10 Jahre GPS - Bitte links abbiegen
Testbericht
Der Wegfall der systematischen Verzerrung des GPS-Signals im Mai 2000
ermöglichte den rasanten Siegeszug mobiler Navigationsgeräte im Auto.
Vor dem Zeitalter elektronischer Navigationssysteme, hatten die meisten
Autofahrer eine Vielzahl an Stadtplänen und Straßenkarten im Fahrzeug
liegen. Ohne aufgeschlagenen Stadtplan, unterstützt von zusätzlichen,
meist handschriftlichen Notizen zur korrekten Fahrstrecke auf dem
Beifahrersitz, wagte sich kaum ein Reisender in eine fremde Stadt. Fehlte
einschlägiges Kartenmaterial, wurde es an der nächstgelegenen
Verkaufstelle besorgt. Nach einem heroischen Kampf mit dem sperrigen
Papierungetüm gelang in der Regel die Orientierung und die Fahrt konnte
fortgesetzt werden. Diese mühevolle Arbeit übernehmen heutzutage kleine
elektronische Helfer in Armaturenbrett und vor der Windschutzscheibe. Der
so freigeräumte Beifahrersitz kann wieder seiner ursprünglichen
Bestimmung zurückgegeben werden.
Zu verdanken ist diese kleine Revolution der amerikanischen Regierung,
die ihr "Global Positioning System" zivilen Nutzern geöffnet hat. GPS war
ursprünglich zur Positionsbestimmung und Navigation im militärischen
Bereich vorgesehen. Es war in den 1970er-Jahren vom US-Militär
entwickelt worden und löste Schritt für Schritt ab 1985 ältere Systeme ab.
Dafür müssen sich immer 4 Satelliten über dem Horizont befinden, damit
ein entsprechender Empfänger aus den Satellitensignalen eine präzise
Position errechnen kann. Damit dies rund um die Uhr an jedem Ort der
Erde möglich ist, müssen mindestens 24 solcher Satelliten auf genau
definierten Bahnpositionen permanent um die Erde kreisen. Dies war Mitte
der 90er Jahre erreicht und am 17. Juli 1995 wurde GPS offiziell in Betrieb
genommen.
Vorher schon gab das Unglück des Korean-Airlines-Flug 007 den Anstoß,
die neue Technik auch für zivile Zwecke zu nutzen. Am 1.September
1983 wurde die koreanische Passagiermaschine auf dem Flug von
Anchorage nach Seoul wegen der Verletzung des Luftraumes von der
sowjetischen Luftwaffe abgeschossen. Alle 283 Personen an Bord fanden
den Tod. Die Piloten hatten sich in dunkler Nacht einfach verflogen.
Dieser Vorfall machte nochmals deutlich, wie wichtig eine präzise,
einfache und wetterunabhängige Ortsbestimmung für die Luftfahrt ist.
Am 16. September kündigte Präsident Reagan an, das neue
satellitengestützte "Global Positioning System" für den zivilen Gebrauch
freizugeben. Mit diesem GPS waren jetzt Ortsbestimmungen auf 100
Meter genau möglich. Entsprechend fand das System zuerst in der
Luftfahrt und im internationalen Schiffsverkehr Verwendung. Erst als im
Mai 2000 die künstliche Signalverschlechterung für zivile Zwecke von
der US-Regierung abgeschaltet wurde stieg die Genauigkeit der
Positionsbestimmung auf unter 10 Meter an. GPS wurde damit
straßentauglich und seiner massenhaften Verbreitung stand damit
nichts mehr im Wege.
Vorher hatte man schon mit verschiedenen Systemen experimentiert.
Einer der Ideengeber dabei war mal wieder „Q“. In James Bond Goldfinger
stattet er seinen Helden mit einem Ortungssystem aus, das mittels eines
Bildschirms an der Konsole die Position eines Signalgebers auf eine Karte
abbildete. Zwei entscheidende Elemente eines modernen
Navigationssystems wurden hier schon mal vorweggenommen, die
Ortsbestimmung und die Kartenabbildung. Fehlt zu einem vollwertigen
Navigationssystem noch die Routenberechnung. Bis dahin sollte es aber
noch dauern.
