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Testbericht

Stefan Grundhoff, 24. Januar 2008
Das soll ein neuer Renault Kangoo sein? Da muss man schon zweimal hinsehen: Denn auch die zweite Generation des geräumigen Bestsellers aus Frankreich ist geblieben was sie immer war – rundlich und praktisch.

Die Veränderungen an dem komplett neu entwickelten Kangoo der zweiten Generation sind überraschend dürftig. Unverändert glänzt der rundliche Kastenvan mit jeder Menge Platz und einem familientauglichen Raumkonzept. Renault setzt auch wie gehabt nicht auf Premium oder Image, sondern auf das erfolgreiche Konzept der ersten Generation, die seit 1997 in mehr als 2,3 Millionen Exemplaren gebaut wurde. Ähnlich wie schon beim Twingo hat sich Renault in Sachen Styling nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen wollen. So hat auch der neue Kangoo keine Chancen, jemals einen Schönheitswettbewerb zu gewinnen. Ist auch egal: Besonders bei Frauen mit viel Sinn für das Praktische und wenig Drang zu nur vordergründiger Imagebildung wurde der Franzose Ende der 90er Jahre zum besonderen Liebling. Sein Anteil im Segment liegt bei beeindruckenden 25 Prozent.

Der Neue will die Erfolgsgeschichte fortsetzen. In Deutschland wurden seit 1997 mehr als 150.000 Kangoo verkauft. Die meisten KäuferInnen liebten den variablen Franzosen wegen seiner Praktikabilität, dem mächtigen Laderaum und den großen Schiebetüren. "Verbesserungen wünschten sich die Kunden bei Geräuschniveau, Verarbeitung und Komfort", sagt der Produktverantwortliche Florian Hüttel von Renault Deutschland: "Dem sind wir nachgekommen."

Wirklich viel hat sich jedoch nicht getan. Angeboten werden ein schlapper und recht lauter Benziner mit 106 PS sowie drei Dieselmotoren mit 68, 86 und 103 PS. Doch auch das neue Diesel-Topmodell mit dem 1,5 Liter großem Commonrail-Triebwerk dröhnt und lärmt in nahezu jedem Fahrzustand und beliebiger Drehzahl. 240 Nm maximales Drehmoment, 76 kW/103 PS und gerade mal 170 km/h Spitze können nur bescheidene Kunden zufrieden stellen. Doch der Kangoo qualifizierte sich bisher eben durch andere Qualitäten denn Fahrdynamik. Immerhin gibt es beim großen Diesel serienmäßig einen Partikelfilter, den man beim künftigen Volumendiesel mit gleichem Motor und 86 PS erst einmal extra ordern muss. Da sorgt der ordentliche Durchschnittsverbrauch von 5,5 Litern Diesel auf 100 Kilometer doch für mehr Zufriedenheit.

Der Wechsel auf die aktuelle Scenic-Plattform tut dem Fahrwerk gut. Der Komfort ist ordentlich und die Wankbewegungen der 1,81 Meter hohen Karosserie halten sich im klassenüblichen Rahmen. Hier haben sich die 3,5 Millionen Testkilometer ausgezahlt. Das gilt auch für die Bremse, die sich standfester als beim Vorgänger präsentiert. Ansonsten: Die Schaltung ist hakelig, bietet im Vergleich zu den anderen Versionen jedoch immerhin standesgemäße sechs Gänge.

Der neue Renault Kangoo ist in seinen Dimensionen deutlich gewachsen. Knapp 18 Zentimeter länger und 15 Zentimeter breiter wirkt er nicht mehr so schlaksig und hochbeinig wie bisher. Die Gesamtlänge von 4,21 Metern macht sich vor allem auch mit einem Plus im Innenraum bemerkbar. Bereits der alte Kangoo hatte ein exzellentes Platzangebot. Der neue bietet Dank zehn Zentimetern mehr Radstand mehr Raum für Passagiere und Laderaum. Hier stehen nun zwischen 660 und 2.688 Liter zur Verfügung. Die Rücksitze lassen sich getrennt im Verhältnis 40:60 mit einem Handgriff umklappen und als nahezu ebene Ladefläche mit einer Länge von bis zu 2,50 Metern nutzen. Die Zuladung liegt bei 477 Kilogramm. Wem der Platz im Kofferraum nicht reicht, der klappt die Dachträger aus der Reling und lädt auf dem Dach weiter. Der Einstieg in das Fondabteil geschieht durch die beiden großen Fondschiebetüren unverändert problemlos. Endlich lassen sich auch die hinteren Seitenscheiben elektrisch betätigen. Besonders unter dem Dach bietet der Kangoo zahlreiche Ablagen. Praktisch ebenfalls die Klapptische und die integrierten Kinderkopfstützen.

Große Innovationen und bedeutende Verbesserungen sucht man gerade auch im Innenraum vergebens. Eine Multibox, DVD-Entertainment, separate Leseleuchten oder zumindest Kopfhörerbuchsen wie bei der Konkurrenz sind nicht zu bekommen. Eine versteckter iPod-Anschluss im wenig praktischen Handschuhfach und ein allenfalls mittelmäßiges Soundsystem sind neben den üppigen Platzverhältnissen die einzigen Annehmlichkeiten, die vor allem Kindern eine lange Reise verkürzen. Trotz der mächtigen Luke im zentralen Armaturenbrett gibt es hier nicht einmal gegen Aufpreis ein Navigationssystem mit Bildschirm. Renault bietet nur eine Nachrüstlösung in TomTom-Manier an. Die Bedienelemente und Oberflächen sind gefälliger als bisher, lassen jedoch keinen Zweifel daran, dass der Kangoo Nutzfahrzeug-Gene in sich trägt.

Wie schon bei dem kleinen Renault Twingo hat auch die Sicherheitsausstattung des Kangoo Lücken. ESP gibt es nur gegen 300 Euro Aufpreis. Vier Airbags, Isofix-Befestigungen und ABS sind immerhin Serie. Die ebenfalls wichtigen Kopfairbags kosten nochmals 380 Euro extra. Ebenso wie die zweite Schiebetür, die beim Einstiegsmodell nicht und bei der mittleren Ausstattungsvariante nur als Option zu haben ist. Marktstart in Deutschland ist der 18. Januar nächsten Jahres. Die genauen Preise stehen noch nicht fest, sollen jedoch zwei bis drei Prozent über denen des aktuellen Modells liegen. Damit würde das voraussichtliche Volumenmodell Renault Kangoo 1.5 dCi mit 86 PS, zwei Schiebetüren und Partikelfilter rund 15.500 Euro kosten.

Quelle: Autoplenum, 2008-01-24

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