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Testbericht

10. Dezember 2012
München, 11. Dezember 2012 - Sie kennen das bestimmt: Es gibt Dinge, die hat man sich schon als Kind ganz ungemein gewünscht. Man hätte für dieses oder jenes Erlebnis alles gemacht und gegeben. Wenn dann viele Jahre später solch ein Traum in Erfüllung geht, ist man häufig etwas enttäuscht. Die kindliche Aufregung, dieses besondere Kribbeln, ist mit den Lebensjahren verloren gegangen. Manchmal kommt man dann zu dem Schluss, es wäre vielleicht besser gewesen, der Traum wäre für immer ein Traum geblieben. Doch ab und zu kommt es auch ganz anders. Der jahrelang ersehnte Wunsch wird irgendwann tatsächlich Realität - und die eigene Begeisterung ist so groß wie einst im Kindesalter. Ich habe schon als kleiner Junge davon geträumt, einmal Rolls-Royce fahren zu dürfen. Und "fahren" bedeutete damals nichts anderes als "mitfahren". 30 Jahre später geht der Traum in Erfüllung: Ich steuere zwei Tage lang einen Rolls-Royce, das neue Phantom Drophead Coupé, wie die englische Traditionsmarke ihr Luxus-Cabriolet nennt. Mein Enthusiasmus steht der eines kleinen Kindes in nichts nach.

Majestätische Erscheinung
Ich kannte den offenen Phantom natürlich von Bildern und hatte ihn auch schon auf der einen oder anderen Messe gesehen. Doch wenn man dann kurz vor dem Losfahren erstmals vor diesem Ungetüm steht, ist man dennoch beeindruckt. Das kleinste Mitglied der Phantom-Familie ist eine mehr als majestätische Erscheinung: mächtiger Kühlergrill, böser Blick, serienmäßige 21-Zoll-Räder. Und dann die Abmessungen: 5,61 Meter lang, 1,99 Meter breit, ein Radstand von 3,32 Meter. Daneben wirke ich noch etwas kleiner und schmaler als ich es ohnehin bin. Die Proportionen mit schier endloser Motorhaube, kurzem Überhang vorne und einem deutlich längeren hinten gehören seit jeher zu den bewährten Zutaten für einen Rolls-Royce. Im Rahmen des jüngsten Facelifts im Frühjahr 2012 haben alle Phantom-Varianten einheitliche, rechteckig geformte Voll-LED-Scheinwerfer erhalten. Die runden Zusatzscheinwerfer sind verschwunden. Ein wahres Highlight ist der Einstieg ins Drophead Coupé. Autos mit gegenläufig öffnenden Türen kennt man mittlerweile ja einige. Aber einen Zweitürer mit hinten angeschlagenen Portalen? Da sind die Cabrioversion des Phantom und sein geschlossener Coupé-Bruder schon etwas Einmaliges. Die riesigen Türen lassen sich fast rechtwinklig öffnen. Zugezogen werden sie auf Knopfdruck automatisch. Ein- und Ausstieg gehen deshalb äußerst großzügig, bequem und komfortabel vonstatten.

Man sollte parken lassen
Voraussetzung dafür ist allerdings entsprechend viel Platz rechts und links des Fahrzeugs. Herkömmliche Querparklücken oder Parkhäuser sind daher tabu - es sei denn, man okkupiert gleich zwei Stellplätze. Doch mit einem Rolls-Royce sucht man ohnehin nicht nach einem öffentlichen Parkplatz. Man fährt vor, hält direkt vor dem Hotel, Restaurant, Palais oder Landhaus, lässt das Fahrzeug dort in der Auffahrt stehen oder gegebenenfalls andere für sich parken. Die Heckpartie des Phantom Cabrios mit vergleichsweise kleinen Rückleuchten wirkt fast ein wenig unspektakulär. Eine breite Chromleiste mit RR-Emblem oberhalb des Nummernschilds sowie die breiten, ebenfalls verchromten Endrohre lassen aber kein Understatement aufkommen.

