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Testbericht

Jürgen Wolff, 9. November 2013
So ein Auto kann nicht einfach Cabrio heißen - bei Aston Martin läuft der offene Fahrspaß traditionell unter dem Namen Volante. Die Briten haben den Vanquish aufgeschnitten und ihm die Lizenz zur puren Lust am Fahren mitgegeben.

Es soll wunderschön sein hier in den Bergen südöstlich von Palm Springs. Das verspricht schon der Name: Idyllwild Panoramic Highway heißt die Straße, die sich hier durch die Wälder windet oder abwechselnd eine weite Aussicht bietet über die Berge und Täler Südkaliforniens. Nur: So richtig mit bekommt man all die landschaftliche Schönheit nicht. Denn der Aston Martin Vanquish Volante sticht all das ohne jede Mühe aus. Die Autoschmiede aus dem britischen Gaydon schickt dem 2012 als Nachfolger des DBS vorgestellten Coupé nun die Cabrio-Version hinterher. Und offen macht der Vanquish noch mal mehr Spaß. Selbst die Landschaft reduziert sich in dem offenen Zweisitzer zum Verstärker für dieses Hochgefühl: Zwischen den Felswänden reflektiert sich der Sound des V12-Aggregats zum Sinfonieorchester. Und die engen Serpentinen lassen den Vanquish zu diesem Rhythmus tanzen.

Der 4,72 Meter lange, 2,07 Meter breite und gerade mal 1,29 Meter hohe Volante steht wie eine Skulptur auf der Straße - lang gestreckt, mit geschwungenen Kurven, muskulös und perfekt modelliert. Er hat wie das Coupé eine Karosserie komplett aus Karbon auf einem Aluminium-Chassis, was nicht nur für Gewichtseinsparungen, sondern auch für eine hohe Verwindungssteifigkeit sorgt. Vorne trägt er das typische Markengesicht mit dem breiten Grill und den weit über die Kotflügel gezogenen Scheinwerfern. Die Rückleuchten erinnern an die beiden Schwingen im Firmenlogo. Ein Druck auf den Zündschlüssel erweckt den Vanquish zum Leben. Kurz meldet sich der Motor mit einem fulminanten Grollen und gibt so schon mal einen akustischen Vorgeschmack auf das, was kommt - um dann sofort in ein leises Säuseln zurückzufallen. Der Vanquish kann auch sanft.

Der 12-Zylinder unter der lang gestreckten Motorhaube ist über die Jahre immer weiter verfeinert und veredelt worden und arbeitet auch schon im Vantage V12. Aus den 5935 ccm Hubraum jagt der hochdrehende Sauger mittlerweile satte 421 kW/573 PS und ein maximales Drehmoment von 620 Nm über eine Sechsgang-Touchtronic von ZF an die Hinterachse. All das sorgt für Fahrwerte, von denen man hier auf dem Idyllwild Highway nicht einmal träumen kann - keiner weiß, hinter welcher Kuppe die Cops lauern. Wenn man den Vanquish ließe, wie er könnte, wären knappe 300 km/h Spitze drin. Nur das mit der Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in gerade mal 4,3 Sekunden - das genießt man auch hier gerne und immer wieder. Und ohne Gewissensbisse in Sachen Verbrauch. Denn dass man nicht wirklich sparsam mit Aston Martins Topmodell unterwegs ist, das kann man sich - ökologisch höchst unkorrekt - ohnehin denken. Dabei haben die Briten schon an der Verbrauchsschraube gedreht: Offiziell liegt der Durst bei 14,4 Litern im Schnitt, in der Stadt sind es 21,4 Liter. Und wer den Aston Martin so fährt, dass er Spaß macht, der wird damit ganz sicher nicht hinkommen.

