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Testbericht

11. März 2015
Mandelieu La Napoule (Frankreich), 12. März 2015 - Sie waschen sich am liebsten mit klobiger Kernseife? Ziehen quaderförmige Zuckerstücke einem handelsüblichen Bonbon vor? Sie finden die neue Google-Uhr klasse, weil sie nicht so eklig rund ist wie eine normale Armbanduhr? Dann ist der Lexus NX genau Ihr Ding. Denn so eckig und kantig wie das neue SUV ist selten mal ein Auto - mal abgesehen von den Lamborghinis. Wir haben uns von der polarisierenden Optik nicht abschrecken lassen und haben die neue Version mit Turbobenziner getestet.

Erster Turbobenziner von Lexus
Der NX ist mit 4,63 Meter Länge ein Konkurrent für BMW X3 und Audi Q5. Er ist knapp unter dem Lexus RX positioniert, der nur 14 Zentimeter länger ist. Eine Kannibalisierungsgefahr ist nicht von der Hand zu weisen. Aber der RX kommt im Jahr 2016 in neuer Form auf den Markt - vielleicht wächst er bei dieser Gelegenheit und bringt mehr Abstand zwischen sich und den kleinen Bruder. Von dem setzt er sich aber auch motorisch ab: Im RX 350 arbeitet ein Sechszylinder, während der NX 200t einen Vierzylinder besitzt. Der Neuling ist der erste Lexus mit einem Turbobenziner unter der Haube. Der 200t tritt neben die seit dem Herbst 2014 verfügbare Hybridversion 300h mit 197 PS Systemleistung. Eine Dieselversion ist nicht geplant. Selbstzünder hätte die Toyota-Tochter genug, aber die Adaption lohnt sich nicht für ein paar Hundert europäische Kunden.

Guter Vortrieb und kerniger Klang
Der NX 200t holt 238 PS aus 2,0 Liter Hubraum und schiebt den NX gut an. Das gute Beschleunigungsgefühl ist dem ordentlichen Drehmoment zu verdanken: Mit 350 Newtonmeter liegt es auf dem gleichen Niveau wie beim RX 350. Der Sound kann natürlich nicht der eines Sechszylinders sein, aber ich vermisse nichts, im Gegenteil: Der NX 200t klingt kernig, wenn man ihn scheucht, und dieser typische Vierzylinder-Klang gefällt mir persönlich gut. Tatsache ist jedenfalls: Der Sechszylinder ist auch bei den SUVs auf dem Rückzug, vor allem wegen des Spritverbrauchs. Der hält sich im Vergleich zum RX 350 (10,7 Liter) beim NX 200t mit 7,7 Liter sehr in Grenzen. Nach der Testfahrt meldete der Bordcomputer mit 10 bis 11,5 Liter allerdings wie üblich deutlich mehr. An der fehlenden Start-Stopp-Automatik liegt das nicht, denn ich fuhr fast ausschließlich außerorts.

Serienmäßige Automatik mit nur sechs Gängen
Der Hauptmarkt für den NX 200t sind die USA, und so wundert es nicht, dass er ausschließlich mit Automatik angeboten wird. Dass im NX aber ein Sechsgang-Getriebe eingesetzt wird, ist nicht mehr ganz zeitgemäß. Beim Fahren fallen die Gangwechsel ab und zu auf: Sie gehen nicht ganz so flüssig vor sich wie bei anderen Automatiken. Wer manuell eingreifen will, kann dies bei der Version F Sport über Schaltwippen tun.

Front- und Allradantrieb verfügbar
Anders als beim stets eingebauten Automatikgetriebe hat man beim Antrieb die Wahl: Den NX 200t gibt es mit Front- und Allradantrieb. Die Mehrheit wird sich für den Allradler entscheiden, glaubt man bei Lexus. Der Aufpreis hält sich mit 1.400 Euro im Rahmen und der Mehrverbrauch soll nur 0,2 Liter betragen. Außerdem sind die höheren Ausstattungen ohnehin nur mit Allradantrieb verfügbar. Dies gilt auch für die gefahrene Version F Sport, die den Hauptteil der Verkäufe ausmachen soll. Einfluss auf den permanenten Allradantrieb hat der Fahrer nur über ein Knöpfchen, mit dem man die dynamische Kraftverteilung zwischen den beiden Achsen verhindern kann. Eine mechanische Sperre wie bei richtigen Geländegängern ist dies allerdings nicht.

Unheimlich viele Knöpfchen
Apropos Knöpfchen: Davon hat der NX genug, nicht nur links unter dem Lenkrad, sondern auch rechts. Und auf der Mittelkonsole. Manche sind kleiner als ein Fingernagel. Übersichtlicher und schöner macht das den Innenraum nicht. Dazu kommt ein arg zerklüftetes Armaturenbrett. Hier gibt es überall Ecken und Kanten, Vorsprünge und Stufen. Besonders unschön ist die aus Plastik bestehende Mittelkonsole. Ebenso billiges Plastik wurde für den Bereich um die Fensterheber-Knöpfchen verwendet - gerade da, wo man mit den Fingern hinfasst, fehlt das Leder. Auch die Verarbeitung ist nicht überall top. So ist beim Testwagen die Holzleiste vor dem Beifahrer nicht richtig verklebt, sie steht vom Untergrund ab.
 
Gelungene Steuerung via Touchpad
Das Geschehen auf dem Display wird über ein Touchpad in der Mittelkonsole gesteuert - eine Lexus-Premiere. Ist ein Menüpunkt erreicht, den man auswählen kann, vibriert die Platte, dann kann man sie herunterdrücken. Das System funktioniert gut. Ein praktisches Detail ist auch die Handy-Ladeschale: Dort abgelegte Smartphones werden kabellos per Induktion aufgeladen. Voraussetzung ist - wenn man nicht eines der seltenen induktionsfähigen Geräte besitzt - eine Aufrüstung für wenige Euro: Entweder wird eine dünne Induktions-Matte ins Handy eingelegt, oder man verwendet ein spezielles Case mit integrierten Spulen.

