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Testbericht

Wolfram Nickel/SP-X, 26. November 2018

SP-X/Köln. Nein, es war nicht das bestialische Brüllen der brachialen Sechszylinder-Maschine, das Fans inspirierte, den Nissan GT-R Godzilla zu nennen.

Dieser Gran Turismo-Racer („GT-R“) brennt als einziger asiatischer Supersportwagen seit 50 Jahren Bestwerte in den Asphalt von Rennstrecken und Autobahnen. Und auch in Konsolenspielen ist seine Überlegenheit gegenüber vielen Konkurrenten Kult. Vor allem aber ist der Nissan GT-R erschwinglich für die Supercar-Community, zumindest im Vergleich zu Ferrari, Aston Martin oder Porsche 911. Was Godzilla an glamourösem Markenimage fehlt, kompensiert der schnellste Nissan durch ein außergewöhnliches – typisch japanisches – Produktionsprinzip: Ein Mann, ein Motor. In der GT-R-Manufaktur signiert jeder Ingenieur höchstpersönlich die von ihm montierte, bis zu 441 kW/600 PS starke Maschine und bürgt so mit seinem Namen für die Qualität des Hochleistungsaggregats.

Genau so begann in den 1950er Jahren die Erfolgsgeschichte des Prince (Nissan) Skyline, aus dem der Skyline GT-R als Sportversion hervorgegangen ist. Schon im Jahr 1957 kam der ebenso robuste wie zuverlässige Skyline als erstes japanisches Auto nach Europa. Bis die superschnelle Topversion Skyline GT-R den Sprung in die Alte Welt wagte, sollte es dauern. Zunächst zeigten nur rechtsgelenkte GT-R, dass Nissan noch schärfere Pfeile im Köcher hat als die populären Sportcoupés der Z-Serie. Erst 2007 griff der GT-R richtig an. Es war die wilde Ära früher Autobahnraser, in denen furiose Ferrari Daytona oder Lamborghini Miura zur Jagd auf Porsche 911 S und Jagura E-Type bliesen. 1968/69 befand sich die Welt in einem Temporausch, symbolisiert durch Apollo und Concorde am Himmel und einen Tsunami von über 50 Supersportwagen, darunter erstmals gleich vier heißblütige Samurai aus dem Land der aufgehenden Sonne.

Während das Design von Toyota 2000 GT und Mazda Cosmo die muskulösen Formen europäischer Gran Turismo fernöstlich interpretierte, beeindruckte Nissan durch ein Duo Infernale: Dem bezahlbaren Sechszylinder 240 Z Fairlady fiel die Rolle des Welteroberers zu, die das Sportcoupé mit der Grandezza eines Julius Cäsar ausfüllte. Veni, vidi, vici – der Nissan Z kam, sah und siegte. In Rekordzeit platzierte sich der 240 Z zur Verblüffung etablierter westlicher Sportmarken auf dem Thron des global populärsten Pulsbeschleunigers. Dagegen schlug der Skyline GT-R zunächst nur auf dem Heimatmarkt mit der Gewalt eines teutonischen Hammers zu. Tatsächlich hatte der legendäre Nissan-Konstrukteur Shinichiro Sakurai schon dem 1957 nach Europa geschickten Skyline gezielt alles mitgegeben, was deutsche Sportlimousinen wie die damalige Borgward Isabella auszeichnete. Als Borgward von der Bühne abtrat und BMW mit der legendären Neuen Klasse zur Benchmark für rasante Tourenwagen und Titelträger in kantigen Konturen wurde, folgte Sakurai diesem frischen Vorbild. So spendierte er dem Skyline 2000 GT-R (interner Typencode C10) eine Kastenform mit Trapezlinien im Stil italienischer Couturiers, die für Emotionen gut war. Hilfreich war dabei, dass Kultdesigner Giovanni Michelotti bereits 1960 für Nissan ein Skyline Sport Coupé vorgestellt hatte, dass 1962 in den Verkauf ging.

