82. Genfer Salon - Zurück auf los
Testbericht
Die Hauptdarsteller des Jahres 2012 heißen Audi A3, Mercedes A-Klasse, Kia
Ceed, Porsche Boxster, Rolls-Royce Phantom oder Lamborghini Aventador J.
Der Genfer Salon besinnt sich in diesem Frühjahr seiner bekannten
Qualitäten. Spiel- und Spinnereien glitzern allenfalls am Rande.
Die Autoindustrie ist wieder in der Realität angekommen. Kaum eine Messe
in den letzten zwei Jahren zeigte das deutlicher als der Auftakt zum
automobilen Frühling am Lac Leman. Die große Nummer auf der 82.
Schweizer Autoshow sind die beliebten Kompaktmodelle. Das A-Team aus
Audi A3 und Mercedes A-Klasse trifft sich im Messezentrum Palexpo zu
einem ersten Kräftemessen. Dabei starten die Golf-Jäger von Audi und
Mercedes mit völlig unterschiedlichen Vorzeichen. Obwohl der Audi A3 als
erstes Fahrzeug des modularen Querbaukastens von Volkswagen völlig neu
entwickelt wurde, ist er optisch ein typischer A3 – in seiner dritten
Generation. Geschärfter Blick, markige Schulter und vernetze Navigation –
fertig ist der Ingolstädter. "Bis zu 80 Kilogramm leichter und zwölf Prozent
sparsamer", ergänzt Audi-Entwicklungsvorstand Michael Dick. Duellgegner
Mercedes A-Klasse startet nach den Hochdach-Fauxpas der letzten Jahre
bei null. Flacher, länger und schlicht artgerechter macht er erstmals
ernsthaft Jagd auf die bekannten Hauptdarsteller. Motoren von 109 bis
zunächst 211 PS sollen die breite Masse ebenso weg von BMW 1er, Audi A3
oder VW Golf locken, wie Doppelkupplungsgetriebe und ein optionaler
Allradantrieb. Daimler-Chef Dieter Zetsche: "Die A-Klasse ist neu bis ins
letzte Detail. Diese Chance, mit einem weißen Blatt Papier zu beginnen,
gibt es in der Autoentwicklung nicht oft."
Eine Ecke günstiger, aber ähnlich sehenswert tritt in Genf der Kia Ceed an.
Der ungleiche Zwilling des jüngst vorgestellten Hyundai i30 will Design, Chic
und hohen Alltagsnutzen zu einem Preis ab 16.000 Euro bieten. Kias oberster
Marketing-Stratege Benny Oyen hat gut lachen: "Die Zeit, in der Kias Econo-
Boxen aus Korea waren, ist lange vorbei." Als "Econobox" bezeichnet man in
den USA umgangssprachlich ein kleines, einfaches, billiges Auto, das nicht
mehr kann als seine Insassen von A nach B zu chauffieren. Ebenfalls in Genf
zu sehen: die Kombiversion Kia Ceed Sportwagon, die September startet. Die
Koreaner zeigen der internationalen Konkurrenz derzeit, wie es geht.
In keinem anderen europäischen Land werden leistungsstarke und teurere
Autos gekauft als in der Schweiz. Kein Wunder, dass Lamborghini seinen
Oben-ohne-Einzeltänzer Aventador J am Genfer See erstmals enthüllt. Das
Einzelstück als Vorbote des Aventador Spyder wurde für mehr als zwei
Millionen Euro verkauft. Der stärkste Serien-Ferrari aller Zeiten steht ebenfalls
in Genf. Der F12 Berlinetta löst 740 PS stark den 599 GTB ab. Nicht
jedermanns Geschmack: der mächtige SUV Bentley EXP 9F mit einem 600 PS
starken V12-Triebwerk. Rolls-Royce will nach dem Rekordjahr 2011 weiter
Gas geben und konzentriert sich nach zwei Ghost-Jahren wieder auf das
Prunkstück Phantom. Die exklusivste Luxuslimousine der Welt bekam als
Series II eine dezente Überarbeitung mit neuem LED-Gesicht, Achtgang-
Automatik und Großbildschirm. Ebenfalls aus dem BMW-Konzern stammt die
Power-Riege rund um den 550d xDrive und das elegante BMW 6er Gran
Coupé. Nicht nur optisch eine Verlockung ist der Jaguar XF Sportbrake, die
längst überfällige Kombiversion des XF, der jedoch nur als Diesel zu
bekommen ist.