Im Sport-Plus-Modus überraschend kurvenfreundlich
Neben dem Automatikhebel findet sich ein Drehknopf für den Fahrmodus: Eco, Normal, Sport und im Fall der F-Sport-Variante auch noch Sport Plus. Beeinflusst werden Gasannahme, Lenkung und - soweit vorhanden - die adaptiven Stoßdämpfer. Die Unterschiede sind allerdings gering. Wir bevorzugten den Sport-Plus-Modus, da hier das Fahrwerk etwas straffer wirkt. Damit lässt sich der NX für ein SUV überraschend sportlich durch die Kurven jagen. Bei schlechtem Fahrbahnbelag wirkt das Auto ab und zu aber etwas unkomfortabel.

Wenig Kopffreiheit hinten
Die Sitze - der F Sport hat spezielle Sportsitze - geben guten Seitenhalt am Rücken, aber wenig an den Schenkeln. Hinten genießt man eine sehr gute Beinfreiheit, aber die Kopffreiheit ist zumindest bei der gefahrenen Version mit Glasdach etwas mau: Mir blieb gerade mal ein Zentimeter über dem Kopf, das ist nicht mehr als bei einem VW Polo. Bei Bedarf lassen sich die Rücksitze elektrisch umklappen - eine Spezialität in dieser Klasse und ein praktisches Feature. Nach dem Umklappen ergibt sich ein leicht ansteigender, aber gut nutzbarer Ladeboden. Das Volumen von 580 bis 1.625 Liter liegt auf dem Niveau der Konkurrenz.

Etwa so teuer wie ein Q5, günstiger als ein X3

Die Preise für den NX 200t beginnen bei 42.000 Euro, die Allradversion gibt es ab 43.400 Euro. Zum Vergleich: Der Audi Q5 2.0 TFSI quattro mit 225 PS wird ab 43.600 Euro angeboten, während für einen BMW X3 xDrive28i Steptronic mit 245 PS gleich 48.300 Euro fällig werden. Die gefahrene F-Sport-Variante kostet als Allradler 54.450 Euro. Hier sind auch luxuriösere Elemente schon Serie, wie das adaptive Fahrwerk, ein Abstandstempomat mit Antikollisionssystem, LED-Scheinwerfer, eine elektrische Heckklappe und elektrisch verstellbare Ledersitze. Optional gibt es ein Navigationssystem mit DAB-Radio und Rückfahrkamera für recht happige 3.100 Euro. Ebenfalls nicht ganz so günstig ist das Head-up-Display, das zusammen mit Fernlicht- und Spurhalteassistent für 2.200 Euro offeriert wird. Ein Totwinkelwarner und eine Querverkehrswarnung fürs rückwärtige Ausfahren aus Parklücken wird ebenfalls angeboten, aber nur für die Topausstattung Luxury Line.

Nische als Selbstzweck?
Wie wird sich der neue NX 200t verkaufen? Nun, man muss kein Prophet sein, um zu sagen: nicht gut. Das liegt auch an der Marke. Gerade mal 1.328 Autos hat Lexus im Jahr 2014 an den Mann gebracht, das bestverkaufte Modell war der IS mit 366 Stück. Zahlen, die einem fast schon Tränen in die Augen treiben. "Wir werden immer Nische sein", sagt Lexus-Geschäftsführer Ferry Franz, wenn man ihn drauf anspricht. "Wir haben eben keinen Mittelklasse-Kombi mit Diesel, und wir werden nie einen haben." Aus der Not macht Franz eine Tugend: Zumindest muss der Kunde das seltene Modell auf dem Supermarkt-Parkplatz nicht lange suchen - in aller Regel wird maximal ein einziger Lexus da stehen.
Technische Daten
Antrieb:permanenter Allradantrieb
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Automatik
Motor Bauart:Otto-Reihenmotor mit Twinscroll-Turbo, kombinierte Direkt- und Saugrohreinspritzung (D-4ST)
Hubraum:1.998
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:4
Leistung:175 kW (238 PS) bei UPM
Drehmoment:350 Nm bei 1.650 UPM
Preis
Neupreis: 54.450 € (Stand: März 2015)
Fazit
Der NX 200t heißt nicht so, weil Lexus nur 200 Stück davon verkaufen will. Aber recht viel mehr werden es wohl auch nicht sein. Die Marke Lexus sagt den meisten Deutschen nichts, und das Fehlen eines Diesels begrenzt die Verkaufszahlen zusätzlich. Das macht die getestete Turbobenziner-Version aber nicht schlechter. Der 200t hat durchaus Qualitäten. So hat mir der Motor mit seinem kernigen Sound im oberen Drehzahlbereich gefallen, und das Fahrwerk des F Sport erlaubt erstaunlich flottes Kurvenfahren. Das Auto fährt sich gut, aber es gibt auch Schattenseiten. So ist die geringe Kopffreiheit im Fond enttäuschend. Auch die meiner Ansicht nach arg extreme Außenoptik und das zerklüftete Cockpitdesign schrecken ab. Das mag man als Geschmackssache abtun, aber auch die Verarbeitung sowie die Materialien sind innen nicht auf Topniveau. Das ist aber Pflicht, wenn man Premiumpreise verlangt. + guter Turbobenziner, kurvenfreundliches F-Sport-Fahrwerk - zerklüftetes, knopfüberfrachtetes Cockpit, geringe Kopffreiheit hinten
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: auto-news, 2015-03-11

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