Gewaltiger Respekt
Kaum beginnt die Fahrt mit dem Phantom Drophead Coupé, kreisen die Gedanken durch meinen Kopf: "Wenn das mal gut geht mit uns beiden." Nach hunderten anderer Modelle, die ich wie selbstverständlich und unbekümmert gesteuert habe, kommt in diesem Fall gehöriger Respekt auf. Liegt es daran, dass ich hier den Wert eines Einfamilienhauses spazieren fahre? Fast eine halbe Million Euro kostet der Testwagen. Während der zwei Tage verliere ich den Respekt vor dem offenen Phantom zwar nicht, gewöhne mich aber immerhin daran.

Bewährter Zwölfzylinder
Angetrieben werden alle Phantom auch weiterhin vom bekannten V12-Saugmotor mit 6,75 Liter Hubraum. Das Aggregat mit Benzindirekteinspritzung wird nach wie vor überwiegend von Hand zusammengesetzt. Der Zwölfzylinder schnurrt im Drophead Coupé nur so vor sich hin und ist fast nicht wahrnehmbar. Selbst beim beherzten Tritt aufs Gaspedal wird das Triebwerk nicht laut, entfaltet dafür seine ganze Kraft. 460 PS und ein maximales Drehmoment von 720 Newtonmeter treiben den 2,7 Tonnen schweren Koloss mit einer unglaublichen Souveränität voran. Anstatt des Sechsstufen-Automaten übernimmt in der jüngsten Phantom-Generation eine neue Achtgang-Automatik die Kraftübertragung auf die Hinterräder. Die Gänge wechseln sanft, schnell und kaum merklich. 5,8 Sekunden vergehen für den Spurt von null auf 100 km/h. Bei Tempo 240 wird dem Vortrieb elektronisch Einhalt geboten. Die Fahrwerte können sich sehen lassen, sind aber keineswegs brachial. Doch rasen sollen andere, das Edelgefährt aus England ist eher fürs gemütliche Cruisen gemacht. Selbst bei behutsamer Fahrt ist das Cabriolet allerdings recht durstig. Rund 19 Liter habe ich im Schnitt auf meinen Touren verbraucht. Laut Datenblatt soll sich das Auto 14,8 Liter pro 100 Kilometer genehmigen.

Von oben herab
Mit anhaltender Fahrdauer stelle ich bei mir eine sich verändernde Sichtweise auf andere Verkehrsteilnehmer fest. Aus der Angst, die teure Edelkarosse nicht heil wieder abzugeben, wächst mit der Zeit eine Selbstsicherheit, die schon beinahe in eine gewisse Arroganz übergeht. Der Fahrer sitzt im Phantom Drophead Coupé vergleichsweise hoch. Ein bisschen von oben herab blicke ich nun auf andere Fahrzeuge. Ein 911er-Porsche? "Ist doch nichts Besonderes." Ein 7er-BMW? "Ein Auto von der Stange." Selbst der Begegnung mit einem Lamborghini Gallardo oder einem Bentley Continental sehe ich gelassen und mit einer gewissen Verachtung entgegen: "Haben die denn kein Geld? Oder einfach keinen Stil?", frage ich mich überheblich.


