Betrug beim Gebrauchtwagenkauf - Jeder Dritte ist manipuliert
Testbericht
In Deutschland wechseln jährlich sechs Millionen Gebrauchtwagen den Besitzer. Fast jeder dritte mit manipuliertem Tachostand. Käufer solcher Wagen zahlen nicht nur einen zu hohen Preis, warnt die Polizei. Mit dem kriminellen Eingriff erlicht auch die Betriebserlaubnis.
Mit einem Tachostand von 700.000 Kilometern hat der Autohändler aus dem Raum München das Fahrzeug von einem Verkäufer in Italien übernommen. Wenig später wechselte das Auto in Deutschland den Besitzer. Der neue Käufer legte für das Modell der gehobenen Mittelklasse 15.999 Euro auf den Tisch. Von der extrem hohen Fahrleistung des Triebwerks ahnte er nichts – gerade einmal 150.000 Kilometer wies der Tachostand beim Kauf aus. Dem dreisten Betrug kamen Ermittlern jetzt bei einer Razzia im Raum München auf die Schliche, bei der rund 150 Geschäfte, Büros und Wohnungen von Gebrauchtwagenhändlern, Taxiunternehmen und Elektrospezialisten durchsucht wurden. Bei der großangelegten, länderübergreifenden Aktion hatten insgesamt 500 Beamte eines Spezialkommandos Verkaufsstellen und Privaträume in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Bulgarien gefilzt. Dabei waren sie auf 70 Autohändler gestoßen, die offenbar zu einem breitaufgestellten Bandennetzwerk gehören. Weit über 200 Fahrzeuge mit Manipulationsverdacht wurden bei diesem Einsatz sichergestellt. Zudem nahm die Polizei 26 Verdächtige fest, gegen die nun wegen des gewerbsmäßigen Bandenbetrug ermittelt wird.
So dreist wie bei dem 700.000-Kilometer-Wagen wird selten manipuliert. Häufig würden Tachostände von 250.000 auf 150.000 Kilometer frisiert, heißt es dazu bei der Münchner Polizei. Die betrogenen Käufer zahlen oft nicht nur Tausende Euros zuviel für die falsch deklarierte Ware. Sie fahren auch ein Fahrzeug ohne gültige Betriebserlaubnis. „Denn die erlischt nach dem kriminellen Eingriff“, so der Polizeisprecher.
Dass Tachomanipulationen bei Gebrauchtwagen ein verbreitete Praxis sind, wissen Polizei und Öffentlichkeit längst. Das Ausmaß hat allerdings selbst die Experten überrascht. Nach aktuellen Schätzungen der Polizei wird inzwischen bei einem Drittel der in Deutschland verkauften Gebrauchten der Kilometerstand „korrigiert“. Pro Jahr kommen damit etwa zwei Millionen Gebrauchte mit manipuliertem Tachostand auf die Straße. Dass die Zahl entsprechender Betrugsfälle in den letzten Jahren drastisch angestiegen ist, hat mit der immer stärkeren Elektrifizierung unterm Autoblech zu tun. Noch vor zehn Jahren ist in der Regel ein mechanischer Eingriff erforderlich gewesen, um eine Verjüngungskur per Zahlentrickserei zu bewerkstelligen. Bei modernen Fahrzeugen lässt sich die Tachomanipulation mit der Steuerungssoftware erledigen, die Werkstattprofis eigentlich zur Fehleranalyse nutzen.
Selbstverständlich könne man angesichts der alarmierenden Zahlen nicht die gesamte Gebrauchtwagenbranche unter Generalverdacht stellen, heißt es bei der Münchner Polizei. In Markenwerkstätten seien solche Machenschaften so gut wie ausgeschlossen. Das Gleiche gelte für einen großen Teil der Privatverkäufer. Ganze Herden schwarzer Schafe tummeln sich demnach auf sonstigen Gebrauchtwagen-Umschlagplätzen. Um sich vor Betrug zu schützen, sollten Gebrauchtwagenkäufer unbedingt auf ein lückenlos geführtes Serviceheft achten, rät die Polizei.
Kilometerstände könne man mit den Eintragungen zu Ölwechseln abgleichen. Die Alarmglocken sollten in jedem fall schrillen, wenn Lenkrad, Pedale oder Sitze stärker abgenutzt seien, als dies bei dem angegebenen Kilometerstand zu erwarten sei. „Ein durchgesessenes Polster lässt sich nicht so leicht manipulieren, wie der Tachostand“, sagt der Polizeisprecher. „Um die Verschleißerscheinungen zu beseitigen, müsste der Verkäufer erst einmal ein paar Hundert investieren und das tut ein Betrüger in der Regel nicht.“ Auch eine Airbaglampe, die beim Starten des Autos ungewöhnlich lange leuchtet, kann ein Hinweis auf ein bereits stärker strapaziertes Triebwerk sein.
Durch die Möglichkeit, „Fahrzeughistorien“ beim Kraftfahrtbundesamt abzufragen, wollte das Bundesverkehrsministerium mehr Sicherheit beim Gebrauchtwagenkauf schaffen. Anhand von jederzeit abrufbaren Daten zu Baujahr, An- oder Umbauten und Halteranzahl sollen sich unter anderem verdeckte Unfallschäden oder Tachomanipulationen feststellen lassen. Zuvor müssten jedoch noch wichtige Datenschutzfragen, geklärt werden, hieß es dazu im vergangenen Jahr. Bis heute ist man in der Sache offenbar nicht viel weitergekommen zu sein. Kommerzielle Unternehmen bieten inzwischen Recherchedienste zur Fahrzeugvergangenheit an. Zum Flensburger Datenbestand gehören die Historien indes noch nicht.