Innen bietet sich edler Luxus mit gelegentlichen Eintrübungen. Platz ist für zwei Passagiere fast schon üppig. Nur hinten sollte man - wie durchaus üblich in dieser Klasse - die Sitzelchen nicht mal Kleinkindern zumuten. Willkommen sind die Ledersitze im Heck dagegen als zusätzliche Gepäckablage. Denn der eigentliche Kofferraum ist mit 279 Litern im Vergleich zur Konkurrenz zwar nicht klein aber eben auch nicht gerade ausufernd. Vorne nimmt man auf samtweichem Leder Platz, in perfekt ausgeformten, handgenähten und vielfach verstellbaren Sitzen. Die lassen sich elektrisch so weit nach hinten verschieben, dass auch Passagiere mit 1,90 Metern Körpergröße noch bequem unterwegs sein können. Dank des weit in Tiefe und Neigung einstellbaren Lenkrades dürfte jeder seine optimale Sitzposition finden. Leder, Karbon, Aluminium - die Materialien sind edel - die Knöpfe und Schalter gelegentlich nicht. Sie scheinen teilweise noch aus alten Ford-Zeiten herüber gerettet.

Das dreilagige Stoffverdeck schließt binnen 14 Sekunden und auch während der Fahrt bis 45 km/h. Geschlossen passt es sich perfekt der Silhouette an und lässt das Cabrio wie das Coupé wirken. Mit dem Stoffdach haben die Ingenieure auch sonst gute Arbeit geleistet: Windgeräusche sind selbst bei höheren Geschwindigkeiten kaum zu vernehmen. Leider aber auch viel zu wenig vom Sound des V12. Assistenzsysteme sind kaum zu finden - gerade mal die Grundlagen wie ABS, ESP und Co., dazu eine Launch-Control. Zu viel Elektronik, so die Maxime von Aston Martin, bevormundet den Fahrer und nimmt zu viel vom Fahrerlebnis weg. Und das liefert der Aston Martin Vanquish Volante reichlich. Wer cruisen will, der wird mit einer geradezu komfortablen Federung umschmeichelt. Wer es sportlich haben will, der wählt den Sport-Modus und hofft auf robuste Bandscheiben. Die Sporteinstellung verändert nicht nur die Federung, sondern stellt auch Lenkung, Gasannahme und Schaltpunkte deutlich aggressiver und noch präziser ein. So oder so: Spätestens auf schlechten Straßen zeigt sich die hohe Verwindungssteifigkeit des Cabrios - kein noch so leichtes Zittern, kein Knarzen.

Der beherzte Kick aufs Gaspedal lässt die Hölle losbrechen - wenn auch deutlich weniger brutal als beim Aston Martin V12 Vantage S, der dasselbe Aggregat hat. Der Vanquish stürmt energisch vorwärts, die sechs Gänge flutschen kaum merkbar durch, entweder automatisch gesteuert durch die ausgezeichnete ZF-Automatik oder per Hand über die beiden griffigen Paddel am Lenkrad bestimmt. Für die nötige Traktion sorgen an der Antriebsachse hinten Pirelli-Reifen der Dimension 295/30 ZR20, für die ebenso bissige Verzögerung Carbon-Keramik-Bremsen. Das fast zwei Tonnen schwere und mit einer Gewichtsverteilung von 51:49 nahezu perfekt ausbalancierte Cabriolet fädelt sich behände durch die Kurven. Anders als der eher auf Rennmaschine getrimmte V12 Vantage S verzeiht der Vanquish aber auch schon mal den ein oder anderen kleinen Fehler seines Fahrers.

Ohnehin kann man im offenen Vanquish auch ganz entspannt im Hier und Heute unterwegs sein. Wie es sich für ein Cabriolet gehört beherrscht er perfekt die Rolle des Cruisers. Es braucht dafür nicht einmal einen besonders sensiblen Gasfuß. Sanftes Anfahren an der Ampel, vorsichtig heraus aus der Parklücke, mitschwimmen im Stadtverkehr, im Schongang die Strandpromenade entlang - das macht der Aston perfekt.

264.995 Euro will Aston Martin für sein Topmodell in Deutschland haben - den Gegenwert einer veritablen Doppelhaushälfte. Insofern stellt sich die Frage "Kaufen oder nicht?" ohnehin nur für wenige. Alternativen bieten sich in dieser Fahrzeugklasse kaum. An ehesten wären da noch der Bentley Continental GTC Speed zu nennen, der 625 PS liefert und ab 227.290 Euro kostet. Oder der Mercedes-Benz SL 65 AMG mit 630 PS und 237.643 Euro Einstandspreis.
Testwertung
5.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2013-11-09

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