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Testbericht

Benjamin Bessinger/SP-X, 31. Januar 2020
SP-X/Brescia. Es gibt Autos, die bringen einen von A nach B, es gibt welche, die heben die Laune, und es gibt welche, die können tatsächlich die Persönlichkeit verändern. Und ganz, ganz selten, kommen all diese Eigenschaften zusammen. Zumindest, wenn man dann auch noch auf der richtigen Strecke unterwegs ist. So jedenfalls war es kürzlich im Classic Mini, den wir kurz vor Weihnachten durch die Alpen prügeln durften - zusammen mit rund 50 anderen Oldtimern, die zur Coppa delle Alpi angetreten sind, um den Geist der Mille Miglia in die Berge und vor allem in den Schnee zu tragen.Der Startort Brescia war noch nicht ganz im Rückspiegel verschwunden, schon hatten wir ein Lachen auf den Lippen, das für über 1.000 Kilometer nicht mehr aus dem Gesicht gehen sollte. Und kaum waren die ersten Autos überholt, wurden wir mit jedem Kilometer ein paar Jahre zurückkatapultiert, und fühlten uns schon auf dem ersten von unzähligen Serpentinen-Stücken wie Rauno Aaltonen bei seinem legendären Sieg auf der Rallye Monte Carlo vor fast genau 50 Jahren, mit dem er dem Mini auch als Sportwagen ein Denkmal gesetzt hat.Seltsam sediert vom Lärm eines winzigen Motors, dessen Drehzahl selten unter 5.000 Touren fällt und der nach dem Schalten klingt wie der Bohrer des Zahnarztes bei einer Wurzelbehandlung, kauert man mit fünf Gurten festgezurrt in einem Schalensitz, umgeben von einem Stahlkäfig und eingepfercht in ein Auto, das kaum größer ist als eine Keksdose und kämpft sich Kilometer für Kilometer nach Norden durch Südtirol und die Dolomiten, durch Tirol, durch die bayerischen Alpen hinein ins Engadin und wieder zurück nach Italien: Viele tausend Höhenmeter, ein Dutzend Pässe und zahllose Kurven machen die Tour zu einer endlosen Achterbahnfahrt, auf der sich kein anderes Auto in den Bergen so wacker schlägt wie der Winzling aus England.Grip ist dabei kein Problem. Erstens, weil Frau Holle offenbar ein Einsehen hat mit den Klassikern und die mitgeführten Ketten deshalb nicht zum Einsatz kommen. Und zweitens, weil die winzigen Reifchen grobe Stollen tragen, die sich tapfer in den schmierigen Asphalt krallen. Und was dem Mini an Kraft fehlt, macht er mit Kaltschnäuzigkeit wieder weg: Platz ist in der kleinsten Lücke und manchmal sogar in einer Haarnadelkurve. Überholen wird zum Kinderspiel, wenn man die weiße Linie in die Mitte nimmt und im dichten Verkehr mal eben eine weitere Spur aufmacht, zum Einscheren findet sich immer eine Lücke und wo die anderen in ihren schnellen Ferrari oder schweren Lagonda in jeder Kurve dreimal umgreifen müssen, schnürt der Mini einfach durch – und erweist sich dabei als überraschend stabil. Die Räder, kaum größer als bei einem Einkaufswagen, wimmern zwar in den eng geschnittenen Kurven, doch lässt sich der Mini auch ohne all den elektronischen Schnickschnack der Jetztzeit spielend in der Spur halten.Zwar pfeift es bei dieser Raserei eisig durch alle Ecken. Doch musste Renntuner Hans-Åke Söderqvist um die herzerwärmende Wirkung dieses Wirbelwindes wissen, als er die Heizung quasi stillgelegt hat. Schließlich wollte er bloß keine unnötige Energie verschwenden. Denn ganz so viel davon gibt es nicht in einem Mini. Wobei der Schwede dem 1,3 Liter immerhin stolze 110 PS entlockt hat. Und weil die Rennsemmel gerade einmal 620 Kilo wiegt, jagt sie davon, wie von der Tarantel gestochen. Dazu ein Schwerpunkt tiefer als bei jedem Porsche oder Ferrari und ein Wendekreis wie ein Bobbycar – da weiß man, weshalb uns Mini bis heute was vom GoKart-Gefühl erzählt. In der Neuzeit nur noch ein besseres Marketing-Märchen, ist es in roten Renner mit der Startnummer 39 eine rasende Realität, die viele andere, sehr viel potentere Sportwagen bei diesen Winterspielen schier zur Verzweiflung bringt, selbst wenn sie auf der Geraden deutlich schneller sind als der Mini, der auch mit viel Anlauf nicht mehr als 145 km/h schafft. Aber wo in den Alpen gibt es schon eine so lange Gerade. Wie Asterix nach einem großen Schluck aus der Pulle mit dem Zaubertrank ist der Little Red Rooster deshalb nicht zu stoppen – und die winterliche Bergwelt fliegt im schnellen Vorlauf an den winzigen Fenstern vorbei.Das ist fast ein bisschen schade. Denn wer langsamer fährt, der schwärmt von den Strecken und von den Panoramen. Doch egal ob giftig oder gemächlich – alle Teilnehmer eint vor allem der Umstand, dass sie ihre Autos auch dann noch fahren, wenn andere Oldtimerbesitzer ihre Pretiosen ängstlich in die klimatisierten Garagen sperren und mit weichem Tuch vor jedem Witterungseinfluss schützen. Das gilt für die vielen Italiener im Feld genauso wie für die Gäste aus der Schweiz, aus Deutschland und aus Benelux, und das lockt sogar Fahrer aus fernen Ländern. Zwei Teams aus Japan und eines aus China sind gemeldet und stürmen mit Autos von europäischen Freunden oder Vermietern begeistert mit über die Gipfel.Dumm nur, dass es bei der Coppa noch nicht ganz so lässig und entspannt zugeht wie bei der Mille. Während weder Wind und Wetter noch die eng gewundene Strecke den Mini stoppen können, gebieten ihm die Carabinieri bisweilen Einhalt: Die Ordnungshüter sind im Winter nicht ganz so cool wie im Sommer und die legen deshalb die Verkehrsregeln etwas weniger großzügig aus. Doch scusi, mi amici, das liegt nicht am Fahrer, sondern am Auto. Denn der Mini hat einen direkten Einfluss auf die Persönlichkeit, man wird im Geiste zu Rauno Aaltonen – und kann beim besten Willen nicht langsam fahren.Was für ein Höllenritt: Wer einmal im Classic Mini durch die winterlichen Alpen jagt, der weiß, was Rauno Aaltonen damals leisten musste, um mit dem Winzling tatsächlich die Rallye Monte Carlo zu gewinnen. Selbst wenn es bei der Dezember-Ausgabe der Mille Miglia eher ums Schauen geht als ums Siegen.
Fazit
Was für ein Höllenritt: Wer einmal im Classic Mini durch die winterlichen Alpen jagt, der weiß, was Rauno Aaltonen damals leisten musste, um mit dem Winzling tatsächlich die Rallye Monte Carlo zu gewinnen. Selbst wenn es bei der Dezember-Ausgabe der Mille Miglia eher ums Schauen geht als ums Siegen.

Quelle: Autoplenum, 2020-01-31

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