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Testbericht

Stefan Grundhoff, 24. Januar 2008
Mercedes hat für seine neue C-Klasse monatelang getrommelt. Der Star der Mittelklasse sollte in der neuen Generation zum omnipotenten Alleskönner mutieren. Gut sieht er ja aus – doch wie fährt er sich?

"Die neue Mercedes C-Klasse soll nicht dezent im Hintergrund spielen", leitet Mercedes-Chef Dieter Zetsche seine Rede ein: "Er soll die erste Geige spielen." Bereits bei der Weltpremiere der neuen Mercedes C-Klasse vor zwei Monaten überschlugen sich Ingenieure, Designer und Vorstand der schwäbischen Autobauer mit Superlativen. Jetzt gibt ist die Probe aufs Exempel möglich.

Aussehen, Verarbeitung und Platzangebot – da gibt es bei dem neu gebackenen Konkurrenten von 3er BMW und Audi A4 nichts zu meckern. Die echten Qualitäten zeigen sich jedoch auf der Straße. Unser Testwagen ist strahlend weiß – nicht gerade massentauglich, aber derzeit scheinbar ein Muss in den internationalen Kreativabteilungen. Innen gibt es wohltuend schwarzes Leder, bequeme Sitze und eine nahezu perfekte Bedienung. Etwas mehr Pfiff bei der Gestaltung des Armaturenbretts würden sich allerdings vor allem Piloten unter der magischen 50-Jahre-Grenze wünschen.

Aber was soll's: Mercedes kennt seine Kunden und ihren Geschmack besser als alle anderen. Die Käufer der Limousine haben ein Durchschnittsalter von 56 Jahren. Bei dem im Herbst folgenden T-Modell ist die Klientel immerhin sieben Jahre jünger. Mit der neuen Mercedes-Mittelklasse will man nun jüngere Kunden ansprechen. Lenkrad, Schlüssel, Bedienelemente und Schaltung – alles vertraut. Wenn etwas auffällt, dann Navigationsbildschirm, der ähnlich wie beim Audi A8 aus der Mittelkonsole ausfährt und über alles Wichtige informiert, was nicht mehr in das Info-Display im zentralen Rundtacho passt.

Neben dem Klappbildschirm überraschen am neuen "C" die Triebwerke – indem sie nicht überraschen. Die neue C-Klasse wurde in den vergangenen vier Jahren von Grund auf neu entwickelt. Bis auf die nahezu identische Vorderachse blieb nichts beim Alten – doch neue Triebwerke sucht man in der Datentabelle vergeblich. Ok, modifiziert wurde hier und da. Doch wirklich Neues wird es erst nächstes Jahr mit dem C 220 Bluetec geben. Der soll trotz 170 PS und unter Einhaltung der erst ab dem Jahr ab 2015 verbindlichen Schadstoffklasse Euro-6 nur 5,5 Liter verbrauchen.

"Die neue Generation hat mehr als 24 Millionen Testkilometer zurückgelegt", sagt Zetsche. "Das sind dreimal soviele wie beim Vorgänger." Dass die neue C-Klasse nicht dreimal so gut fährt, liegt an dem seit 2000 gebauten Vorgänger selbst. Der alte "C" war vor allem nach der letzten Modellpflege ein exzellentes Auto ohne echte Schwächen. Mit Motoren und Ausstattungsvarianten für jeden und alles. Das macht es dem Neuen besonders schwer, sich - abgesehen vom Design - kraftvoll von ihm abzusetzen.

Er fährt sich gut. Lässig, souverän und in jeder Beziehung ohne Fehl und Tadel. Doch so sportlich wie Zetsche seinerzeit proklamiert hatte, ist er nicht. Das liegt nicht nur an der grundsätzlich komfortorientierten Fahrwerksabstimmung. Das liegt insbesondere an der Lenkung, die nicht an das avisierte Referenzmodell 3er BMW heranreicht. Die Lenkung ist vor allem bei flotter Fahrt zu leichtgängig und lässt Kontakt zur Straße vermissen. Die leicht breitere Spur macht sich dagegen ebenso positiv bemerkbar wie die gute Gewichtsverteilung von 52:48 zugunsten der Vorderachse. Erfreulich zudem: Das Gewicht blieb trotz größerer Abmessungen und mehr Ausstattung nahezu identisch. Wer die Sporttaste des Advanced-Agility-Pakets (1.120 Euro Aufpreis) drückt, bekommt etwas mehr Kontakt zum Gas und ein strafferes Ein- und Ausfedern – wirklich viel tut sich jedoch nicht. Daran ändert auch der bulligere Kühlergrill des Avantgarde-Modells nichts. So bleibt die C-Klasse das, was sie schon bisher war: Der zur Zeit wohl beste Kompromiss in der Premium-Mittelklasse.

Beim Publikum scheint das neue Doppelgesicht gut anzukommen. "Mehr als 60.000 Vorbestellungen liegen bereits beim Handel. Und auf dem US-Markt ist das neue Modell noch gar nicht eingeführt", erklärt Michael Krämer, Entwicklungschef der C-Klasse. Die Wartezeit geht bereits in Richtung fünf Monate.

Wer sich nicht für den Volumendiesel C 220 CDI begeistern kann, findet sicher Interessa am C 28, der mit 170 kW/231 PS und 300 Nm Drehmoment mehr als souverän motorisiert ist und mit 250 km/h Spitze nur selten an seine Grenzen kommt. Doch ein Einstandspreis von 35.740 Euro und ein Durchschnittsverbrauch von 9,4 Litern Super (226 g/km CO2) für eine in der Basis alles andere als komplett ausgestattete Limousine sind ein gewichtiger Grund, nach anderen Motorvarianten zu sehen. Doch auch der C 220 CDI startet bereits bei 34.212 Euro. 125 kW/170 PS und 400 Nm Drehmoment dürften jedoch allemal reichen, um den 1,5 Tonnen schweren Diesel in jedem Fahrzustand ebenso bei Laune zu halten wie seinen Fahrer. Der Durchschnittsverbrauch soll bei 6,1 Liter Diesel auf 100 Kilometern liegen. Noch mehr eingespart werden soll im nächsten Jahr. Neben mindestens einer Bluetec-Version soll mittelfristig auch die derzeit aufkommende Start-Stopp-Technik Einzug in die neuen Modelle halten.

Quelle: Autoplenum, 2008-01-24

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