Unter den klaren Kanten des ersten GT-R verbarg sich robuste Sportfahrwerkstechnik und ein belastbarer, hochgerüsteter Sechszylinder, der nicht nur die flinken Wankel-Mazda sondern auch flotte Italiener und Porsche 911 zum Powerplay forderte. So sammelte der von Fans wie Gegnern respektvoll Hakosuka („Kiste“) genannte GT-R schon in den ersten 18 Monaten 33 Siegerpokale. Eine Zahl, die sich bis 1972 auf über 100 nationale sportliche Triumphe und viele hundert Podestplätze steigerte. Ob der Dominanz des Nissan GT-R erwogen die Sportinstitutionen bereits Restriktionen in der Homologation, die aber abgewendet wurden, als Mazda RX-Kreiskolben-Coupés dem Hakosuka doch noch Kontra gaben. Klar, dass Nissan nun auch von der nächsten, Ende 1972 vorgestellten Skyline-Generation (Typ C110) eine GT-R-Spezifikation auflegte. In Deutschland zeigte dieser von amerikanischen Designtrends inspirierte Sechszylinder ebenfalls Präsenz, allerdings nur als harmlos motorisierter 240 KG-GT. Die gewaltige Dynamik vorzugsweise grellweiß lackierter GT-R blieb Japan vorbehalten – bis zum Jahr 1973. Dann zog Nissan den GT-R zu einer Denkpause ins Depot zurück.

Nationale Diskussionen um Leistungsbeschränkungen für die Supertrümpfe in japanischen Autoquartetts und die Auswirkungen der Erdölkrise limitierten plötzlich das Absatz-Potential von Powercars. Außerdem hatte Nissan bereits mit dem Ausbau der Z-Reihe genug zu tun. Neu gemischt wurden die Karten im Sportwagenquartett erst wieder 1989, als Nissan überraschend die dritte Generation des GT-R (Typ R32) an den Start schickte. Intention war diesmal, mit einem Sportcoupé die Rennwagen der Gruppe A aufzumischen und dafür präsentierte sich der einmal mehr vom Nissan Skyline abgeleitete GT-R als hungriger Wolf im Schafspelz. Nicht mehr unschuldiges Kristallweiß, sondern „Gun Grey Metallic“ avancierte jetzt zur favorisierten Lackierung für die ausschließlich rechtsgelenkten Zweitürer, die über Umwege endlich auch nach Europa fanden. Dort begehrte den offiziell 206 kW/280 starken Boliden eine leistungshungrige Community auf den britischen Inseln, aber auch auf dem Kontinent wurden die GT-R der Serien R32, R33 (ab 1995) und R34 (ab 1999) nach und nach Kult. Kaum ein Fan störte sich am Lenkrad auf der „falschen“ Seite, wichtiger war das Tuningpotential der preiswerten Boliden, die es mit Ferrari und Maserati aufnahmen.

Beim legendären Langstreckenrennen in Le Mans duellierten sich schon 1995 zwei GT-R der Serie R33 mit dem damals offiziell schnellsten Autos der Welt, McLaren F1, und beide Nissan beeindruckten durch ihre Standfestigkeit. Ein Nimbus, der durch Auftritte in Konsolenspielen und Hollywood-Blockbustern wie „The Fast and the Furious“ gefestigt wurde. Als Nissan den GT-R vom Skyline trennte und 2007 als eigenständiges Modell vorstellte, war er der umlagerte Superstar auf der Tokio Motor Show. Wie ein scharfes und geschickt geführtes Hocho-Schwert sorgte der GT-R für ungläubiges Staunen und Erschrecken der Rivalen: Kaum ein Tempo-Rekord ist gefeit vor dem GT-R. Ob auf dem Nürburgring, in Hockenheim oder auf anderen Rundkursen, überall zählt der Nissan zu den Angstgegnern von Porsche, Ferrari, Aston Martin oder Audi R8, die das Budget ihrer Käufer leicht um das Doppelte belasten.

