Alle Antworten zu Diesel-Fahrverbot und blaue Plakette

Alles, was du über blaue Plakette und Diesel-Fahrverbote wissen musst.

Neues Jahr, neues Glück? Leider nein, denn für viele Autofahrer kann es schnell ungemütlich werden. Ab Ende Februar 2018 verhandelt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über mögliche Fahrverbote für Kraftfahrzeuge. Wie geht's mit Diesel Fahrern weiter? Nach den wenig hilfreichen Dieselgipfeln sowie etlichen Diskussionsrunden in der Politik ist bisher nur eines gewiss: Alles ist offen. Im Chaos rund um eine mögliche blaue Umweltplakette sowie lokale Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge haben Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Blaue Plakette

  1. Was ist die blaue Plakette?
  2. Wann kommt die blaue Plakette?
  3. Wer bekommt die blaue Plakette?

Fahrverbote

  1. Kommt das Diesel-Fahrverbot 2018?
  2. Ab wann kommen Fahrverbote für Diesel?
  3. Wären Fahrverbote rechtlich erlaubt?
  4. Fahrverbote - Wer darf in die Stadt?
  5. Welche Städte wollen Diesel-Fahrverbote?
  6. Fahrverbote auch auf dem Land?
  7. Fahrverbote für Benziner?
  8. Dürfen Oldtimer in die Umweltzone fahren?
  9. Fahrverbote für Diesel-Lkw?

Umrüstungen

  1. Euro 6 zum Nachrüsten?
  2. Reichen Software-Updates aus?
  3. Wer zahlt Diesel Nachrüstung?

Blaue Plakette

1. Was ist die blaue Plakette? – Noch ist sie nur eine Idee.

Die blaue Plakette ist lediglich ein Vorschlag für eine neue Schadstoffklassifizierung. Ähnlich wie bei den bisherigen Umweltplaketten (rot, gelb & grün) soll mit ihr geregelt werden, welche Zonen ein Kfz passieren darf. Solange es keine Gesetze zur blauen Plakette gibt, wird Dein Auto keine neue Umweltplakette bekommen.

2. Wann kommt die blaue Plakette? – Es ist ungewiss.

Ob und wann es konkret zu welcher Art von Fahrverboten kommen wird und in welcher Form diese in welchen Straßen und Zonen umgesetzt werden, ist noch nicht festgelegt. Bisher gibt es weder passende Gesetze noch sonstige Initiativen der Politik. Das CSU-geführte Bundesverkehrsministerium lehnt die blaue Plakette kategorisch ab. Aller Voraussicht nach wird auch die kommende Regierung das Projekt weiterhin auf Eis legen. Wirtschaftliche Interessen wiegen eben schwerer als Umweltschutz.

3. Wer bekommt die blaue Plakette? – Das ist auch unklar.

Die Deutsche Umwelthilfe veröffentlichte zusammen mit anderen Organisationen (BUND & NABU) Vorschläge für eine mögliche Plakette. Demnach sollen folgende Fahrzeuggruppen die blaue Plakette erhalten:

  • Benzin-Pkw ohne Direkteinspritzung ab Euro 3 und mit Direkteinspritzung ab Euro 6b
  • CNG-/LPG-Fahrzeuge ab Euro 3
  • alle Elektro-Fahrzeuge ohne Verbrennungsmotor
  • Diesel-PKW und leichte Diesel-Nutzfahrzeuge ab Euro 6 (auch Euro-5-Diesel mit Nachrüstungen)

Info: Die Deutsche Umwelthilfe e. V., BUND (Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland e. V.) und NABU (Naturschutzbund Deutschland e. V.) sind nichtstaatliche Umwelt- und Naturschutzverbände. Sie verfügen über ein Verbandsklagerecht. Beispiel: Die Deutsche Umwelthilfe hat bereits mehrfach Städte wegen dem Überschreiten der Schadstoffgrenzwerte verklagt – und Recht bekommen.Diesel-Lkw und -Busse über 2,61 Tonnen ab Euro 6

Fahrverbote

4. Kommt das Diesel-Fahrverbot 2018? – Ja, sie sind wohl unvermeidbar.

Grund dafür sind die nicht zuletzt durch den VW-Abgas-Skandal festgestellten Überschreitungen der EU-Stickoxid-Grenzwerte in knapp 90 deutschen Städten. Die EU führt deswegen gegen circa 70 deutsche Kommunen so genannte Vertragsverletzungsverfahren. Mögliche Folge: sehr hohe Strafzahlungen. Da Dieselmotoren in den Innenstädten hauptverantwortlich für den Stickoxid-Ausstoß sind, werden sie logischerweise zuerst „ausgesperrt“.