Mit einem Tachostand von 700.000 Kilometern hat der Autohändler aus dem Raum München das Fahrzeug von einem Verkäufer in Italien übernommen. Wenig später wechselte das Auto in Deutschland den Besitzer. Der neue Käufer legte für das Modell der gehobenen Mittelklasse 15.999 Euro auf den Tisch. Von der extrem hohen Fahrleistung des Triebwerks ahnte er nichts – gerade einmal 150.000 Kilometer wies der Tachostand beim Kauf aus. Dem dreisten Betrug kamen Ermittlern jetzt bei einer Razzia im Raum München auf die Schliche, bei der rund 150 Geschäfte, Büros und Wohnungen von Gebrauchtwagenhändlern, Taxiunternehmen und Elektrospezialisten durchsucht wurden. Bei der großangelegten, länderübergreifenden Aktion hatten insgesamt 500 Beamte eines Spezialkommandos Verkaufsstellen und Privaträume in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Bulgarien gefilzt. Dabei waren sie auf 70 Autohändler gestoßen, die offenbar zu einem breitaufgestellten Bandennetzwerk gehören. Weit über 200 Fahrzeuge mit Manipulationsverdacht wurden bei diesem Einsatz sichergestellt. Zudem nahm die Polizei 26 Verdächtige fest, gegen die nun wegen des gewerbsmäßigen Bandenbetrug ermittelt wird.
So dreist wie bei dem 700.000-Kilometer-Wagen wird selten manipuliert. Häufig würden Tachostände von 250.000 auf 150.000 Kilometer frisiert, heißt es dazu bei der Münchner Polizei. Die betrogenen Käufer zahlen oft nicht nur Tausende Euros zuviel für die falsch deklarierte Ware. Sie fahren auch ein Fahrzeug ohne gültige Betriebserlaubnis. „Denn die erlischt nach dem kriminellen Eingriff“, so der Polizeisprecher.
Dass Tachomanipulationen bei Gebrauchtwagen ein verbreitete Praxis sind, wissen Polizei und Öffentlichkeit längst. Das Ausmaß hat allerdings selbst die Experten überrascht. Nach aktuellen Schätzungen der Polizei wird inzwischen bei einem Drittel der in Deutschland verkauften Gebrauchten der Kilometerstand „korrigiert“. Pro Jahr kommen damit etwa zwei Millionen Gebrauchte mit manipuliertem Tachostand auf die Straße. Dass die Zahl entsprechender Betrugsfälle in den letzten Jahren drastisch angestiegen ist, hat mit der immer stärkeren Elektrifizierung unterm Autoblech zu tun. Noch vor zehn Jahren ist in der Regel ein mechanischer Eingriff erforderlich gewesen, um eine Verjüngungskur per Zahlentrickserei zu bewerkstelligen. Bei modernen Fahrzeugen lässt sich die Tachomanipulation mit der Steuerungssoftware erledigen, die Werkstattprofis eigentlich zur Fehleranalyse nutzen.
Selbstverständlich könne man angesichts der alarmierenden Zahlen nicht die gesamte Gebrauchtwagenbranche unter Generalverdacht stellen, heißt es bei der Münchner Polizei. In Markenwerkstätten seien solche Machenschaften so gut wie ausgeschlossen. Das Gleiche gelte für einen großen Teil der Privatverkäufer. Ganze Herden schwarzer Schafe tummeln sich demnach auf sonstigen Gebrauchtwagen-Umschlagplätzen. Um sich vor Betrug zu schützen, sollten Gebrauchtwagenkäufer unbedingt auf ein lückenlos geführtes Serviceheft achten, rät die Polizei.
Kilometerstände könne man mit den Eintragungen zu Ölwechseln abgleichen. Die Alarmglocken sollten in jedem fall schrillen, wenn Lenkrad, Pedale oder Sitze stärker abgenutzt seien, als dies bei dem angegebenen Kilometerstand zu erwarten sei. „Ein durchgesessenes Polster lässt sich nicht so leicht manipulieren, wie der Tachostand“, sagt der Polizeisprecher. „Um die Verschleißerscheinungen zu beseitigen, müsste der Verkäufer erst einmal ein paar Hundert investieren und das tut ein Betrüger in der Regel nicht.“ Auch eine Airbaglampe, die beim Starten des Autos ungewöhnlich lange leuchtet, kann ein Hinweis auf ein bereits stärker strapaziertes Triebwerk sein.
Durch die Möglichkeit, „Fahrzeughistorien“ beim Kraftfahrtbundesamt abzufragen, wollte das Bundesverkehrsministerium mehr Sicherheit beim Gebrauchtwagenkauf schaffen. Anhand von jederzeit abrufbaren Daten zu Baujahr, An- oder Umbauten und Halteranzahl sollen sich unter anderem verdeckte Unfallschäden oder Tachomanipulationen feststellen lassen. Zuvor müssten jedoch noch wichtige Datenschutzfragen, geklärt werden, hieß es dazu im vergangenen Jahr. Bis heute ist man in der Sache offenbar nicht viel weitergekommen zu sein. Kommerzielle Unternehmen bieten inzwischen Recherchedienste zur Fahrzeugvergangenheit an. Zum Flensburger Datenbestand gehören die Historien indes noch nicht.
Quelle: Autoplenum, 2011-03-18
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