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Testbericht

Holger Holzer/SP-X, 6. September 2018

SP-X/Köln. Die Rollen in der japanisch-deutsch-französischen Pick-up-Kooperation sind etwas ungleich verteilt:

Der Nissan Navara spielt das kernige Nutzfahrzeug, die Mercedes X-Klasse den bulligen Luxus-Lifestyler – und für den Renault Alaskan bleibt nur noch der Platz in der Mitte zwischen diesen beiden Polen übrig. Dort richtet es sich der Franzose jedoch ganz bequem ein. Während der Nissan Navara vom Blechschwein für den harten Gewerbe-Alltag bis zum Freizeit-Allrader diverse Rollen spielen kann, ist der Renault zumindest in Deutschland auf den Einsatz als kernige SUV-Alternative gepolt. Finden sich in der Preisliste des japanischen Schwestermodells elf Varianten – darunter auch solche mit Hinterradantrieb oder einer zweitürigen „King-Cab“-Kabine – sind es bei dem Franzosen gerade einmal drei. Allradantrieb ist immer an Bord, genauso die viertürige „Double Cab“. Eine Auswahl gibt es lediglich beim 2,3-Liter-Dieselmotor (entweder 120 kW/163 PS oder 140 kW/190 PS, optional mit Automatik) und bei der Ausstattung. Die ist schon in der Basis (ab 36.901 Euro) relativ umfangreich, beim stärkeren Diesel (ab 41.507 Euro) fast schon üppig.

Viele Kunden dürften jedoch gleich das Top-Niveau für 3.500 Euro Aufpreis wählen und dann ein voll-ausgestattetes Auto erhalten, das neben 18-Zoll-Felgen, Navigationssystem und Zweizonen-Klimaautomatik auch Umfeld-Kameraüberwachung und Lederpolster bietet. Voll bestückt kann sich der Alaskan im Inneren durchaus sehen lassen, das Design- und Komfort-Niveau moderner SUV erreicht er aber bei weitem nicht. Dafür finden sich in seinem Cockpit zu viele Nutzfahrzeug-Spuren wie die sehr wuchtige Mittelkonsole, pflegeleichte, aber nicht hochwertig wirkende Kunststoffe und ein Infotainment-System, das seine besten Tage bereits hinter sich hat. In Sachen Interieur muss der Renault sich somit um Längen hinter seinem deutschen Modellbruder, der Mercedes X-Klasse einordnen. Die Stuttgarter haben die Renault-Nissan-Möblierung komplett durch eine Hochglanz-Wohnwelt im Stil von C-Klasse und Co. ersetzt.

Allerdings hat das seinen Preis: Schon das günstigste Allradmodell kostet bereits knapp 40.000 Euro, kommt aber innerlich und äußerlich ziemlich nackt daher. Von außen macht der etwas ungeschlachte Arbeiter-Stil des Alaskan deutlich mehr her als im Innenraum: die mächtige Motorhaube, die immense Länge von 5,40 Metern und die robusten Planken und Trittbretter dürften die Augen all derjenigen erfreuen, denen zeitgenössische SUV und Geländewagen zu rundgelutscht daherkommen. Auch im Gelände oder als Zugfahrzeug hängt der Alaskan die Crossover-Konkurrenz ab, wenn nötig. Auf den permanenten Allradantrieb des Mercedes verzichtet er zwar, die zuschaltbare Vorderachse plus optionaler Differenzialsperre dürfte abseits befestigter Straßen allerdings ähnlich gut funktionieren.

Haupteinsatzgebiet des Pick-ups ist aber der Asphalt. Dort schlägt er sich für ein robustes Nutzfahrzeug richtig gut, nicht zuletzt dank der in diesem Segment seltenen Schraubenfedern an der Hinterachse. Die schlucken das typische Pritschenwagen-Trampeln verlässlich weg und bieten mehr Fahrkomfort als die anderswo eingesetzten Blattfedern. Kurven durchfährt der Zweitonner zwar besser vorsichtig, auf gerader Strecke liegt er aber ruhig und verbindlich auf dem Asphalt. Wirklich schwer macht es einem der Renault lediglich in der Stadt, wo Länge, Breite und ausladender Wendekreis vom Fahrer besondere Aufmerksamkeit verlangen. Vor allem bei der Parkplatzsuche wirkt das Auto noch größer und ausladender als es eh schon ist. Selbst der stärkere der beiden verfügbaren Dieselmotoren lässt den massigen Koloss nicht wirklich handlicher wirken: Beim Anfahren dauert es ein paar Millisekunden, bis die durchaus üppigen 450 Nm durch Kardanwelle und Differenzial zu den Rädern gezittert sind und den Alaskan in Bewegung setzen. Einmal in Fahrt lässt sich der Vierzylinder dann zwar gefühlt nicht mehr stoppen, Zwischenspurts zum Überholen sind sein Ding aber nicht. Wer mit modernen SUV mithalten will, wünscht sich da möglicherweise einen Sechszylinder – den gibt es aber einzig für die X-Klasse.

Der Alaskan ist die edle Lifestyle-Alternative zum eher rationalistisch positionierten Nissan Navara. Dass er an das Niveau der noch einmal schickeren X-Klasse nicht herankommt, schlägt sich im deutlich günstigeren Preis nieder. Den Komfort und die Geschliffenheit eines SUV darf man aber weder vom Renault noch von seinen beiden Schwestermodellen erwarten. Dafür kann es mit dem bulligen Franzosen im Notfall auch einmal ins Gelände gehen. Und einen Anhänger nimmt er ebenfalls mit Leichtigkeit an den Haken. Technische Daten – Renault Alaskan: Viertüriger, fünfsitziger Pick-up, Länge: 5,40 Meter, Breite: 1,85 Meter, Höhe: 1,81 Meter, Radstand: 3,15 Meter, Ladefläche: 2,46 Quadratmeter, Anhängelast: 3.500 Kilogramm, Leergewicht: 2.091 Kilogramm, zulässiges Gesamtgewicht: 3.035 Kilogramm 2,3-Liter-Vierzylinder-Diesel, 6-Gang-Schaltgetriebe (7-Gang-Automatikgetriebe), 140 kW/190 PS, maximales Drehmoment: 450 Nm bei 1.500 U/min, 0-100 km/h: 10,8 s, Vmax: 185 (180) km/h, Durchschnittsverbrauch: 6,3 (6,9) Liter/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 167 (183) g/km, Testverbrauch: 8,5 l/100km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: B, Preis: 41.500  Euro. Kurzcharakteristik: Warum: gute Offroad-Eigenschaften, hohe Zugkraft, großer Coolness-Faktor Warum nicht: in der Stadt unhandlich, kein Kofferraum Was sonst: Ford Ranger, Mitsubishi L200, VW Amarok, Nissan NavaraDie Auswahl im Pick-up-Segment ist aktuell so groß wie selten zuvor. Der Renault Alaskan muss sich aber nicht nur gegen VW Amarok, Ford Ranger und Co. behaupten, sondern auch gegen zwei nahe Verwandte.

Fazit

Die Auswahl im Pick-up-Segment ist aktuell so groß wie selten zuvor. Der Renault Alaskan muss sich aber nicht nur gegen VW Amarok, Ford Ranger und Co. behaupten, sondern auch gegen zwei nahe Verwandte.

Testwertung
4.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2018-09-06

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