Besser als jede S-Klasse

Auf der Straße liegt das Phantom Drophead Coupé nahezu perfekt. Der luftgefederte Brite gleitet über den Asphalt, dass es nur so eine Wucht ist. Selbst schlechte Straßen mit Schlaglöchern stellen für den Wagen keinerlei Probleme dar, das Fahrwerk bügelt alle Querrillen bestens weg. Wer bisher die Mercedes S-Klasse als Maß aller Dinge in Sachen Fahrkomfort ausgemacht hat, der ist noch nie in einem Rolls-Royce Phantom unterwegs gewesen. Natürlich bringt die weiche Abstimmung in Kombination mit dem hohen Gewicht nicht nur Vorteile mit sich. In Kurven neigt sich das Fahrzeug spürbar zur Seite, schiebt über die Vorderräder. Dieses Problem lässt sich allerdings leicht lösen: die Biegungen einfach langsam nehmen. Wer mit dem offenen Phantom durch Kurven eilen möchte, der hat dieses Auto sowieso nicht verstanden. Gelenkt wird wie in alten Zeiten - über ein dünnes, großes Lenkrad. Es passt gut in das elegante Cockpit, dreht sich leichtgängig und lässt deshalb verschmerzen, dass die Lenkung eine Spur direkter agieren könnte.

Ein Glücklichmacher
Die leichte Arroganz, die ich mir als Rolls-Royce-Fahrer leiste, wird häufig mit einer gewissen Untertänigkeit der Beobachter beantwortet. Auf der Autobahn machen einem Autos Platz, die es nicht müssten. Wenn ich den Wagen abstelle oder wieder losfahre, wenn ich irgendwo warte oder tanke, drängen sich im Nu Leute um den Rolls. "Darf ich mal anschauen? Darf ich ein Foto machen? Können Sie mal den Motor anlassen?" Ausnahmslos alle Passanten begegnen mir dabei höflich und zuvorkommend, von Neid und Missgunst keine Spur. Ob es daran liegt, dass sowieso keiner auf die Idee kommt, dass der sündhaft teure Zweitürer wirklich mir gehört? Oder haben Besitzer solch edler Gefährte tatsächlich so eine positive Anziehungskraft? Wem ich den Wunsch erfülle, ein Foto zu machen, sich in das Cabrio zu setzen oder sogar eine kleine Runde mitzufahren, der dankt es mit einem breiten Grinsen und offen zur Schau gestellter Glückseligkeit.

Klassische Einrichtung
Das Interieur bietet einen deutlichen Kontrast zum relativ modernen Außendesign des Drophead Coupé. Denn die Kabine ist sehr klassisch eingerichtet. Die wuchtige Armaturentafel ist weitgehend mit Edelhölzern verkleidet, darin integriert sind Rundinstrumente mit weißen Zifferblättern. Die Sitzmöbel sind mit weichem, in unserem Falle hellem Leder bezogen. Fast alle Schalter und Knöpfe sind verchromt, allein die Regler der Klimaanlage aus schwarzem Kunststoff passen nicht so recht ins Bild. Schwer zu finden und wenig intuitiv zu steuern ist die elektrische Sitzverstellung. Die Tasten dafür befinden sich in einer Deckelbox in der Mittelkonsole. Hat man sie entdeckt, dauert es noch eine Weile, bis die ideale Sitzposition eingestellt ist. Ebenfalls versteckt untergebracht ist das Bediensystem, das von der Mutter BMW übernommen wurde. Der ebenso verchromte iDrive-Kontroller ist mitsamt der gesamten Steuerungseinheit in der Mittelarmauflage verborgen und fährt nur bei Bedarf behutsam aus. Auch der moderne, von 6,5 auf 8,8 Zoll vergrößerte Multifunktionsbildschirm soll nur zu sehen sein, wenn er wirklich benötigt wird. Der Monitor klappt auf Knopfdruck aus und ersetzt dann die Analoguhr im Armaturenbrett.
 
