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Testbericht

3. April 2008
Porto Vecchio (Korsika), 3. April 2008 - Eine klassische Schönheit, eine diesel-befeuerte Skulptur aus Kunststoff und Blech, eine Design-Ikone auf vier Rädern. All das ist der Renault Laguna nun wirklich nicht - auch nicht im neuen GT-Trimm. Aber halt: Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Und was für Menschen oder Moden gilt, das gilt für Autos doppelt: Das absolut hässliche oder das absolut schöne Auto gibt es schlichtweg nicht: Irgendwo wird sich immer irgendjemand finden, der etwa einen Jaguar E-Type hässlich oder einen Fiat Multipla der ersten Generation wunderschön findet. Insofern muss sich der große Franzose sicher nicht grämen, denn trotz seines leicht glubschäugigen Gesichts, das in Verbindung mit dem breiten Lufteinlass darunter ein wenig an einen Frosch erinnert, wird das Design des Laguna GT sicherlich seine Fans finden. Auf schnell geschminkt Dem sportlichen Top-Modell der Laguna-Familie haben die Macher bei Renault nämlich einen deutlich aggressiveren Look verpasst. Durch ein großes, schwarzes Lüftungsgitter in der Front saugt der Motor frischen Sauerstoff, die angedeuteten Schlitze vor den vorderen Radläufen hingegen sind funktionslos. Xenon-Lampen (mehr Licht) und deren abgedunkelte Glasabdeckungen (mehr Überholprestige) komplettieren das Gesicht des familientauglichen Sportsmanns. Zusätzliche Erkennungsmerkmale sind die mattschwarz lackierten Außenspiegelgehäuse und die frech unterm Heck hervorlugenden Chromendrohre. Durch die jagt sowohl unser Diesel-GT als auch dessen 204-PS-starker Bruder mit Turbo-Benzinmotor die Abgase ins Freie.

Das aktuelle Sportstudio Im Innenraum geht's zum Thema "Sport" heiter weiter: Die hervorragend konturierten Sitze bieten sehr guten Seitenhalt und einen gelungenen Mix aus Straffheit und Komfort. Genau wie die Dreierbank im Fond sind die vorderen GT-Sessel mit einer Kombination aus schwarzem Leder und grauem Alcantara bezogen, die von schicken weißen Kontrastnähten zusammengehalten wird. Passend dazu gibt's ein ebenfalls weiß abgestepptes, dick umschäumtes Sportlederlenkrad, das schön satt in der Hand liegt. Weitere neue Details im Innenraum sind ein kugelrunder Schalthebelkopf und rennmäßige Pedale, beide aus echtem Aluminium. Andere Zierelemente im Cockpit imitieren das matt glänzende Leichtmetall hingegen nur, so etwa die große Plastikabdeckung auf der Mittelkonsole. Gerade letztere dürfte im Umfeld des ansonsten ansprechend gestalteten und gut verarbeiteten Cockpits nicht jedermanns Geschmack treffen. Ebenfalls nicht optimal ist der kleine wackelige Joystick vor der Mittelarmlehne, mit dem Infotainment und Bildschirmnavi gesteuert werden. Kräftig, drehfreudig, ruhig Die Versprechen des GT-Zierrats muss bei unserem Testwagen ein Zweiliter-Turbodiesel mit 178 PS und strammen 400 Newtonmeter Drehmoment einlösen. Der zieht ordentlich durch und beschleunigt den großen Kombi auf respektable 213 km/h. Er bietet aber nicht den ultimativen Punch, den sich manche in diesem Umfeld erhoffen würden. Der ähnlich starke Diesel des Saab 9-3 1.9 TTiD SportCombi etwa wirkt klar spritziger. Dafür begeistert der Renault-Motor mit beispielhafter Laufruhe und dreht erstaunlich hurtig bis in den Begrenzer. Der Verbrauch liegt mit 6,7 Liter auf 100 Kilometer (Werksangabe) im Klassenschnitt. Wer es, wie wir auf Korsika, extrem flott angehen lässt, der kann den Durchschnittsverbrauch aber auch locker über zehn Liter pro 100 Kilometer treiben.