Die französischen Hersteller lieben die Messe im Schweizer-französischen
Grenzgebiet mehr als den großen Pariser Salon, der jedes zweite Jahr im
Herbst stattfindet. Überraschend, dass sich Renault außer mit dem knapp
21.000 Euro teuren Elektromobil Renault Zoe diesmal derart zurückhält.
Peugeot und Citroen, aktuell schwer gebeutelt, können auf dem Genfer Salon
zwar noch nicht von der avisierten Zusammenarbeit mit General Motors
profitieren. Doch der Peugeot 208 sorgt ebenso für Lichtblicke wie der
Peugeot 4008, gemeinsam mit dem Citroen C4 AirCrosser Zwillingsbruder des
Mitsubishi ASX. Es geht eben auch eine Nummer kleiner. Ebenso praktische
wie coole Autos sind in Genf immer ein Thema. Mini lässt am Genfer See die
realitätsnahe Studie des Clubvan und den sportlichen John Cooper Works
Countryman von der Leine. Das macht Laune auf die neue Saison. Fiat kontert
gekonnt mit dem mehr als sehenswerten 500L, ebenso einem Idealmobil für
junge Familien wie der Ford B-Max als gefährlicher Konkurrent für den Opel
Meriva. Wer mehr für weniger Geld benötigt, ist beim Dacia Lodgy – praktisch,
geräumig und preiswert - genau richtig.
Der Trend zu Crossovern und Geländewagen ist auch im Genfer Frühling
ungebrochen. Ford will mit dem Kuga Jagd machen auf die enteilten Bestseller
BMW X1 und VW Tiguan. Eine Klasse höher tritt die Studie des Nissan Hi-
Crosser an. So oder so ähnlich dürfte der große Bruder des nächsten Qashqai
aussehen. Noch abgefahrener, aber ebenfalls sehenswert: "Das dachlose
Range Rover Evoque Concept hat durchaus Serienchancen", wie Designer
Gerry McGovern einräumt. Von Mitsubishi gibt es einmal wieder ein
Lebenszeichen. Der neue Outlander, als Fünf- und Siebensitzer zu bekommen,
bietet als großer Bruder des gut gestarteten ASX mehr Komfort und
zahlreiche Assistenzsysteme. Nächstes Jahr soll sogar eine Hybridversion
kommen. Die gibt es auch der Studie des Toyota FT-Bh zu bestaunen. Der
Ausblick auf einen kleinen Hybridbruder des Toyota Prius strahlt in
unschuldigem weiß und soll gerade einmal 2,1 Liter auf 100 Kilometer
verbrauchen. "Die Konzeptstudie bietet keine außergewöhnlichen Materialien
und wiegt trotzdem gerade einmal 768 Kilogramm", erklärt Projektmanager
Koji Makino.
Weniger denn je zu holen gibt es auf dem Genfer Salon für die
Elektrofraktion. Kurz vor Messebeginn sorgte die Nachricht, dass die beiden
erst gerade gestarteten Elektromobile Opel Ampera und Chevrolet Volt wegen
zu geringer Nachfrage erst einmal gestoppt wurden, für Aufsehen. Wie
unpassend, dass beide Fahrzeuge in Genf zum Car of the Year gekürt wurden.
Die mäßigen Neuheiten im grünen Pavillon Vert passten da ins Bild. Für
Elektroantriebe interessiert man sich nicht nur in Genf gerade allenfalls am
Rande.





























