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Autoplenum, 2010-04-07

Daimler und Renault-Nissan kooperieren - Smarter Twingo

Testbericht

Stefan Grundhoff

Die Nachricht dürfte kaum mehr einen aus den Schuhen hauen. Zu sehr
hatten sich in den letzten Wochen die Anzeichen dafür verdichtet, dass
Daimler und Renault-Nissan zukünftig an einem Strang ziehen wollen.
Jetzt ist die Mini-Ehe offiziell.

War anfangs nur an eine Kooperation in Sachen Smart Fortwo und
Renault Twingo gedacht, so ist nach monatelangen Verhandlungen nun
doch mehr daraus geworden. Die Daimler AG hätte es gerne bei einer
technischen Kooperation belassen, doch Renault-Nissan-Chef Carlos
Ghosn wollte eine finanzielle Partnerschaft, um das ganze auf
belastbare Füße zu stellen. Nach langem hin und her spielte Daimler
ohne großes Zähneknirschen letztlich mit; doch der Anteilsaustausch
ist mit 3,10 Prozent mehr als überschaubar. So kann sich Renault-
Nissan über 3,10 Prozent am finanzstarken Daimler-Konzern freuen.
Die Stuttgarter bekommen im Gegenzug je 1,55 Prozent an Nissan und
1,55 Prozent an Renault. Die Kooperation ist für unbestimmte Zeit
geplant. Die Mindestlaufzeit der Beteiligungen liegt bei fünf Jahren.

Schon seit Monaten hätte die Mini-Ehe zwischen zwei großen der
Autobranche verkündet werden sollen. Doch gerade Daimler war von
den Pleiten bei den Kooperationen mit Chrysler und Mitsubishi
geläutert. Während sich die Absprachen auf oberster Ebene mit Dieter
Zetsche und Carlos Ghosn sowie in den Arbeitsebenen darunter
hinzogen, wurde in den technischen Abteilungen bereits intensiv
gearbeitet. Schließlich geht es ab heute richtig los. Die nächste
Generation Smart Fortwo und Renault Twingo werden gemeinsam
entwickelt. Heißt, der Twingo der nächsten Generation trägt seinen
Motor im Heck und bekommt eine zweisitzige Mini-Version. Der Fortwo
wird ebenfalls nicht länger Alleinunterhalter bleiben. Neben dem
ungleichen technischen Zwilling Renault Twngo wird es einen weiteren
Smart Forfour als Viersitzer geben. Auch ein kleiner SUV ist im
Gespräch. Längst ist auch kein Geheimnis mehr, dass Renault Twingo
und das Smart-Doppel ab 2013 auf die Märkte kommen sollen.
Vorrangig mit Benzin- und Dieseltriebwerken, die gemeinsam
entwickelt werden. Zudem soll es bereits zum Marktstart auf beiden
Seiten Elektroversionen geben.

"Daimler und Renault-Nissan verbinden in zahlreichen Feldern
gemeinsame Interessen, die eine vielversprechende Grundlage für eine
erfolgreiche, strategisch sinnvolle Kooperation bilden“, so Dr. Dieter
Zetsche, Vorsitzender des Vorstands der Daimler AG und Leiter von
Mercedes-Benz Cars, „diese basiert auf einer Reihe konkreter und
attraktiver Projektvereinbarungen. Unsere Kompetenzen sind dabei
sehr komplementär." Der Smart Fortwo bleibt gewohnt kurz und trägt
seinen Motor im Heck. „Anders kann man ein 2,70 Meter-Auto gar
nicht hinbekommen“, erklärt Joachim Schmidt, Mercedes-Vorstand für
Vertrieb und Marketing. Damit der kleinste Mercedes nicht in die Gefahr
kommt, als Renault mit einem aufgesetzten Stern wahrgenommen zu
werden, werden sich die neuen Smart-Generationen deutlich von den
vergleichbaren Renault- und Nissanmodellen unterscheiden. Dr. Dieter
Zetsche: "Wir stärken mit dieser Kooperation schnell und nachhaltig
unsere Wettbewerbsfähigkeit im Klein- und Kompaktwagensegment
und reduzieren zudem unsere CO2-Emissionen. Dabei wissen wir, dass
wir auch bei gemeinsamen Architekturen jeweils unterschiedliche und
markentypische Produkte entstehen lassen können. Die
Markenidentitäten bleiben unberührt."

Grundkonstrukt und Heckmotor sind auch bei den Franzosen gesetzt.
So kommt Mercedes aus der ebenso kostenintensiven wie misslichen
Lage, alle wichtigen Komponenten speziell nur für den Smart
entwickeln zu müssen. Wenn Daimler und Renault-Nissan in drei
Jahren gemeinsame Kleinwagenprojekte auf den Markt bringen, lassen
sich endlich auch die Stückzahlen rechnen. Im Gespräch sind
mittelfristig 300.000 bis 400.000 Kleinstfahrzeuge pro Jahr. Bisher
dümpelte man bei Smart mit maximal 100.000 Fahrzeugen herum, für
die das neue Invest nicht lohnen würde. Die neuen zweisitzigen Modelle
Smart Fortwo und Renault Twingo kommen aus dem bekannten
Smart-Werk in Hambach. Im Renault-Nissan-Werk im slowenischen
Novo Mesto laufen dann die Viersitzer vom Band.

