12Gebrauchtwagen.de12Neuwagen.de

Unsere Partnerseiten:

Autoplenum, 2010-07-02

BMW Megacity Vehicle - Leichte Kost

Testbericht

Stefan Grundhoff

Viele hatten eine automobile Revolution erwartet. Doch das von BMW
geplante Megacity Vehicle ist weit gewöhnlicher als gedacht.

Im Jahre 2013 wird es soweit sein: BMW stellt dann sein neu entwickeltes
Megacity Vehicle (MCV), ein Fahrzeug für die urbane Umgebung, vor. Wer
eine automobile Revolution wie mit dem Smart Fortwo vor mehr als zwölf
Jahren erwartet hat, sieht sich bei den ersten greifbaren Informationen
zum „BMW project-i“ enttäuscht. Der BMW MCV wird ein weitgehend
gewöhnlicher Viersitzer mit vier Türen und einer Gesamtlänge von rund
vier Metern sein. Der Elektromotor sitzt auf der Hinterachse und der
zukünftige Kunde wird die Wahl haben, ob das Fahrzeug allein über einen
Elektromotor oder einen zusätzlichen Range-Extender für größere
Reichweiten verfügt. Einzig innovativ scheint das Fahrzeugkonstrukt, das
aus einer Bodenplatte aus Aluminium und einem Karosseriekäfig aus CFK
(kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff) bestehen wird. So lassen sich
Derivate besonders leicht umsetzen.

„Natürlich haben wir am Anfang unserer Planung mit einem kurzen
Zweisitzer mit zwei Türen angefangen“, leitet Peter Ratz, Projektleiter des
BMW MCV ein, „doch alle unsere Umfragen auf den einzelnen Märkten
haben ergeben, dass die Kunden einen Viersitzer mit vier Türen haben
wollen.“ Ein visionäre Neuauflage vom City-Modell des jüngst verstorbenen
Visionärs Nicolas Hayek, der auch die Marke Smart erfand, ist damit
Vergangenheit. Das BMW Megacity Vehicle wird optisch deutlich gemäßigter
daherkommen, als von vielen erwartet. Anders als beim Smart Fortwo gibt
es nicht nur eine hochsteife Sicherheitszelle, sondern die gesamte
Karosserie des BMW wird ein Käfig sein. Statt der üblichen Verwendung
von Stahl wird das so genannte „Life-Modul“ aus CFK bestehen. Mit dem
Rahmen aus Aluminium, der „Drive-Plattform“, wird die Fahrgastzelle mit
Schrauben und Klebstoff verbunden.

In dieser Aluminium-Plattform sind unter andrem Module wie Motor,
Getriebe, Fahrwerk, Achsen und der rund 250 Kilogramm schwere
Lithium-Ionen-Flachakku untergebracht. „Der kohlenstofffaserverstärkte
Kunststoff ist 30 Prozent leichter als Aluminium und 50 Prozent leichter als
Stahl. Wir verstehen uns bei der Verwendung von CFK als
Technologieführer“, erläutert BMW-Entwickler Dr. Jochen Töpker, „bisher
konnte CFK nur in Autoklaven produziert werden. Das ist für uns
Geschichte. Wir werden die ersten sein, die das in Großserie produzieren
werden.“

Dadurch, dass der Hauptteil des Fahrzeugs aus CFK besteht, soll der
Gewichtsnachteil weitgehend ausgeglichen werden. „Insgesamt sparen wir
so 100 Kilogramm und gleichen so das Mehrgewicht des Elektroantriebs
aus“, ergänzt Dr. Jochen Töpker. Angesichts des großen Aufwands
erscheinen 100 Kilogramm weniger als bei einem gewöhnlichen Metallbau
nicht viel. In dieser Größenordnung specken andere Herstellern ihre neuen
Modelle ohne die Verwendung eines aufwendigen CFK-Moduls ab. Das
Serienmodell des BMW MCV dürfte letztlich zwischen 1,1 und 1,2 Tonnen
wiegen. Das sind immerhin 350 Kilogramm weniger als der aktuelle
Erprobungsträger des Mini E, der in einer Kleinserie von rund 500
Fahrzeugen weltweit läuft. BMW verweist auf die großen Potenziale, die
CFK als Baustoff für Autos von morgen bietet. So baute die
Entwicklungsabteilung von BMW einen Vorgänger der aktuellen X5-
Generation mit einer Karosserie aus Kohlefaser und sparte so wertvolle
200 Kilogramm Gewicht ein.

