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Autoplenum, 2010-02-12

Autoland Argentinien - Tanz um den Monolithen

Testbericht

Stefan Grundhoff

In Argentinien gehen viele Uhren anders. Moderne Kleinwagen und
betagte Klapperkisten aus längst vergangener Zeit beherrschen das
Straßenbild – nicht nur in der Hauptstadt Buenos Aires.

Kaum ein Staat außerhalb von Europa soll sich derart europäisch
präsentieren wie Argentinien. „Kein Wunder, wurde die Geschichte
unseres südamerikanischen Staates doch insbesondere von Einwanderern
aus Spanien und Italien beeinflusst“, erzählt Fremdenführerin Valeria
nicht ohne Stolz, „das sieht man an der Kultur, den Gebäuden, aber auch
an den Autos.“ Den besten Eindruck vom Verkehr kann man sich in der
Hauptstadt Buenos Aires, am Mündungsdelta des Rio Plata, machen. Hier
kann man rund um die Plaza Mayo oder die Avenida des 9. Juli das ganz
normale Verkehrschaos erleben während es in den verwinkelten
Nebenstraßen von San Tempo, la Boca oder Palermo eher beschaulich
zugeht.

Ist ein Auto jünger als 15 Jahre, ist es zumeist ein Kleinwagen;
allenfalls ein Auto aus der Kompaktklasse. Die größeren Modelle sind
zahlreich, haben jedoch durchweg schon ein paar Dekaden auf dem
Buckel. Stoßstange an Stoßstange pressen sich klappernde Rostlauben
vom Typ Peugeot 504, Ford Falcon, Renault 9 oder VW Magnum durch
die zumeist überfüllten Gassen, Straßen und Prachtmeilen. Die
Verkehrs- und Sicherheitskontrollen der Autos existieren allenfalls auf
dem Papier und so ist all das unterwegs, was fahr- und rollfähig ist.
Sogar ein wenig kritischer TÜV würde hier über Nacht mehr als zwei
Drittel aller Autos stilllegen. Ein Fest für Schrottplätze und die zahllosen
Autowerkstätten im Herzen der Stadt. Doch die Argentinier ficht das
alles nicht an. Sie schimpfen über unpünktliche und überfüllte Busse
und Züge. Die vier Linien der U-Bahn mögen nur wenige. Doch der
Peso ist schwach und der Wirtschaft ging es in den letzten Jahrzehnten
selten gut. Auf 1.000 Einwohner kommen nicht einmal 180 Autos.
Argentinien ist ein automobiles Schwellenland; vielleicht ist die Liebe
zum Auto deshalb so groß. Anders als in Brasilien sind die Fahrzeuge in
Argentinien durchweg mit Benzin- oder Dieselantrieb unterwegs.
Bioethanol oder E85-Kraftstoff konnte sich anders als in anderen
südamerikanischen Ländern hier bisher nicht durchsetzen.

Wenn ein Fahrzeug neu gekauft wird, dann ist es ein Fahrzeug aus
heimischer oder zumindest südamerikanischer Produktion. Rund eine
halbe Stunde nördlich von Buenos Aires befinden sich große Fabriken
von Herstellern wie Ford und Volkswagen. Hier entstehen unter
anderem Ford EcoSport oder der neue VW-Hoffnungsträger Amarok.
Die Bestseller in der Zulassungsstatistik heißen Chevrolet Corsa, VW
Gol, Gol Trend oder Toyota Hilux, der als beliebtester Pick Up bereits
Platz vier der Zulassungsstatistik belegt. „Rund 60 Prozent aller
verkauften Neuwagen sind Kleinwagen“, erzählt Ernesto Baldassare,
Presidente von Maynar Motor, eines der größten Autohäuser von
Argentinien, „das ist bei uns nicht anders. Der Gol ist seit Jahren der
Publikumsrenner. Er kostet 35.000 Pesos. Der neue Gol Trend startet
bei rund 50.000 Pesos.“ Heißt, die beliebten Volumenmodelle von
Renault, Ford, Volkswagen, Fiat, Peugeot und Citroen kosten
umrechnet zumeist zwischen 7.500 und 10.000 Euro. Fiat ist in
Südamerika und insbesondere Argentinien ebenfalls eine große
Nummer. Der Bestseller ist der alte Fiat Uno, der in Europa schon vor
vielen Jahren in die ewigen Jagdgründe verabschiedet wurde.

Der argentinische Autokunde ist alles andere als technikverliebt und
hat keinerlei Interesse an Sicherheitsausstattungen. Ernesto
Baldassare: „Günstige Modelle wie Gol, Suran oder selbst den Golf IV
verkaufen wir hier durchweg ohne ABS, elektrische Helfer oder Airbags.
Die Leute wollen allenfalls eine Klimaanlage.“ Kein Wunder, in den
Hauptsommermonaten Januar und Februar sind Temperaturen von
weit über 35 Grad Celsius keine Seltenheit. Dazu kommt eine
Luftfeuchtigkeit von mehr als 80 Prozent – wenn eine Hauptstadt ihren
Namen zu Unrecht trägt, ist das Buenos Aires. Im vergangenen Jahr
wurden in Argentinien 515.000 Neufahrzeuge zugelassen. Nicht viel bei
40 Millionen Einwohnern. „Dazu kommen rund 1,2 Millionen
gebrauchte Auto“, so Presidente Baldassare, „aber das ist ein reines
Geschäft zwischen den Privatkunden. Davon haben die Händler kaum
etwas.“ Wer kein Geld hat, finanziert beim Händler, geht zur Bank oder
spart in ein Modell ähnlich dem Bausparen ein. Wenn gut Kapital
zusammengespart ist, gibt es den heiß ersehnten Peugeot 207
Stufenheck oder einen Citroen C4 – der Rest wird abgestottert.

Stottern tun eben aber auch die meisten Autos auf den Straßen. Ob nun
der Kotflügel fehlt oder die Scheinwerfer abgefallen sind, interessiert
weder Fahrer, noch Ordnungsbehörden. „Auch
Geschwindigkeitsbegrenzungen werden kaum geahnt“, dafür fährt doch
kein Polizist hinter einem her. Viele Autobahnen sind aber ganz gut
ausgebaut“, lacht Ernesto Baldassare, „so ein Golf oder Passat schafft
daher selbst als TDI locker seine 200 Sachen.“ Doch nicht nur in den
Innenstädten von Mendoza, Buenos Aires oder Cordoba kommt es immer
wieder zu stundenlangen Staus. Auch vor den Mautstationen kann man
die ein oder andere Zigarettenlänge im Auto verbringen. Auf dem Land
kommt es zudem häufig zu Polizeikontrollen, bei denen Insassen und
Autos kontrolliert werden.

In den größeren Städten setzen viele Argentinier statt auf Autos auf
kleine Motorräder, Busse und Taxis. Die bahnen sich ihren Verkehr
deutlich schneller das Verkehrschaos als gewöhnliche Fahrzeuge. Bestes
Beispiel ist die Avenida des 9. Juli in Buenos Aires, die den Monolithen als
Wahrzeichen von Buenos Aires umzieht. Hier gibt es unglaubliche 18
Fahrspuren. In der Hauptverkehrszeit zwischen und 10 Uhr morgens
sowie abends nach 18 Uhr lässt einen jede Überquerung mit dem Leben
spielen. Da ist es im Auto doch um einiges sicherer.

Quelle: Autoplenum, 2010-02-12
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