegen. Allerdings erweist sich Zusammenspiel zwischen Getriebe und Sechszylinder-Aggregat nicht immer als harmonisch. Vor allem in niedrigen Gängen hilft nur ein feinfüßiger Umgang mit dem Kupplungspedal, damit der Beifahrer nicht jedes Mal stark nickt. Diese Schwäche schmälert das Vergnügen, den bayerischen Vorzeige-Athleten in der Stadt zu bewegen.

Auch bei schnellen Gangwechseln, die bei höheren Geschwindigkeiten durchgeführt werden, zeigt sich, dass der neue Motor zwar gut im Futter steht, aber trotz elf Mehr-PS nicht die geschmeidige Kraftentfaltung des Vorgängers entwickelt. Hier bügelt das optionale Doppelkupplungsgetriebe (3.900 Euro Aufpreis) einiges aus. Auch wenn der M4 mit dem adaptiven M-Fahrwerk (1.900 Euro extra) ausgestattet gehört, ist der Münchener Kraftprotz, wie es sich für einen Sportwagen gehört, keine Sänfte. In der Komfort-Einstellung hinterlassen Schlaglöcher und Querfugen eine deutliche Visitenkarte im Kreuz der Insassen. Da hilft es, dass die Sportsitze vorne bequem sind und guten Seitenhalt bieten.

Mit einem Durchschnittsverbrauch von 11,4 Litern ist der M4 kein Kostverächter. Wer Druck macht, lässt mehr als 14 Liter durchlaufen und nur bei zaghaftem und wenig artgerechtem Gasfuß sinkt der Durst an die Zehn-Liter-Marke. Bei den Fahrleistungen braucht sich der rasende Bajuware trotz des Leistungsdefizits zur direkten Konkurrenz nicht zu verstecken: in 4,3 Sekunden ist aus dem Stand die 100-km/h-Marke geknackt. Das klingt gut, ist aber auch knackig. Wenn man es mit dem Kavalierstart übertreibt, muss die Traktionskontrolle eingreifen und die Räder einbremsen, um die Kraft auf den Boden zu bringen. Lockert BMW die Geschwindigkeits-Zügel ein wenig, sind statt der selbstkasteienden Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h immerhin 280 km/h drin.

Beim täglichen Verkehrsgetümmel einer deutschen Großstadt ist eine gute Rundumsicht durchaus hilfreich. Die ist beim BMW M4 Coupé vor allem nach hinten nur bedingt gegeben. Die breiten C-Säulen und die Kopfstützen der Rückbank engen die Übersicht ein. Da lohnt sich in der Preisliste das Kreuz bei der Rückfahrkamera (420 Euro), der Parksensoren (750 Euro), der Vogel-Perspektive-Surround-View (740 Euro) und dem Toter-Winkel-Assistent (560 Euro) zu machen. Dazu kommen natürlich noch die 72.500 Euro, die man für das M4 Coupé hinblättern muss. Eine gute Note verdient sich der Münchener mit dem adaptiven LED-Licht, das die Fahrbahn vernünftig ausleuchtet.

Wer sich den M als Coupé holt, für den steht Praktikabilität sicher nicht an erster Stelle. Aber manchmal muss halt doch der Großeinkauf transportiert werden. Immerhin passen in den Kofferraum 445 Liter, allerdings ist im Alltag hier der Weg das Ziel, oder eben nicht. Denn die Heckklappe schwingt nicht sehr weit auf und die Ladeluke ist auch nicht besonders groß. Auch wenn sich die Lehnen der Rücksitzbank asymmetrisch umlegen lassen, täte ein Skisack dem M4 Coupé gut. Aber dafür gibt es einen Dachträger (203 Euro), der aber nur in Verbindung mit dem Glasschiebedach installiert werden kann. Letzteres ist zwar umsonst, aber dann muss man auf das Carbondach verzichten und so einen Tod sterben. Die elegante Coupé-Silhouette mit der abfallenden Dachlinie resultiert auch in sehr beengten Platzverhältnissen auf der Rückbank. Personen, die über 1,80 Meter groß sind, kriegen hinten ein Kopf-Platzproblem. Aber wer will in einem solchen Sportler schon hinten sitzen?
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: Autoplenum, 2015-07-07

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