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Testbericht

Sebastian Viehmann, 24. November 2009
Ob Liebeshochzeit oder Zwangsehe, Chryslers Zukunft wird zukünftig von Fiat bestimmt. In wenigen Jahren wird man den amerikanischen Autobauer nicht mehr wieder erkennen. Die Italiener nähern sich dem US-Markt allerdings sehr vorsichtig – aus gutem Grund.

Im kommenden Jahr müssen sich Amerikaner an einen seltsamen Anblick gewöhnen: Tausende kleiner Knutschkugeln werden zwischen dicken Limousinen und Geländewagen herum wuseln. Der Fiat 500 nämlich macht den Sprung über den großen Teich. In den Metropolen will Fiat-Chef Sergio Marchionne als neuer Hausherr bei Chrysler eine Nordamerika-Version des Cinquecento neben Jeep und Co. in den Showrooms parken. Und könnte damit Erfolg haben: „Für den Fiat 500 bin ich in den USA optimistisch. Ich denke, er wird sich besser verkaufen als der Smart. In der Summe gehe ich von 60.000 Verkäufen aus. Bei den anderen Fiat-Modellen wäre ich deutlich vorsichtiger“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Betriebs- und Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen. Denn selbst wenn der Cinquecento seine Fans findet, ist er bestenfalls das Sahnehäubchen einer gewaltigen Umstrukturierung.

Wie Fiat den maroden Autobauer generalüberholen will, zeigt eine von Chrysler veröffentlichte Präsentation. Die Produktionskosten sollen radikal gekürzt und die Zahl der Plattformen von 11 im Jahr 2010 auf 7 im Jahr 2014 reduziert werden. Auf jeder Plattform sollen aber statt wie bisher durchschnittlich 125.000 Autos zukünftig mehr als 300.000 Autos vom Band laufen. Bei Jeep haben nur der Wrangler und der Grand Cherokee langfristig eine Überlebenschance. Alle anderen Modelle laufen gemäß dem vorgestellten Produktentwicklungs-Plan bis 2012 aus oder werden durch neue Modelle auf Fiat-Plattformen ersetzt. Gleichzeitig wird Chrysler von Fiats Motorentechnik profitieren und damit seinen Flottenverbrauch erheblich reduzieren. So soll etwa Fiats neue Multiair-Technik in den USA eingeführt werden. Ein Jeep mit Dieselmotor und Start-Stopp-Automatik kommt in den Chrysler-Plänen ebenso vor wie eine Hybridversion des beliebten Pick-ups Dodge Ram.

Die Sparte Dodge wird komplett umgekrempelt. Der von Markenchef Ralph Gilles präsentierte Zukunftsplan sieht zwar einen Modellwechsel für den Charger und das Fortbestehen des Sport-Coupés Challenger vor, und auch die Modelle Journey und Grand Caravan werden wohl im Programm bleiben. Dagegen wird der Caliber ab 2012 gestrichen, der Sportwagen Viper schon 2010. Auch für den Nitro könnte nach 2011 Schluss sein. Zudem stehen alle Motorsport-Aktivitäten auf dem Prüfstand. Dafür wird es 2013 auf Fiat-Basis einen neuen Kleinwagen geben sowie einen neuen Kompakten ab 2012. Fiat will außerdem mit zwei Transporter-Modellen in den Nutzfahrzeugmarkt vordringen.

Dass Fiat in den USA nicht allein auf Kleinwagen setzen kann, ist offensichtlich. Laut den Daten des Center Automotive Research (CAR) ist der Anteil der „Small Cars“ am Gesamtmarkt USA zwar von 2,4 Prozent im Jahr 2003 auf 6,1 Prozent im Jahr 2008 gestiegen und dürfte sich 2009 bei 5,9 Prozent einpendeln. Doch den rund 616.000 Kleinwagen stünde dann immer noch ein Gesamtmarkt von rund 10 Millionen Autos gegenüber. Es darf also mit Spannung erwartet werden, welche neuen Modelle die Italiener ab dem Kleinwagensegment aufwärts präsentieren. Auf der Detroit Motorshow im Januar könnte es die ersten Ausblicke geben.

Ein Rückblick in die Geschichte zeigt, wie schwer sich Fiat schon vor Jahrzehnten in den USA tat. Mit einigen Modellen wie dem sportlichen Zweisitzer X 1/9 trafen die Italiener den US-Geschmack ganz gut, Ende der 70er Jahre wurde ein großer Teil der Produktion über den großen Teich verschifft. Die Ölkrisen gaben europäischen Importautos neuen Schub, denn nun waren Spritschlucker plötzlich out und kompakte, sparsame Autos gefragt. Fiat pries den kantigen 131 unter dem Namen Brava in den USA als „luxuriöse Limousine“ an und beschwor die „große europäische Tradition“ des Automobilbaus. Modelle wie der Ritmo, in den USA unter dem Namen Strada verkauft, wurden im Design nur in Details dem amerikanischen Geschmack angepasst. Und selbst das geschah nicht immer zum Vorteil der Autos. Wegen verschärfter Sicherheitsbestimmungen mussten viele Europa-Importe verstärkte Stoßfänger haben, die den Autos eine wulstige und unharmonische Frontoptik bescherten. Letztlich bescherten weder Brava noch Strada Fiat den Durchbruch in Nordamerika.

Wer in Diskussionsforen und Blogs nach Meinungen zur Fiat-Chrysler-Hochzeit sucht, findet neben positiven Stimmen oft tief sitzende Ressentiments gegenüber der italienischen Marke. Gerade in den 80er Jahren machte Fiat nicht gerade mit überbordender Qualität von sich reden, was sich im englischen Sprachraum in der Verballhornung „Fix It Again, Tony“ niederschlug – übersetzt etwa: Reparier’s noch einmal, Tony. Wie Fiat in den USA ein neues Image aufbauen will, dazu gibt die Firmenzentrale keinen Kommentar ab. „Chrysler kann durch die Fiat-Modelle seinen Rückgang in den Verkäufen nicht aufhalten. Es fehlen Modelle, die wirklich auf die Amerikaner zugeschnitten sind und nicht auf die Italiener“, meint Automarkt-Experte Ferdinand Dudenhöffer.

Letztlich waren es die Japaner, die in den 70er und 80er Jahren von der Krise der US-Autoindustrie am stärksten profitierten – und das auch heute wieder tun. Auf dem wichtigsten Neuwagenmarkt Kalifornien zum Beispiel hält Toyota laut Zahlen des Marktforschungsinstituts Experian rund 24 Prozent Marktanteil, gefolgt von Honda (knapp 14 Prozent) und Ford (12,6 Prozent). GM liegt mit 11,5 Prozent immerhin noch auf Rang vier, die Europäer BMW, VW und Mercedes bewegen sich trotz gestiegener Marktanteile zwischen vier und fünf Prozent. Und Chrysler kann man schon längst nicht mehr zu den „Big Three“ zählen. Chryslers Marktanteil am kalifornischen Neuwagenkuchen liegt inklusive Dodge und Jeep gerade noch bei 5,3 Prozent.

Quelle: Autoplenum, 2009-11-24

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