1981 brachte Honda den "Electro Gyrocator", auf den Markt und wies
damit schon mal in die entsprechende Richtung. Aus den Daten eines
Drehwinkels- und eines Wegstreckensensors berechnete das System eine
Fahrtstrecke, die als Linie auf dem Monitor angezeigt wurde. Der Fahrer
musste dann eine transparente Karte vor den Monitor spannen und die
angezeigte Linie mit der dazu passenden Straße zur Deckung bringen. Eine
mühsame Angelegenheit und kein wirklicher Fortschritt. Im eigentlichen
Sinne war der "Electro Gyrocator" noch kein Navigationssystem, weil er
weder die Position angeben noch eine Route berechnen konnte. Einen
Schritt weiter ging der VDO "City-Pilot" von 1984. Der "City-Pilot"
versuchte die Positionsbestimmung mittels Erdmagnetfeld. Aber eine Route
berechnen konnte er auch nicht. Dafür unterstützte er den Fahrer, indem
er die Himmelsrichtung und die Entfernung per Luftlinie zum Ziel angab.
Beide Systeme fanden keine große Verbreitung.
1990 kam Pioneer mit dem ersten GPS-gestützten Auto-
Navigationssystem und schlug damit als Erster die Richtung ein, in die es
in Zukunft gehen sollte. Das erste vollwertige serienmäßige
Navigationssystem in einem deutschen Auto baute BMW in seine
Luxuslimousine 7er von 1994 ein. Hier waren alle wesentlichen Bausteine
in einem Gerät vereint: Positionsbestimmung, Kartenabbildung und
Routenberechnung. Andere Hersteller zogen nach. Bald gab es kaum ein
Modell, für das nicht wenigstens ein Navigationssystem als
Zusatzausstattung vom Hersteller angeboten wurde. Einbaulösungen vom
Hersteller dominierten den Markt in den 90er Jahren. Auch deshalb, weil
die Ungenauigkeit der GPS-Daten mittels Geschwindigkeits- und
Richtungssensoren ausgeglichen werden mussten und dies nur mit den
teueren Herstellergeräten möglich war.
Diese mühselige Korrekturarbeit entfiel, als die USA die erwähnte
Signalverzerrung abschalteten. Damit konnten auch kleinere und
weniger potente Geräte mit der entsprechenden Software die Navigation
übernehmen. Navigationssysteme wurden damit erschwinglich und
verbreiteten sich in einer nie gekannten Vielfalt. Der Markt "explodierte"
förmlich. Zunehmend übernahmen die beliebten PDAs mit GPS-
Empfänger und Navigationssoftware die Routenplanung. Fast jeder
Hardwarehersteller hatte so einen kleinen Alleskönner im Programm. Die
Geräte wurden wie heute meist mit einer Saugnapfhalterung an der
Frontscheibe befestigt. Die externe GPS-Maus sorgte für ein
unerfreuliches Kabelgewirr auf der Konsole, ehe sie als integrales Bauteil
in die Geräte wanderte.
Zurzeit werden überwiegend günstige, kleine, transportable und speziell
für die Navigation vorgesehene Geräte in der Größe der PDAs vom
Kunden favorisiert. Die Auswahl ist groß, beschränkt sich aber auf die
Spezialisten der Navigationsbranche. Inzwischen ist es
selbstverständlich, das die kleinen Navigationsgeräte über "TMC"
zusätzliche Verkehrsfunkinformation bei der Routenplanung
berücksichtigen.
Jetzt zeichnet sich bereits ein neuer Trend ab. Immer mehr
Telekommunikationsanbieter wollen vom Navigationsmarkt profitieren.
Die allgegenwärtigen Handys haben sich, wegen der großen Displays und
des vollwertigen Betriebssystems zu potenten Smartphones gemausert.
Dank des eingebauten GPS-Moduls kann mit der richtigen Software auch
navigiert werden. Nokia verschenkt die Software und das
Kartenmaterial. Andere Hersteller verlangen einen geringen zweistelligen
Betrag. Die Geräte werden wie bisher mit der bewährten
Saugnapfhalterung im Sichtbereich des Fahrers montiert.
Verlockend ist nicht nur, dass man ein Gerät einspart, sondern auch die
Flexibilität der kleinen Multitalente. Nicht nur dass man zwischen
verschiedenen Karten- und Softwareanbietern wählen kann, man kann
auch verschiedene Reiseführer und touristische Informationsangebote
dazu nutzen und die Daten online auf dem neusten Stand halten. Das
Smartphone wird so zum universellen Begleiter. Halterungen mit
Freisprecheinrichtung und Bluetooth gibt es auch, damit auch weiterhin
telefoniert werden kann. Am Ende Fahrt kann es dann wie jedes Handy
aus der Halterung genommen und die Tasche gesteckt werden. Bleibt dann
versehentlich die Zielführung aktiv, kann man schon mal während der
Theatervorstellung für alle deutlich hörbar unwirsch ermahnt werden:
"Demnächst links abbiegen!"
































