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Testbericht

Sebastian Viehmann, 20. Januar 2010
Experten sehen die elektrische Zukunft der Automobilindustrie nur langsam heraufziehen. Beim chinesischen Autobauer BYD schafft man mit neuer Batterietechnik längst seine eigenen Fakten – und belächelt die trägen Europäer.

70.000 Elektroautos surren durch New York, 60.000 durch Paris und 25.000 durch Shanghai. Noch ist diese Vorstellung Zukunftsmusik, doch genau solche Zahlen prognostiziert eine aktuelle McKinsey-Studie zur Elektromobilität im Jahr 2015. Demnach werde allein in New York der Anteil von reinen Elektroautos und Hybridfahrzeugen an den Neuzulassungen in den kommenden fünf Jahren auf 16 Prozent klettern.

In China sehen die Zukunftsforscher erst nach 2015 bedeutende Marktchancen für Elektrofahrzeuge. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass der chinesische Autofahrer bisher nicht bereit ist, einen Kompromiss bei Reichweite und Funktionalität einzugehen“, sagt Axel Krieger, Experte für Elektromobilität bei McKinsey und Leiter der Studie. Immerhin gibt es schon längst die ersten Stromer in China. Der Autobauer und Akku-Produzent BYD zum Beispiel bietet seit Dezember 2008 Plug-In-Hybride an. Die 4,5 Meter lange Limousine F3 DM (Dual Mode) mit einer Systemleistung von 168 PS kann laut Herstellerangaben im Stadtverkehr 100 Kilometer rein elektrisch fahren und wird danach von einem Benzinmotor unterstützt. Der Wagen ist in China billiger als ein Toyota Prius, aber rund doppelt so teuer wie ein normaler Benziner. Bislang wurden laut BYD erst „einige hundert“ Fahrzeuge verkauft.

Der Hybrid ist aber nur der Anfang. Noch 2010 will BYD das rein batterieelektrisch betriebene Modell E6 in die USA exportieren, ein Jahr früher als geplant. Es soll rund 40.000 US-Dollar kosten und den Chevrolet Volt angreifen. „Wir sind ein Unternehmen, das sowohl Autos auch die Batterien dazu baut – das unterscheidet uns von vielen Konkurrenten. So können wir die Kosten reduzieren und Fahrzeuge schneller auf den Markt bringen“, sagt Paul Lin, Marketing- und Export-Manager bei BYD. Der Autokonzern will außerdem eine Eisen-Batterie entwickelt haben, die deutlich billiger als Lithium-Ionen-Batterien und leicht zu recyclen sei. Die Fe-Akkus sollen rund 2000 Ladezyklen aushalten. Für den E6 gibt der Hersteller eine Batteriekapazität von 57 Kilowattstunden und eine Reichweite von 400 Kilometern bei 50 Km/h im Stadtverkehr an.

Ob die China-Stromer auch nach Deutschland kommen, kann Paul Lin nicht sagen, doch BYD hat durchaus Expansionspläne. „Wir werden den Plug-In-Hybriden F3 DM nach Europa bringen, und zwar zu einem viel niedrigeren Preis als beim Toyota Prius. Auch den E6 werden wir 2011 in Europa anbieten“, bekräftigt Lin. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Marktauftritt in Europa gestaltet. Mit Brilliance und anderen Marken sind die Chinesen schließlich auf die Nase gefallen.

Auf seinem Heimatmarkt soll der E6 zunächst bei Flottenkunden und Taxiunternehmen zum Einsatz kommen. Zwar haben nur die wenigsten Chinesen eine eigene Garage, in der sie ihr Elektroauto aufladen könnten, und trotz der zahlreichen Millionen-Metropolen sind große Regionen des Landes noch kaum entwickelt. Doch manche Voraussetzungen für die Stromer sind ideal: Die meisten Autofahrer sind kaum überland unterwegs, sondern auf kurzen Strecken im dichten Stadtverkehr. Das größte Manko eines Elektroautos, die geringe Reichweite, verliert damit seinen Schrecken.

Selbst das Problem der Infrastruktur ist relativ. Christian Malorny ist bei McKinsey Berater für die Automobil- und Zulieferindustrie. „Die frühen Elektroautokäufer stellen sich darauf ein, ihr Fahrzeug zu Hause oder im Parkhaus aufladen zu können“, so Malorny, „ein flächendeckendes Netz aus Ladestationen ist in der Startphase gar nicht erforderlich. Die Autofahrer werden ihre Fahrgewohnheiten ganz selbstverständlich daran ausrichten, dass sie bei jeder Fahrt wieder nach Hause zurückkehren müssen“. BYD-Manager Paul Lin muss über die Diskussion zum Thema Ladestationen sogar schmunzeln: „Als die ersten Benzinautos erschienen, gab es schließlich auch noch kein Tankstellennetz. Unsere Regierung treibt den Aufbau von Ladestationen voran. Man wird bald Ladestationen an Parkplätzen finden. In China geht so etwas sehr schnell.“ Lin wagt die vorsichtige Schätzung, dass bis zum Jahr 2020 jeder dritte PKW in China ein Plug-In-Hybrid oder Elektroauto sein werde.

In der Verbrennungsmotoren-Technologie hinken die Chinesen den Europäern dagegen hinterher. In den nächsten Jahren könnten die Autobauer aus Fernost diesen Schritt aber einfach überspringen, indem sie sich voll und ganz auf die Elektromobilität konzentrieren – während die restliche Autowelt noch enorme Summen in die Weiterentwicklung von Benzinmotoren pumpt. Wie die New York Times berichtet, beschäftigt BYD mehr als 5000 Ingenieure in der Batterieentwicklung, bei einem Lohn von umgerechnet weniger als 600 US-Dollar pro Monat. Die Arbeiter am Band verdienen demnach sogar nur 150 bis 300 Dollar pro Monat. Selbst wenn die Stromer-Revolution im eigenen Land nur langsam voranschreitet – als Exporteur von Elektroautos könnte China bald eine Rolle spielen.

Quelle: Autoplenum, 2010-01-20

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