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Testbericht

Wolfram Nickel/SP-X, 10. Mai 2021
SP-X/Köln. Lang gestreckte Motorhaube, coole Klappscheinwerfer und großes Glaskuppel-Heck: Das waren die aufregenden Zutaten, aus denen Porsche seit 1975 verführerisch geformte und gerade noch bezahlbare viersitzige Sportcoupés baute. Ein Erfolgsrezept, das mit dem Porsche 924 gelauncht wurde und das der muskulöser gestylte Porsche 944 sechs Jahre später zum Höhepunkt führte. Kultdesigner Anatole Lapine wusste, dass dicke Backen für breitere Räder und ein wuchtiger Gummispoiler unter der Glaskuppel genügten, um den einst von Harm Lagaay konturierten 924 für die leistungshungrigen 1980er aufzupeppen. Dazu veritable Porsche-Motoren statt eines Kraftwerks aus dem VW-Konzern sowie ein hinten platziertes Getriebe und fertig war der 944 in Transaxle-Bauweise mit nahezu optimaler Gewichtsverteilung für die Jagd nach schnellen Kurven. Aber der 944 erzielte auch lebensrettende Absatzrekorde. Porsche schrieb 1980 zum ersten Mal Verluste und es war der daraufhin inthronisierte Vorstandsvorsitzende Peter W. Schutz, der eine strategische Neuausrichtung des Unternehmens vornahm. Schutz revidierte die bereits beschlossene Einstellung des Porsche 911, und er trieb mit dem breit aufgestellten 944-Portfolio den Ausbau der Frontmotor-Typen voran. Obwohl die meiste Zeit bei Audi in Neckarsulm produziert, gewann der 944 durch technische Delikatessen wie den furiosen 944 Turbo (ab 1985), den 16-Ventiler 944 S (ab 1986), den 944 S2 mit weltgrößtem Vierzylinder (ab 1988) sowie das erstmals 1985 gezeigte 944 Cabriolet wichtiges Faszinationspotential. Damit gelang es Porsche, die Verkaufszahlen zu verdreifachen und in die Profitabilität zurückzukehren.Nicht zuletzt durch seinen vom V8 im 928 abgeleiteten Motor wurde der 944 von Anfang an als „echter“ Porsche akzeptiert, der sich sogar gegen übermächtig scheinende Rivalen wie Mazda RX-7 und Nissan ZX in Nordamerika behaupten konnte. Da nutzte den preiswerten Japanern nicht einmal die Nachahmung des Klappscheinwerfer- und Glaskuppel-Konzepts. Kein anderes Porsche-Modell hatte sich zuvor so gut und schnell verkauft wie der 944. Bis zum Produktionsende im Jahr 1991 wurden 163.302 Sportwagen der Baureihe produziert, die letzten Einheiten sogar am Porsche-Stammsitz in Zuffenhausen, wo dann der nachfolgende Typ 968 als finaler Vertreter der vom 924 begründeten Transaxle-Ahnengalerie an die Startlinie fuhr.Nur eins erreichte der Porsche 944 erst im reifen Oldtimeralter: Kultstatus. Ebenso wie alle anderen Frontmotor-Stallgefährten stand der 944 jahrzehntelang im Schatten des alles überstrahlenden Elfers mit seinem Sechszylinder-Boxer im Heck. Entsprechend niedrig blieben die Gebrauchtwagennotierungen für die Vierzylinder-Gilde, obwohl diese extrem hohe Laufleistungen erreichte und ihre Gran-Turismo-Qualitäten auch als Geschäftswagen zeigte. Vielleicht mussten erst neue Vierzylinder wie die Modelle 718 Boxster und Cayman kommen, um den Porsche 944 endgültig als sammelwerten Meilenstein des Breitensports in den Herzen der Sportwagenfans zu verankern. Immerhin fehlte es dem 944 nie an Rennerfolgen und anderen Beweisen souveräner Fahrdynamik.„Vier gewinnt“ hieß es schon im Juni 1981 bei den 24 Stunden von Le Mans, denn dort fuhr ein vom Rallye-Weltmeister Walter Röhrl und Jürgen Barth pilotierter Porsche 924 GTP – ein Prototyp des 944 Turbo - auf den siebten Gesamtrang und sicherte sich dank effizienter Kraftstoffnutzung den Sonderpreis für die kürzesten Boxen-Aufenthalte. Was folgte, waren stark besetzte Rennserien wie der von 1986 bis 1989 ausgetragene 944 Turbo Cup, der zunächst von Joachim Winkelhock, später von Roland Asch dominiert wurde. Seine fast unzerstörbare Zuverlässigkeit demonstrierte der 944 nach dem Ende der offiziellen Motorsportkarriere auch da, wo es niemand erwartete. Im Jahr 2007 wagten sich zwei Briten mit einem bereits 320.000 Kilometer alten 944 dorthin, wo sonst Gelände-Urgesteine á la Land Rover oder Jeep