Carlos Ghosn, Vorstandsvorsitzender bei Renault-Nissan: "Die Renault-
Nissan-Allianz hat Erfahrung mit der erfolgreichen Zusammenarbeit
innerhalb von Kooperationen und diese Erfahrungen hilft uns enorm,
heute und mehr noch morgen im globalen Wettbewerb der
Automobilindustrie zu bestehen. Durch die heutige Vereinbarung
bauen wir unsere strategische Zusammenarbeit aus und erzielen durch
den Ausbau und die gemeinsame Stärkung unserer Produktangebote
nachhaltige Vorteile für die Renault-Nissan-Allianz und Daimler. Wir
nutzen alle gemeinsamen Ressourcen noch effizienter, um die
innovativen Technologien zu entwickeln, die im kommenden Jahrzehnt
unerlässlich sind."

Auch wenn Renault und Smart ihre Fahrzeuge in zwei
unterschiedlichen Werke produzieren, sollen die Triebwerke
ausschließlich bei Renault vom Band laufen. Bis zuletzt hatte BMW
kräftig um Mercedes-Benz geworben. Doch die ingenieursgetriebenen
Bayern patzten in ihrer Lieblingsdisziplin – dem Motorenbau. Anders als
bei der Motorenkooperation mit PSA (Peugeot / Citroen), die
mittlerweile ebenfalls die kleinen Vierzylinder-Benziner der Münchner
verbauen, konnte man die Schwaben mit neuen, kleinen Triebwerken
nicht gewinnen. Mercedes waren die präsentierten Dreizylinder mit
Turboaufladung, variabler Ventilsteuerung und insbesondere wegen des
Hubraums von knapp 1,5 Litern zu groß. Bei Smart ist man kleiner
unterwegs. Knapp 1,0 bis 1,2 Liter sind das Maß der zukünftigen Dinge.
Die Entwicklung eines Dreizylinders allein erschien den Mercedes-
Verantwortlichen unter technischer Leitung von Entwicklungs-Chef Dr.
Thomas Weber zu aufwendig. Wenn schon neue Motoren, dann soll das
Grundkonstrukt sowohl mit drei als auch mit vier Brennkammern
möglich sein.

„Solche Motoren könnten dann auch in die nächste Generation A- und B-
Klasse Einzug halten“, erklärt Dr. Joachim Schmidt. Die Nachfolger von A-
und B-Klasse werden im kommenden Jahr vorgestellt. Sie stehen auf der
neuen MFA-Plattform und bekommen zum Start neue Mercedes-
Triebwerke. Doch eine Auffrischung der Palette mit kleinen, aufgeladenen
Triebwerken aus der Mercedes-Renault-Kooperation scheint im Laufe des
Modellzyklus wahrscheinlich. Damit will man die Vorteile nutzen, die
gerade Hersteller wie VW / Audi oder Fiat aktuell mit ihren zukünftigen
Triebwerksgenerationen vorleben. Groß ist die Angst, dass der
Kleinwagenzug an Daimler vorbeifährt, während Konzerne wie
Volkswagen, Fiat oder Toyota in die Vollen gehen. Netter Nebeneffekt: der
kleine Dreizylinder, der zusammen mit Renault-Nissan entwickelt wird,
könnte zudem als Range-Extender in verschiedenen Mercedes-Modellen
eingesetzt werden.

Bei den Triebwerken selbst soll sich der Premiumhersteller Mercedes
klar von dem Volumenproduzenten Renault abheben. Die neuen Drei-
und Vierzylinder bekommen die gleiche technische Basis. Entwickelt
werden sie mit Direkteinspritzung, variabler Ventilsteuerung und
Turboaufladung. Doch je nach Fahrzeugklasse und Hersteller wird
speziell entschieden, mit was die verbauten Motoren ausgestattet
werden. Ähnlich läuft es derzeit auch bei BMW / PSA. Doch nicht nur
Renault, Nissan, Smart und Mercedes sollen voneinander profitieren.
Auch die in Europa schwer auf die Beine kommende Luxusmarke
Infiniti kann sich freuen. Im Rahmen der Kooperation zwischen Daimler
und Renault-Nissan bekommt sie Zugriff auf Mercedes-Triebwerke mit
vier und sechs Zylindern. Überhaupt ist denkbar, dass Infiniti zukünftig
technisch sehr nah an Mercedes-Modelle heranrückt. Neben den neuen
Smart-Generationen wollen Zetsche und Ghosn auch bei leichten
Nutzfahrzeugen miteinander kooperieren. Mercedes bringt im Jahre
2012 einen leichten Stadtlieferwagen ähnlich dem Renault Kangoo, der
im Renault-Werk Maubeuge / Frankreich vom Band läuft.

Quelle: Autoplenum, 2010-04-07