Wendig dank Allradlenkung Aus einem normalem Laguna kommend, fallen zunächst natürlich die GT-spezifischen Ausstattungsmerkmale wie Sportlenkrad und -sitze auf. Die bleibenderen Eindrücke hingegen muss man sich erfahren. Die wichtigste Zutat des GT-Pakets ist nämlich eine technische Neuerung namens "Active Drive". Dahinter verbirgt sich die erste Allradlenkung, die es je für einen Serien-Renault gab. Über ein elektrisches Stellsystem schlagen die Hinterräder des GT maximal 3,5 Grad nach rechts oder links ein. Das System wird von der Fahrzeugelektronik per CAN-Bus-Netzwerk gesteuert und ist tatsächlich mehr als ein Gimmick. Trotz einer Außenlänge von 4,80 Meter lässt sich der GT nämlich auf den engen Landsträßchen von Korsika in einem Zug wenden. Kein Wunder, denn mit einem Wendekreis von 10,30 Meter markiert der Renault einen rekordverdächtigen Wert in seiner Klasse. Zum Vergleich: Ohne Allradlenkung benötigt er 11,05 Meter. Möglich wird dies, weil das System bis etwa 60 km/h die Hinterachse entgegen der Lenkrichtung der Vorderräder einschlägt. Oberhalb von 60 km/h hingegen lenken beide Achsen in die gleiche Richtung, und das wiederum hat in engen Kurven ungeahnte Konsequenzen. Gnadenlos neutral Neben dem straff - aber nicht unkomfortabel - abgestimmten Sportfahrwerk und der direkten Lenkung ist es die aktive Hinterachse, die hauptsächlich für die Aha-Momente bei engagierter Fahrt sorgt. Das System ist nämlich als eine Art dynamischer Rettungsanker vor das ESP geschaltet. Sobald die Elektronik in einer dynamischen Fahrsituation Regelbedarf entdeckt, lenkt zunächst die Hinterachse mit, um den Wagen auf Linie zu halten. Erst wenn das nichts mehr nützt, schaltet sich das ESP zügelnd ein. Und das bringt mehr Fahrdynamik, denn "Active Drive" bremst nicht ab, es lenkt mit. Hinterm Steuer lässt sich das als äußerst neutrales Kurvenverhalten erfahren - so neutral, dass es manchmal schwer fällt zu glauben, dass man hier mit einem Fronttriebler durch die Kehren jagt. Selbst mit dem schweren Dieselmotor auf der Vorderachse will die Laguna Front in Spitzkehren nicht geradeaus weiterfahren, sondern lässt sich gar durch Erhöhung des Lenkwinkels noch weiter in die Kurve hinein "reißen". Statt zu untersteuern, schiebt die Fuhre dabei sanft über alle vier Räder in Richtung Außenrand.

Richtig günstig Das einzige Problem der Aktivlenkung: Man muss sie tatsächlich selber "erfahren", um sich von ihr überzeugen zu lassen. Das sieht auch Renault so und bietet den Laguna GT daher zum Kampfpreis an. Unser Diesel-Kombi kostet ohne Zusatzextras 33.000 Euro, noch günstiger ist aber der Turbo-Benziner als Limousine für 30.500 Euro. Dafür gibt's nicht nur die lenkende Hinterachse, sondern auch edle Goodies wie Leder-/Alcantara-Sportsitze, Xenonlicht, Klimaautomatik, 18-Zoll-Alufelgen oder ein MP3-Radio. Zum Vergleich: Ein ähnlich hochgerüsteter VW Passat TDI Sportline Kombi mit 170 PS kostet deutlich über 40.000 Euro.
Technische Daten
Antrieb:Frontantrieb
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Schaltgetriebe
Motor Bauart:Turbodiesel-Reihenmotor, DOHC
Hubraum:1.995
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:4
Leistung:131 kW (178 PS) bei UPM
Drehmoment:400 Nm bei 2.000 UPM
Preis
Neupreis: 33.000 € (Stand: April 2008)
Fazit
Renault hat Recht: Man muss tatsächlich selber "erfahren", wie ein so großer Fronttriebler derart neutral durch die engsten Kurven geht - noch dazu ein Fronttriebler mit relativ schwerem Dieselmotor. Kritik gibt's nur für Kleinigkeiten: Die Schaltung ist etwas zu wabbelig, das Plastik-Alu im Cockpit Geschmackssache und die Navi-Stimme nervt. Wen diese Punkte und das gewöhnungsbedürftige Design nicht stören, der sollte den Renault-Sportkombi unbedingt in die engere Wahl nehmen. Selbst wer sich aus knackigem Fahrwerk und erstaunlich agilem Handling nichts macht, sollte spätestens beim unschlagbaren Preis-Leistungsverhältnis hellhörig werden. Das allein schon macht den Laguna GT zu einem ganz heißen Tipp in der Mittelklasse
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: auto-news, 2008-04-03

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