Es war die Geburtsstunde von Godzilla, der bis heute Respekt erntet für seine Alltagstauglichkeit und die Anläufe, auf Strecke und Straße in Richtung Schallmauer fliegen. Weshalb Nissan den 50. Jahrestag des GT-R mit einem Designerstück feiert: Der in Zusammenarbeit mit Italdesign entstandene GT-R50 zeigt, über welche Bekanntheit das markante Buchstabenkürzel inzwischen verfügt. Worüber Porsche- und Ferrari-Fans allerdings nur milde lächeln. Technische Daten: Chronik Nissan Skyline GT-R: 1957: Auf dem Pariser Automobilsalon wird als erstes japanisches Automobil der Prince (Nissan) Skyline vorgestellt. Der Prince Skyline ist im Stil einer sportiv angehauchten Limousine konzipiert und soll gegen Alfa-Romeo-Modelle und Borgward Isabella antreten. Allerdings fehlte es der später von Nissan übernommenen Marke Prince zunächst noch an einer europäischen Vertriebsorganisation 1960: In Turin debütiert das von Giovanni Michelotti gezeichnete Coupé Prince (Nissan) Skyline Sports, das zwei Jahre später auch als Cabrio in Serie geht und in der Leistungsliga der sogenannten Neuen Klasse von BMW positioniert wird 1968: Erstmals wird vom Nissan Skyline (Limousine und Coupé) C10 eine Hochleistungsversion als Skyline 2000 GT-R (Typencode PGC10) mit 119 kW/162 PS starkem 2,0-Liter-Reihensechszylinder vorgestellt.

Damit ist der GT-R muskulöser motorisiert als Mazda Cosmo Sport, Toyota 2000 GT und auch Porsche 911 T. Debüt des Skyline GT-R im Oktober auf der Tokio Motor Show. Der Vertrieb startet im Folgejahr national über Nissan Prince Stores 1969: Am 4. Februar feiert der GT-R seinen Marktstart in Asien 1971: Im März wird der Nissan Skyline GT-R auch als Coupé lieferbar (Typencode KPGC10). Erste Exemplare kommen nach Nordamerika und Großbritannien 1972: Nach insgesamt 1.945 Einheiten des GT-R der ersten Generation endet die Fertigung zum Jahresende und passend zum Modellwechsel des Grundmodells Skyline. Die neue Skyline-Generation debütiert auf der Tokio Motor Show und zeitgleich dazu wird auch der zweite GT-R enthüllt. Vertriebsstart dieses GT-R (Typencode KPGC110) Anfang 1973 mit 2,0-Liter-Sechszylinder und erstmals Scheibenbremsen an allen vier Rädern 1973: Unter dem Rufnamen „Kenmeri“ – zusammengesetzt aus Ken und Mary, einem jungen Paar, das für den Skyline Promotion macht – kommt der zweite GT-R in den Handel. Allerdings endet die Herstellung des weitgehend in Handarbeit gebauten Hochleistungstyps nach nur 197 Einheiten.

Im Zuge der ersten Energiekrise, neuer Emissionsregularien und auch um die internationale Karriere des 240/260 Z Fairlady zu fördern, konzentriert sich Nissan vorläufig auf dieses Sportmodell 1987: Der Skyline GTS-R bereitet die Rückkehr des GT-R vor 1989: Der GT-R wird als zweitüriges Coupé wiederbelebt. Diese dritte Generation des Sportlers (Code R32) wird zunächst speziell für die Motorsportserien der Gruppe A entwickelt und verfügt erstmals über Allradantrieb. Offizieller Produktionsstart des 206 kW/280 PS starken Coupés am 21. August 1989 und Motorsporteinsatz ab 1990 in der Gruppe A 1990: Am 22. Februar wird der GT-R Nismo als sportliche Leichtbau-Variante des Coupés vorgestellt 1994: Nach insgesamt 43.937 Nissan GT-R (R32) endet die Fertigung 1995: Die vierte Generation des Nissan GT-R geht im Januar an den Start und trägt das interne Kürzel R33. Wieder mit 2,6-Liter-Sechszylinder, später ergänzt um ein 2,8-Liter-Triebwerk und mit Allradantrieb. Im Juni setzt Nissan beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans zwei Nismo R33 GT-R ein. Der zehnte Platz im Gesamtklassement gilt als Achtungserfolg 1998: Nächster Generationenwechsel. Der Typ R33 läuft am 9. November aus mit dem letzten Exemplar einer V-Spec Edition Black Pearl 1999: In diesem Jahr startet der Skyline GT-R der Serie R34, wieder mit 206 kW/280 PS Leistung. Bedingt ist diese Leistung durch eine freiwillige Selbstbeschränkung der japanischen Automobilhersteller.

