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Testbericht

Wolfram Nickel/SP-X, 29. Mai 2016

Pinifarina-Blechkleid und 2,5-Liter-Vierzylinder-Boxermotor – der erstmalig 1976 vorgestellte Lancia Gamma zählt fraglos zu den Leckerbissen der Autobaukunst. Trotz einer gewissen Extravaganz und einiger technischer Höhepunkte blieb dem Gamma-Duo, bestehend aus Berlina und Coupé, der Erfolg verwehrt.
 
22.000 Autos in mehr als acht Produktionsjahren waren die bittere Bilanz. Für diesen Misserfolg lassen sich auch klare Gründe benennen: Der fast 200 km/h schnelle und mit feinstem Conolly-Leder ausgestattete Italiener war zu teuer und technisch zu anfällig.
 
Präsentiert wurden Gamma Berlina und Gamma Coupé sowohl von Lancia als auch von Pininfarina auf dem Genfer Salon 1976. Zunächst hatte alles gut begonnen. Die Medien lobten das geräumige und stilvolle Lancia-Interieur und ganz besonders die großen Boxer-Motoren mit einer Laufkultur und Leistungsentfaltung, die „vielen Sechszylindern in nichts nach steht“. Dazu das Fahrwerk mit einer „prächtigen Mischung aus Komfort und Unproblematik“. Schier grenzenlos war die Begeisterung über die eigenständigen Coupé-Linien.
 
Das Coupé präsentierte Pininfarina deshalb in drei weiteren schönen Spielarten. Zuerst 1978 als Showcar Targa Spider mit herausnehmbaren T-Bar-Dachteilen, vier Jahre später als Stufenhecklimousine Scala und schließlich auf dem Pariser Salon 1984 als Shootingbrake Olgiata. Da war der erfolglose Serien-Gamma allerdings bereits eingestellt.
 
Der Gamma floppte vor allem, weil er seine Besitzer mit seinen technischen Problemen oft zur Verzweiflung brachte. Ein Grund für die hohe Pannenanfälligkeit lag unter anderem in einer viel zu kurzen Entwicklungszeit. Ganz besonders galt das für die Vierzylinder-Boxermotoren, einen 103 kW/140 PS starken 2,5-Liter und einen 88 kW/120 PS leistenden 2,0-Liter.
 
Motorprobleme waren bei dem zum Überhitzen neigenden Mammutvierzylinder keine Seltenheit und auch die Elektrik streikte unangemessen oft. Gar nicht zu reden von den rasch rostenden Blechen. Und dann waren da noch die exorbitant hohen Preise: Mit über 34.000 Mark war das Coupé um ein Drittel teurer als die Berlina und bewegte sich fast auf dem Niveau der Achtzylinder-S-Klasse.
 
Bei zwei Facelifts stellte Lancia die technischen Defizite ab, allein der Ruf des Gamma war bereits nachhaltig ruiniert. Deshalb brachte auch ein 1980 eingeführter Einspritzmotor keinen neuen Schwung mehr. Die von Giorgetto Giugiaro 1978 gezeichnete Stilstudie Megagamma wies zwar den Weg zu den fünftürigen Minivans der 1980er Jahre, ging aber dennoch nicht in Serie. Auf eine große Heckklappe für die Gamma Limousine hatte Lancia übrigens bewusst verzichtet, hätte diese doch damals vermeintlich schädliches Kombiflair in die feine Businessclass gebracht.
 
Lancia setzte beim Ende 1984 gezeigten Nachfolger des Gamma jedenfalls wieder konsequent auf klassische Stufenhecklinien. Tatsächlich wurde der darin eingekleidete Thema ein Bestseller, von dem die 16-fache Stückzahl des erst heute wirklich gesuchten Gamma verkauft wurden.

Fazit
Technisch und optisch konnte der 1976 erstmalig vorgestellte Lancia Gamma viele begeistern. Doch trotz des positiven Medienechos floppte der Italo-Beau grandios. Heute ist er eine gesuchte Rarität.
Testwertung
3.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2016-05-29

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