Info: Die EU hat für den Stickoxid-Anteil in der Außenluft einen Grenzwert festgelegt: Der Jahresmittelwert darf maximal 40 Mikrogramm pro m³ betragen. Kritiker merken an, dass der Grenzwert für Stickoxide am Arbeitsplatz im Jahresmittel fast 24-mal höher ist. Grund für die strengeren Werte in der Außenluft ist die hohe Belastung für gesundheitlich schwächere Menschen.

5. Ab wann kommen Fahrverbote für Diesel? – Es ist noch nicht bekannt.

Die meisten Politiker wollen Fahrverbote vermeiden. Am 22. Februar hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig jedoch einen Verhandlungstermin zu Diesel-Fahrverboten angesetzt. Die Entscheidung wurde um eine Woche vertagt. Grund für die Verhandlung sind Revisionen gegen gerichtlich angeordnete Fahrverbote in den Städten Stuttgart und Düsseldorf. Die Fahrverbotsurteile könnten also gemeinsam verhandelt werden. Dabei kann der Grundstein für Kommunen gelegt werden, selbständig lokale Fahrverbote auszusprechen.

6. Wären Fahrverbote rechtlich erlaubt? – Das ist ungewiss.

Die Einstellung der Justiz ist bisher eindeutig: Mehrere Verwaltungsgerichte sprachen sich bereits für Fahrverbote aus. Nachdem stets Einspruch erhoben wurde und Landesbehörden solche Maßnahmen nicht anordnen können, verhandelt nun die höchste deutsche Instanz darüber: das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Wenn dort ein Urteil gefällt wird, kann es bundesweit nicht mehr gekippt werden. Nur ein EU-Gerichtshof kann das Bundesverwaltungsgericht dann noch überstimmen. Dieses Szenario ist aber sehr unwahrscheinlich.

7. Fahrverbote - Wer darf in die Stadt? – Das wird sich zeigen.

Besonders hart würde das Fahrverbot Diesel-Fahrzeuge mit Euro-5-Klasse treffen. Vermutlich werden alle Motoren, die der Norm Euro 5 oder älter entsprechen, mit lokalen Fahrverboten belegt werden. Erstmals dürfen nur noch Diesel-Fahrzeuge, die der Abgasnorm Euro 6 entsprechen in die Stadt. Da sie jedoch in vielen Fällen deutlich mehr Stickoxide ausstoßen als erlaubt, drohen ohne Nachrüstungen Verbote. Auch wenn Du noch einen Euro-5-Diesel fährst, können Umrüstungen oder Softwareupdates ausreichen, um Fahrverboten zu entgehen. Ob das möglich ist, musst Du individuell mit dem Fahrzeughersteller klären.

8. Welche Städte wollen Diesel-Fahrverbote? – Das ist noch nicht geklärt.

Aller Voraussicht nach werden Verbote vorerst nur lokal verhängt werden. Das bedeutet, dass Dein Pkw einen Abgasgrenzwert einhalten muss, um bestimmte Straßen zu bestimmten Zeitpunkten befahren zu können. Derzeit haben knapp 90 Kommunen stellenweise Probleme mit der Einhaltung der Stickoxidwerte. In diesen deutschen Städten droht Autofahrern ein Fahrverbot:

  • Stuttgart: Das städtische Verwaltungsgericht hatte ursprünglich Fahrverbote durch ein Urteil in den Raum gestellt. Ab dem 01.01.2018 wären Fahrverbote theoretisch möglich gewesen. Die Landesregierung hat sich aber quergestellt und Sprungrevision beim Bundesverwaltungsgericht beantragt. Die unmögliche Kontrollierbarkeit der Fahrverbote sei kein Argument, entschied das Gericht. Am 22.02.2018 startet die mündliche Verhandlung.
  • Düsseldorf: Auch dort hatte das Verwaltungsgericht Fahrverbote für möglich erklärt. Die Landesregierung hat dies vorerst verhindert. Nun entscheidet das Bundesverwaltungsgericht darüber.
  • Hamburg: Teilstrecken einiger Straßen sollen für Lkw, die nicht der Euro-6-Norm entsprechen, sowie ältere Pkw gesperrt werden. Ein Gerichtsurteil steht noch aus.
  • München: Die bayerische Staatsregierung will Fahrverbote vermeiden. Pauschale Diesel-Fahrverbote in München sind weder praktisch noch juristisch umsetzbar. Ein Gerichtsurteil verpflichtete den Freistaat dazu, bis zum 31.12.2017 einen Plan zur Senkung der Stickoxide vorzustellen. Dies wurde aber ignoriert. Die Deutsche Umwelthilfe klagt deswegen auf Zwangsvollstreckung.
  • Weitere Städte, die von der Deutschen Umwelthilfe verklagt wurden: Aachen, Berlin, Bonn, Darmstadt, Essen, Frankfurt am Main, Mainz, Gelsenkirchen, Köln, Limburg, Reutlingen und Wiesbaden. Zusätzlich übt die Umweltorganisation Druck auf 40 weitere Städte aus.