Bei Leistungstests entwickelt der GT-R mit 2,6-Liter-Turbo allerdings 300 PS 2001: Nissan zeigt die Studie GT-R als ersten Vorboten auf ein eigenständiges Modell mit diesem Typenkürzel 2002: Das Produktionsende der Serie R34 wird durch neue nationale Emissionsgesetze bedingt. Zuvor feiert Nissan den Skyline GT-R mit Sonderserien, die auf den Nürburgring Bezug nehmen, darunter GT-R V spec II Nür und GT-R M-spec Nür. Eine der Editionen (Auflage 300) wurde innerhalb von zwei Stunden via Internet verkauft, damals eine Sensation 2005: Ein weiteres Showcar namens GT-R kündigt ein Serienmodell an 2007: Auf der Tokio Motor Show debütiert der Nissan GT-R als Nachfolger der früheren Skyline GT-R. Allradantrieb ist bei dem Coupé Standard, neu sind Linkslenkerversionen und die Strategie einer globalen Vermarktung 2009: Im Mai kommt der Nissan GT-R auch in Deutschland offiziell in den Handel (220 Zulassungen im ersten Verkaufsjahr), der Vertrieb in Nordamerika als wichtigstem Linkslenkermarkt startete allerdings schon im Vorjahr 2010: Regelmäßige Überarbeitungen und Leistungssteigerungen in den Jahren 2010, 2011, 2013 und 2016 halten die Absatzzahlen des GT-R relativ konstant (im Jahr 2016 sind es 202 deutsche Zulassungen). Die Motorleistung klettert dabei von 357 kW/485 PS auf 419 kW/570 PS bzw. 441 kW/600 PS für den GT-R Nismo 2018: Der Nissan GT-R wird 50 und Nissan feiert dieses Jubiläum mit dem GT-R50 by Italdesign, der beim Goodwood Festival of Speed debütiert.

Der Prototyp ist Vorbote für eine angedachte Kleinserie von 50 Einheiten zu Preisen ab 900.000 Euro Sechs Generationen Nissan GT-R: Skyline GT-R Typ C10: Ab 1968 als sportlichster Typ der dritten Skyline-Generation mit 2,0-Liter-Sechszylinder und 118 kW/160 PS, Auflage 1.945 Einheiten Skyline GT-R Typ C110: Ab 1972 als sportlichster Typ der vierten Skyline-Generation mit 2,0-Liter-Sechszylinder und 118 kW/160 PS, Auflage 197 Einheiten Skyline GT-R Typ R32: Ab 1989 als sportlichster Typ der achten Skyline-Generation mit 2,6-Liter-Sechszylinder und 206 kW/280 PS, Auflage 43.661 Einheiten Skyline GT-R Typ R33: Ab 1993 als sportlichster Typ der neunten Skyline-Generation mit 2,6-Liter-Sechszylinder und 206 kW/280 PS, Auflage 16.435 Einheiten Skyline GT-R Typ R34: Ab 1999 als sportlichster Typ der zehnten Skyline-Generation mit 2,6-Liter-Sechszylinder und 206 kW/280 PS, Auflage 11.344 Einheiten GT-R: Seit 2007 als eigenständiges Modell mit 3,8-Liter-V6 und 357 kW/485 PS bis 441 kW/600 PSVor diesem Japaner fürchten sich Ferrari- und Porsche-Piloten. Der superschnelle Nissan GT-R tauchte vor 50 Jahren auf aus der Tiefe des Fernen Ostens. So wie das Filmmonster Godzilla, dem der GT-R seinen Rufnamen verdankt. Unbezwingbar zuverlässig und unschlagbar preiswert, ist der GT-R Kult in der Supercar-Szene.

Fazit

Vor diesem Japaner fürchten sich Ferrari- und Porsche-Piloten. Der superschnelle Nissan GT-R tauchte vor 50 Jahren auf aus der Tiefe des Fernen Ostens. So wie das Filmmonster Godzilla, dem der GT-R seinen Rufnamen verdankt. Unbezwingbar zuverlässig und unschlagbar preiswert, ist der GT-R Kult in der Supercar-Szene.

Testwertung
4.5 von 5

Quelle: Autoplenum, 2018-11-26

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