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Testbericht

Stefan Grundhoff, 19. April 2010
Die Zukunft von Cadillac in Deutschland scheint seit dem hin und her zwischen General Motors und Opel ungewiss. Dabei haben die Amerikaner mit dem CTS Sport Wagon einen Kombi, der geradewegs auf den europäischen Markt zielt.

Seit Jahr und Tag ist der edle General-Motors-Ableger Cadillac in Deutschland nicht mehr als ein müder Nebendarsteller aus dem dritten Glied. Gerade in der Premiumklasse führt an den deutschen Herstellern bekanntlich kaum ein Weg vorbei. Schon für die europäischen und asiatischen Konkurrenzfirmen wie Volvo, Lexus oder Peugeot gibt es da nicht viel zu holen. Ganz zu schweigen von Cadillac, die nach dem Fast- Verkauf von Opel um Haaresbreite beinahe ins US-Exil hätten gehen sollen. Doch Opel bleibt bekanntlich bei GM und so will Cadillac auch den so imageträchtigen deutschen Markt nicht sausen lassen. Die Autos passen bereits seit längerem, doch ohne Image, Werbung und entsprechende Händlerschaft kann man weder den Saab-Ableger BLS noch die größeren Modelle STS oder CTS verkaufen; von Edelroadstern und Groß-SUV einmal ganz zu schweigen.

Dabei müsste sich gerade der Cadillac CTS Sport Wagon nicht gegenüber seiner europäischen Konkurrenz verstecken. Denn nachdem es lange Zeit nur eine überaus selbstbewusst gezeichnete Limousine des CTS gab, kommt die Kombiversion CTS Sport Wagon deutlich weniger polarisierend daher. Der sportliche Tourer mit den Abmessungen eines BMW 5ers kann sich sehen lassen. Denn besonders das kantig-hohe Heck der Limousine wurde durch eine große Heckklappe ersetzt, die vollelektrisch den Zugang freigibt für ein Ladeabteil mit ordentlichen Dimensionen.

Der Cadillac-Kunde hat beim CTS die Wahl. Entweder er entscheidet sich für das drei Liter große Basistriebwerk oder er will es eine Spur dynamischer – wahlweise jeweils mit Heck- oder Allradantrieb. Der CTS Sport Wagon 3.6 wird von einem 311 PS starken V6-Motor mit Direkteinspritzung angetrieben. Die üppige Motorleistung wird per überaus träger Sechsgang-Automatik an die Hinterachse abgegeben. Gerade bei einem Tritt aufs Gaspedal aus mittlerem Tempo heult kurz der Motor wild auf – und es passiert allzu wenig. Erst mit leichter Verzögerung bläst der Sechsender wild entschlossen zum Angriff und presst seine Insassen in die angenehm weich belederten Sitze. Den Spurt 0 auf Tempo 100 schafft der Amerikaner mit Produktionsstandort in Lansing, Michigan, in unter sieben Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei über 240 km/h.

Die guten Fahrleistungen finden auch ihren Niederschlag im hohen Verbrauch. Die Werksangabe von rund 11,5 Litern lag bei den Testfahrten auf den an sich überaus verbrauchsgünstigen US-Highways in weiter Ferne. Durchschnittlich verbrannte der sehenswerte Kombi mehr als 14 Liter Super – das ist in dieser Klasse selbst für ein sportlich motorisiertes Modell kaum verzeihlich. Deutlich angenehmer zeigt sich das Fahrwerk. Das ist zwar in Verbindung mit dem optionalen Sportpaket ungewöhnlich straff, aber alles andere als unkomfortabel. Bodenunebenheiten und die in den USA allzu zahlreichen Querfugen drückt der 1,8 Tonnen schwere Hecktriebler locker weg. Die Bremsen sind bissig und standhaft. Vom Motor selbst hören die Insassen nur beim Start oder starken Beschleunigungsvorgängen etwas – so leise und gut gekapselt arbeitet das US-Modell. Jedoch arbeitet die Servounterstützung der Lenkung allzu indirekt. Das Fahrwerk bietet einem dynamisch viele Möglichkeiten. So gibt das serienmäßige Stabilitätsprogramm zwei Betriebsmodi für ambitionierte Kombikunden.

Deutlich mehr dürften sich jedoch für den Kofferraum begeistern können. Der ist mit weichem Teppich ausgeschlagen und fast zu schade, um dreckige Blumenerde oder sperrige Güter darin zu transportieren. Wer die Rückbank umklappt, kann bis zu 1.650 Litern Stauraum nutzen. Nahezu konkurrenzlos zeigt sich der 4,87 Meter lange Cadillac CTS Sport Wagon 3.6 bei der Serienausstattung. Wer sich für das sinnvolle Premiumpaket entscheidet, genießt vollklimatisierte Ledersitze mit elektrischer Verstellung, Klimaautomatik, Festplatten-Navigation, Xenonlicht, elektrische Heckklappe, Schiebedach und schlüssellosen Zugang. Die Zeiten, in denen der Innenraum eines Cadillac zumindest nach europäischen Ansprüchen eine wenig schmuckvolle Plastikwüste war, sind lange vorbei. Bedienelemente, Anzeigen und Verkleidungen fassen sich ordentlich und wertig an.

Für die Sicherheit der Insassen sorgen unter anderem ABS, sechs Airbags, ESP, LED-Leuchten und Tagfahrlicht. Die sehenswerten 19-Zoll-Felgen stehen dem kraftvollen CTS gut, doch komfortabler und besser ist man mit der 18 Zoll großen Standard-Felge unterwegs. Zudem spart das ganze durch die Kombination der 19-Zöller mit Sportfahrwerk, Hochleistungsbremsen und Schaltpaddeln am Lenkrad knapp 2.100 Dollar Aufpreis. Ansonsten ist der Cadillac CTS Wagon 3.6 Premium zumindest für die Premiumliga konkurrenzlos günstig. Denn mit 48.665 Dollar (umgerechnet rund 36.000 Euro) ist man preislich deutlich günstiger als BMW 3er oder Audi A4, tritt jedoch gut gerüstet eine Klasse darüber gegen A6 Avant und BMW 5er Touring an. Bleibt abzuwarten, ob der Cadillac CTS Sport Wagon den Weg nach Deutschland schafft; verdient hätte er es in jedem Fall.

Quelle: Autoplenum, 2010-04-19

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