9. Fahrverbote auch auf dem Land? – Nein.

Die Europäische Union hat sich auf Grenzwerte für Schadstoffe in Städten geeinigt. Für alle anderen Gebiete drohen Dir also keine akuten Fahrverbote. Gerade in ländlichen Gegenden ist die Konzentration der Abgase deutlich unter dem erlaubten Grenzwert.

10. Fahrverbote für Benziner? – Vorerst nicht.

Moderne Ottomotoren mit Direkteinspritzung stoßen eine hohe Anzahl von Partikeln an Ruß und Stickoxiden aus und sollten nicht unter die Euro 6 Norm fallen. Dennoch werden sie aber nicht als dringendes Problem angesehen. Benziner mit der alten Saugrohrtechnik verbrauchen zwar mehr Sprit, stoßen aber bauartbedingt wenig Stickoxide aus. Erst wenn mögliche Fahrverbote für Dieselmotoren nicht mehr ausreichen, könnte es auch die Benziner treffen.

11. Dürfen Oldtimer in die Umweltzone fahren? – Ja.

Für Oldtimer mit H-Kennzeichen gelten andere Schadstoffgrenzen. Solange diese nicht angetastet werden, ändert sich nichts an der Fahrerlaubnis. Derzeit gibt es keine Anzeichen, dass solch eine Änderung durchgeführt wird.

12. Fahrverbote für Diesel-Lkw? – Unter Umständen.

Auch für Lkw gelten gesonderte Abgasnormen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Lkw Fahrverbote erhalten werden, ist deutlich größer als bei Oldtimern. Es ist nämlich äußerst kompliziert Lkw mit Dieselmotoren auf das Niveau der Euro-1-Norm zu bringen. Derzeit stehen aber nur Fahrverbote für Pkw im Raum. Solange es keine Gerichtsurteile über weitere Verbote für Lkw gibt, sind sie also nicht betroffen.

Umrüstung

13. Euro 6 zum Nachrüsten? – Theoretisch ja.

Um den drohenden Diesel-Fahrverboten in deutschen Großstädten zu entgehen, können Diesel-Pkw mit Software- oder Hardware-Updates auf Euro-6-Norm umgerüstet werden. Für Motoren der Euro-5- und Euro-6-Norm sollte normalerweise eine neue Software ausreichen. In ältere Fahrzeuge bzw. neuere mit hohem Schadstoffausstoß kann man zusätzlich Teile wie einen Partikelfilter einbauen. Ein Gutachten für die Bundesregierung empfiehlt, flächendeckend SCR-Katalysatoren in Dieselautos nachzurüsten. Ob das ausreicht und wie teuer das wird, ist noch nicht vorhersagbar.

14. Reichen Software-Updates aus? – Das kommt auf das Auto an.

Softwareupdates für Deinen Diesel werden nur dann ausreichen, wenn die gesetzlichen Abgaswerte eingehalten werden. Im Extremfall könnten sogar Besitzer neuester Dieselmodelle der Schadstoffstufe Euro 6c bei der Einführung der blauen Plakette von einem Fahrverbot betroffen sein.

15. Wer zahlt Diesel-Nachrüstung? – Das ist eine sehr gute Frage.

Wer für die Umrüstungen zahlen soll, steht noch in den Sternen. Drei Parteien stehen sich gegenüber: Autohersteller, Staat und Verbraucher. Angesichts der starken Autolobby wird eine Umrüstung ohne Zusatzkosten eventuell bei Software-Updates aber wohl kaum bei Hardware-Updates möglich sein. Im Idealfall für den Verbraucher wird die Autoindustrie gerichtlich dazu gezwungen, für die nötigen Umrüstungen geradezustehen.