Seit Jahren setzt BMW auf Leichtbau und experimentiert ein Jahrzehnt mit
verschiedenen Anwendungen für die Kohlefaser. Unter anderem wurden
Komponenten für die Sportversionen M3 und M6, aber auch den Einsatz in
der Formel-1 entwickelt. „Während die Deckschicht des Daches vom
aktuellen BMW M3 zum Beispiel aus einer Faser mit 3.000 Einzelfäden
besteht, werden es bei dem MCV neu entwickelte Fasern sein, die aus
50.000 Einzelfäden besteht“, so Dr. Jochen Töpker. Nachdem das Material
in Form gebracht wurde, wird ein Spezialharz zugeführt, der das ganze
Konstrukt zu einer hochfesten Verbindung ausformt. Die Fahrgastzelle des
BMW MCV mutet abgesehen von der schwarzen Farbe im Vergleich zu
einem herkömmlichen Auto kaum anders an. „Der MCV wird ein
Premiumprodukt sein. Daher werden wir das CFK auch von außen zeigen“,
so Peter Ratz, Projektleiter des Project-i.

Noch drei Jahre Zeit, ehe das Megacity Vehicle auf den Markt kommt. Ein
Problem scheint dabei weniger die technische Umsetzung zu sein. Hier
machen die BMW-Entwickler nach eigenen Aussagen große Fortschritte.
Doch Produktion und Verwendung von CFK sind besonders teuer. Daher ist
die Gefahr groß, dass ein Hightech-Kleinwagen wie das Megacity Vehicle zu
teuer in den Markt kommt. Erinnerungen an den innovativen Audi A2
lassen sich kaum unterdrücken. Doch zur Kostenstruktur schweigt sich
BMW nach wie vor aus. „Jedoch steht fest, dass wir den Wagen zu einem
konkurrenzfähigen Preis anbieten müssen“, klingt es aus
Unternehmenskreisen.

„Für uns ist das Project-i nicht nur ein reines Elektroauto, sondern wir
denken auch über einen Range Extender oder einen Plug-In-Hybrid
nach“, unterstreicht Projektleiter Peter Ratz. Die Reichweite der
Elektroversion soll bei mindestens 160 Kilometern liegen. Der auf der
Hinterachse untergebrachte Elektromotor dürfte mindestens 100 KW /
136 PS leisten und für eine Höchstgeschwindigkeit von über 150 km/h
ausgelegt sein. Rund 75 Prozent der Verzögerungsvorgänge sollen sich
ohne eine Bremse, sondern einzig durch eine effiziente Rekuperation
(Bremsenergie-Rückgewinnung) erledigen lassen, damit die Reichweite
im Alltagsgebrauch hoch genug ist. „Fest steht, dass wir als BMW einen
überragenden Antriebsstrang brauchen“, so Antriebsentwickler Patrick
Müller, „die Akkus befinden sich in dem Aluminiumrahmen des
Fahrzeugbodens und bestehen aus 8 x 12 Modulen.“ Anders als Daimler
oder andere Hersteller will BMW die Batterietechnik auch mittelfristig bei
Zulieferern einkaufen. Patrick Müller: „Wir wollen nicht die besten
Akkulieferanten werden. Hier arbeiten wir mit Spezialisten auf diesem
Gebiet zusammen. Da tut sich aktuell enorm viel.“ Der Akku des BMW
MCV soll sich mit einer Spannung zwischen 110 und 240 Volt in fünf bis
sechs Stunden nahezu vollständig aufladen lassen.

Das Grundkonzept des BMW MCV steht; die ersten Prototypen wurden
bereits Crashtests unterzogen. Auch das endgültige Design des MCV
scheint kurz vor der Vollendung zu stehen. Denkbar ist auch ein
innovatives Konzept mit Schwenktüren, die gegenläufig öffnen. Bei den
ersten Crashtests wurden CFK-Rahmen geprüft, die über keine B-Säule
verfügten. „Die ersten Crashtests haben unsere Erwartungen in jedem Fall
übertroffen“, sagt Peter Ratz und blickt auf die beiden Crash-
Fahrgastzellen, die trotz normgerechter Unfälle nur leicht beschädigt
wurden. Näheres wird die Zukunft zeigen. Im nächsten Jahr will BMW
weitere Details zu Karosserie, Design und Innenraum zeigen.

Quelle: Autoplenum, 2010-07-02
Geteste Modelle
Für diesen Testbericht sind keine passenden Modelle vorhanden.