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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 19. November 2017

Jaguar setzt weiter auf die SUV-Karte und greift mit dem E-Pace nicht nur den Audi Q3, sondern auch den Konzernbruder Range Rover Evoque an. Der Briten-Crossover hat das Zeug zum Erfolgsmodell aber auch Schwächen.

Besser gut geklaut, als schlecht selbst gemacht. Dieses Sprichwort trifft auch auf den Jaguar E-Pace zu. Wenn man genau hinschaut findet man am Auto kleine, witzige Anspielungen, wie zum Beispiel die ihrer Mutter hinterhertrottenden Baby-Raubkatze auf der Frontscheibe oder Jaguar-Tatzen-Muster auf dem Schulterbereich der Sitze. Bei Jeep nennen sie diese versteckten Anspielungen "Easter Eggs", also Ostereier, die man erst finden muss. Trotzdem gilt auch beim E-Pace, das Motto des sagenhaften Königs Midas: Alles was Jaguar anfasst, wird zu Gold. Die Baby-Raubkatze wird vermutlich der nächste Bestseller. Das liegt in erster Linie am Design, das null Komma null an den Konzern-Bruder Range Rover Evoque erinnert, sondern die F-Pace Silhouette eine Nummer kleiner gekonnt auf die Räder stellt. Die lifestylehungrigen Großstadt-Damen -und nicht nur die - werden den E-Pace mit Freude entern und die Louis Vuitton Tasche mit Schwung auf den Beifahrersitz platzieren. Der Stolz über die gelungene Silhouette ist den Jaguar-Managern deutlich anzumerken: Der oberste Formengeber Ian Callum nennt seine jüngste Kreation liebevoll "Cub" (Jaguar-Junges).

Im Interieur wird die Verwandtschaft zum dann doch Evoque sichtbar. Im Vergleich zum modernen Cockpit des Range Rover Velar ist der Innenraum des E-Pace ein Schritt zurück, was nicht per se schlecht sein muss. Statt eines zweiten Touchscreens betätigt man einige Funktionen mit traditionellen Druckknöpfen, also ist auch das gesamte Bedienkonzept nicht so ausgetüftelt, wie beim Velar. Allerdings handelt es sich ja beim E-Pace um ein Kompakt-SUV und in diesem Segment sitzen die Geldscheine nicht ganz so locker, wie beim Luxus-Kreuzer. Immerhin: Das Cockpit ist mit dem optionalen 12,3 TFT-Display, das die Rundinstrumente digital anzeigt, verströmt eine sportliche Attitüde. Viele Ablagen und fünf USB-Anschlüsse sind praktisch und sinnvoll zugleich.

Nicht alles ist im Jaguar E-Pace Premium: Das Plastik rings um den Zehn-Zoll-Touchscreen könnte wertiger sein und die Rasterung der Drehknöpfe etwas satter. Das Head-Up-Display ist heller als bisher. Bei der Ausstattung lassen sich die Briten nicht lumpen: Voll-LED-Licht und eine Rückfahrkamera sind serienmäßig. Helfer, wie ein Toter-Winkelassistent oder ein aktiver Notbremsassistent erleichtern das Fahren. Platz ist im 4,40 Meter langen E-Pace reichlich vorhanden: Aufgrund der quereingebauten Motoren sitzen Erwachsene vorne und hinten bequem mit genug Kopffreiheit. Das Kofferraum-Volumen beträgt 577 bis 1.234 Liter, allerdings entsteht beim Umlegen der Rücksitzlehnen ein leicht ansteigender Boden und die Ladekante ist etwas hoch.

Im Gegensatz zum Evoque soll der E-Pace die sportliche Karte spielen und dynamisch im Segment vorne mitfahren. Dafür haben die Techniker unter anderem die Stabilisatoren und die Fahrwerks-Lagerbuchsen verstärkt und die Mehrlenker-Hinterachse vom F-Pace installiert und damit es in Kurven ordentlich vorangeht, ist bei allen Modellen mit Ausnahme der 150-PS-Einstiegsvariante, der Allradantrieb serienmäßig. Der verrichtet seinen Job zuverlässig, zum Sportler macht er den 1.894 Kilogramm schweren Briten dennoch nicht. Selbst der 221 kW / 300 PS starke Vierzylinder-Benziner fühlt sich trotz seines maximalen Drehmoments von 400 Newtonmetern, schwächer an.

Schuld an der bescheidenen Vorstellung des Top-Triebwerks ist nicht die Ingenieurskunst, sondern die Neungang-Automatik, die auch im Evoque für Stirnrunzeln sorgt. Selbst der "Dynamic"-Fahrmodus bringt da wenig Linderung. Auch die Lenkung könnte auskunftsfreudiger und die Bremse exakter dosierbar sein. Zumal der stärkste E-Pace nach 6,4 Sekunden Landstraßentempo erreicht, bis 243km/h schnell ist und im Schnitt 8,0 l/100 km verbraucht. Am Erfolg des E-Pace wird das wenig ändern. Allerdings ist der Jaguar mit dem 110 kW / 150 PS Turbodiesel mit einem Basispreis von 34.950 Euro alles andere als ein Schnäppchen. Zum Vergleich: Ein vergleichbarer Audi Q3 2.0 TDI schlägt mit bei 33.000 Euro zu Buche. Für die HSE-Ausstattung in Kombination mit dem 300 PS-Turbobenziner und dem R-Dynamic-Paket muss man mindestens 63.550 Euro hinlegen.

Technische Daten
Antrieb:Allradantrieb
Getriebe:Neungang-Automatik
Motor Bauart:Vierzylinder-Turbobenziner
Hubraum:1.998
Drehmoment:400 Nm bei 1.500 bis 4.500 UPM
Preis
Neupreis: 63.550 € (Stand: 2017-11-19)
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2017-11-19

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