anzutreffen sind: Auf einen 21.000-Kilometer-Roadtrip durch die Wüsten und Dschungelpfade Afrikas nach Kapstadt. Und 2015 bewältigten Briten in einem fast 30 Jahre alten 944 den wüstenreichen Weg von England in die Mongolei, um nur zwei spektakuläre Beispiele zu nennen, in denen die robusten Porsche die Resilienz ihrer technischen Finessen vorführten.Heute genügt dem Porsche 718 ein 2,0-Liter-Downsizing-Vierzylinder zum Angriff aufs Sportwagen-Establishment, dagegen punktete der 944 damals mit Power aus maximal großem Hubraum. Anfangs war es ein 120 kW/163 PS freisetzender Vierzylinder mit 2,5-Liter Hubraum, was - vereinfacht gesagt - einer Zylinderbank des V8 im Flaggschiff Porsche 928 entsprach, aber dann kam 1988 mit dem 944 S2 der Superlativ: 3,0 Liter Hubraum und 280 Nm Drehmoment aus einem neu entwickelten Vierventilmotor mit geschmiedeten Kolben, das bot kein anderer Vierzylinder. Diese Powerbank befeuerte auch das Anfang 1989 endlich in Serie gegangene Cabriolet, das als Studie schon vier Jahre früher Vorfreude auf Frischluftgefühle geweckt hatte. Tatsächlich übertrumpfte das 3,0-Liter-Triebwerk in puncto perfekte Leistungsentfaltung sogar den 2,5-Liter-Turbomotor, der den Porsche 944 seit 1985 in eine alltagstaugliche Rennmaschine transformierte, aber wie damals üblich, reichlich Drehzahlen benötigte, um aus dem berüchtigten Turboloch zu springen.Was nichts daran änderte, dass der Porsche 944 Turbo zu den angesagtesten Tempo-Symbolen jenes „Ich will Spaß, ich geb‘ Gas“-Jahrzehnts gehörte. Der in letzter Ausbaustufe 184 kW/250 PS starke 944 Turbo machte endlich wahr, was der Renn-Prototyp vier Jahre zuvor in Le Mans versprochen hatte: Dieser in 5,9 Sekunden auf Landstraßentempo sprintende und auf freier Bahn 260 km/h schnelle Frontmotor-Porsche hatte das Potential zum Ferrari- und Maserati-Killer, etwa bei Speed-Duellen mit Mondial oder 222 E. Sogar einen Eintrag ins Register der Rekorde sicherte das 1991 in nur 258 Einheiten gebaute 944 Turbo Cabriolet, gab es doch damals keinen schnelleren Vierzylinder-Frischluftstürmer. Allerdings ließ sich Porsche diesen furiosen Sonnenkönig auch fürstlich bezahlen: Mit Preisen ab 103.725 Mark kam er als einziger 944 in den sechsstelligen Kostenbereich und bewegte sich auf Augenhöhe mit Mercedes SL und Porsche 911.Wer nicht so viel Geld in sein rasendes Sonnenstudio investieren wollte, wählte den Targa-Style mit „herausnehmbarem Dach mit elektrischer Hubverstellung“, der knapp 2.000 Mark Aufpreis kostete. Sein bestes Jahr erlebte der Porsche 944 bereits 1986. Damals wurden 27.688 Einheiten des Transaxle-Typs verkauft – rund 10.000 Fahrzeuge mehr als vom 911. Mit diesem Supersportler will sich der 944 eigentlich gar nicht messen, verblüfft er doch vor allem als Gran Turismo mit genialem Raumkonzept: Angeblich passt unter seine gläserne Heckklappe bei umgelegten Fondsitzen sogar eine sperrige Euro-Palette – oder das große Reisegepäck für eine junge Familie. Vielseitige Talente, die heute von Oldtimerfans neu entdeckt werden und die sich in rapide steigenden Liebhaberpreisen reflektieren.Kurzcharakteristik:Chronik Porsche 944:1970: Unter dem Entwicklungsauftrag EA 425 beginnt bei Porsche in Weissach die Konzeption eines Nachfolgers für den VW-Porsche 9141975: Im November erfolgt die Pressevorstellung des 924. Lieferbar mit Vierganggetriebe und optional mit Dreigangautomatik. Am dritten November Produktionsbeginn des Porsche 924 bei Audi in Neckarsulm 1976: Jeder zweite produzierte Porsche ist ein 9241978: Im April läuft der 50.000ste Porsche 924 vom Band. Im September wird der 924 Turbo als neuer Leistungsträger enthüllt1980: Der 924 Carrera GTP startet mit einem 235 kW/320 PS starken Zweiliter-Turbo in Le Mans1981: Bei den 24 Stunden von Le Mans startet ein von Walter Röhrl und Jürgen Barth pilotierter Porsche 924 GTP, der den siebten Gesamtrang belegt und den Sonderpreis für die kürzesten Boxen-Aufenthalte erzielt, letztlich handelt es sich um einen Prototyp des vier Jahre später lancierten 944 