Fahren und fahren lassen
Dass das Phantom Drophead Coupé nicht nur für Selbstfahrer gedacht ist, sondern auch als Chauffeursauto taugt, wird offensichtlich, sobald man sich auf die Rückbank bettet. Hier gibt es nicht nur geräumigen Platz für zwei Personen, sondern zudem eine deutlich erhöhte Sitzposition. Das versetzt die Fondpassagiere in die Lage, viel zu sehen und auch selbst gut gesehen zu werden. Eine Reminiszenz an Luxus-Yachten aus den 1930er-Jahren bildet der hochwertige Verdeckkastendeckel, der sich um die Rückbank zieht. Er ist mit hellem Teakholz furniert, das wegen seiner Härte und Widerstandsfähigkeit gegenüber Feuchtigkeit gerne im Schiffsbau verwendet wird. Unter dem Deckel liegt fein säuberlich zusammengelegt das Stoffverdeck, das sich auf Knopfdruck vollautomatisch schließt und öffnet. Währenddessen ist allerdings Geduld gefragt, dieser Vorgang dauert etwa eine halbe Minute. Bei geöffneter Mütze wird es für die Insassen des Drophead Coupé durchaus zugig. Ein Windschott, das Luftverwirbelungen reduziert, ist nicht erhältlich. Es würde zu diesem automobilen Gesamtkunstwerk auch nicht recht passen.

Fast alles ist möglich
Wer bereit ist, 453.985 Euro und mehr auf den Tisch zu legen, der bekommt nicht nur ein außergewöhnliches Fahrzeug mit hohem Aufmerksamkeitsfaktor, sondern zusätzlich ein paar nette Gimmicks. So dreht sich das Doppel-R in den Felgen nicht mit dem Rad, sondern steht zu jedem Zeitpunkt aufrecht. Die berühmte Kühlerfigur "Spirit of Ecstasy" gibt es wahlweise verchromt, vergoldet oder aus Kunststoffglas inklusive nächtlicher LED-Beleuchtung. Leider findet diese Illumination nur statt, wenn man das Phantom Drophead Coupé abstellt, und auch dann nur sehr kurz. Wenig später fährt die geflügelte Lady nämlich nach unten und verschwindet im Kühlergrill, nur um beim nächsten Start wieder heil emporzusteigen. Wer den Kofferraum nicht anderweitig benötigt, kann sich eine Champagnerbox samt Gläsern und Kühlung einbauen lassen. Darüber hinaus haben Kunden bezüglich Lackierung, Lederfarbe und Holzdekor freie Wahl. Was möglich ist, wird gegen entsprechenden Aufpreis auch realisiert. Das meiste davon entsteht im englischen Goodwood tatsächlich noch in echter Handarbeit. 450 Stunden und 60 Personen werden für die Fertigung eines einzigen Phantom benötigt.

Die Erinnerung währt lange
Nach zwei Tagen ist der Traum auch für mich zu Ende, ich bin wieder geerdet. Es hat sich genau so angefühlt, wie ich es mir als kleiner Junge immer vorgestellt habe. Was bleibt, ist die Erinnerung an ein außergewöhnliches Erlebnis. Zumindest so lange, bis ich wieder einmal Rolls-Royce fahren kann.
Technische Daten
Antrieb:Heckantrieb
Anzahl Gänge:8
Getriebe:Automatik
Motor Bauart:Ottomotor in V-Form mit Benzindirekteinspritzung
Hubraum:6.749
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:12
Leistung:338 kW (460 PS) bei UPM
Drehmoment:720 Nm bei 3.500 UPM
Preis
Neupreis: 453.985 € (Stand: Dezember 2012)
Fazit
Das Rolls-Royce Phantom Drophead Coupé ist ein Erlebnis. Das beginnt beim exklusiven Erscheinungsbild mit hinten angeschlagenen Türen, geht über die stattlichen Ausmaße bis zur fürstlich eingerichteten Kabine. Der edle Engländer zieht die Blicke zu Recht auf sich. Vollends überzeugt haben auch das höchstkomfortable Fahrwerk und der kraftvolle Zwölfzylinder. Für jeden Normal­sterblichen ist die Anschaffung solch eines Automobils ohnehin utopisch. Eine Ausfahrt ist dennoch wärmstens zu empfehlen - nach kurzer Eingewöhnungszeit ist sie äußerst entspannend.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: auto-news, 2012-12-10

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