Turbo. Davon kündet auch der Schriftzug „944 Le Mans“ auf dem Motorblock. Im Sommer wird der Porsche 944 der Presse vorgestellt, das Publikum feiert den Porsche 944 mit 2,5-Liter-Vierzylinder und anfänglich 163 PS Leistung auf der IAA in Frankfurt im September1985: Im Frühling Facelift mit neuem Armaturenbrett und modifiziertem Innenraum. Der 944 Turbo (Typ 951) geht als neues Spitzenmodell in Produktion, die Fertigung erfolgt in Neckarsulm. Der 2,5 Liter-Motor verfügt über einen KKK-Turbolader, leistet 162 kW/220 PS, und die Vmax des 944 Turbo gibt Porsche mit 245 km/h an. In Tests der Fachpresse erreicht der Porsche 944 Turbo allerdings bis zu 255 km/h. Mit einem Preis ab 72.000 Mark ist der 944 Turbo zwischen 944 und 928 S positioniert. Zum Modelljahr 1986 gibt es den Porsche 944 auch mit geregeltem Drei-Wege-Katalysator und 150 PS Leistung1986: Im September beginnt die Produktion des 944 S mit 2,5-Liter-Motor und Vier-Ventil-Technik sowie nunmehr 140 kW/190 PS. Optional ist eine Plakette mit der Prägung „16 Ventiler“ hinter den Seitenblinkern erhältlich. Start eines Porsche-944-Markenpokals. In diesem Kalenderjahr, dem besten Jahr der Modellreihe, werden 27.688 Porsche 944 verkauft, im Vergleich zu gut 17.000 Porsche 9111987: Stärkster 944 wird im September das Sondermodell 944 Turbo S. Ein größerer Turbolader und der auf 0,7 bar erhöhte Ladedruck steigern die Leistung auf 184 kW/250 PS. Das Aggregat ist abgeleitet vom Rennmotor aus dem Turbo-Cup. Der Turbo S wird außerdem durch ein höhenverstellbares Koni-Gewindefahrwerk, Sperrdifferential sowie Bremsanlage wie im Porsche 928 S4 aufgewertet   1988: Im Modelljahr 1988 wird der Katalysator-Motor neu abgestimmt auf bleifreien Superkraftstoff (bisher Normalbenzin), wodurch die Leistung auf 160 PS steigt. Der 944 S wird vom 944 S2 abgelöst, der mit 3,0-Liter-Hubraum und Vierventiltechnik eine Leistung von 155 kW (211 PS) erreicht. Dieser 3,0-Liter-Benziner gilt damals als  hubraumgrößter Reihen-Vierzylinder in einem Serien-Pkw. Der 944 S2 verfügt über die Karosseriemerkmale, den Heckdiffusor sowie (ab Modelljahr 1991) den Heckflügel des 944 Turbo. Der 944 Turbo erhält den Motor des 944 Turbo S und damit eine Leistungssteigerung auf 184 kW (250 PS), hinzu kommt ein neuer Heckflügel. Bestellstart für das ab 1989 ausgelieferte 944 S2 Cabriolet, gebaut bei ASC (Karosseriewerke Weinsberg) in Weinsberg. Das Verdeck öffnet manuell, optional elektrisch1989: Im Modelljahr 1989 wird beim Motor des Porsche 944 der Hubraum auf 2,7 Liter vergrößert, die Leistung steigt zugleich auf 165 PS. 1991: Im Februar wird das Sondermodell 944 Turbo Cabriolet eingeführt zu Preisen ab 103.725 Mark. Damit knackt das Turbo Cabrio als einziger 944 die 100.000-Mark-Schallmauer. In Turbo-Spezifikation gilt das 944 S2 Cabriolet als weltweit schnellstes Vierzylinder-Cabrio. Im April endet die Produktion des 944 in Neckarsulm, die finalen 944 S2 werden in Zuffenhausen gebaut. In diesem letzten Produktionsjahr werden insgesamt 1.038 Porsche 944 Turbo und 5.369 Porsche 944 S2 ausgeliefert. Die Gesamtstückzahl aller 944 beträgt 163.302 Einheiten. Im Juni erfolgt die Pressepräsentation des von Harm Lagaay gestalteten Modells 968 als Coupé und als Cabriolet, ein Roadster entsteht nur als Prototyp. Der 968 läuft im Porsche-Stammwerk Zuffenhausen vom Band. Seine Publikumspremiere feiert der Nachfolger des 944 auf der IAA in Frankfurt1995: Im Sommer Produktionsauslauf des 9681996: Vorstellung der Vierzylinder-Mittelmotorbaureihe BoxsterGesamtproduktionszahl: 163.302 Einheiten,davon 112.369 Porsche 944, 12.831 Porsche 944 S, 25.245 Porsche 944 Turbo, 5.421 Porsche 944 2.7, 20.260 Porsche 944 S2.  Technische Daten Porsche 944: Zweitüriges, 2+2-sitziges Sportcoupé bzw. Sportcabriolet; Länge: 4,23 Meter, Breite: 1,74 Meter, Höhe: 1,28 Meter, Radstand: 2,40 Meter.Porsche 944 (ab 1981) mit 2,5-Liter-Vierzylinder mit 120 kW/163 PS, Vmax 220 km/h;Porsche 944 Katalysator (ab 1985) mit 2,5-Liter-Vierzylinder mit 110 kW/150 PS, Vmax 210 km/h;Porsche 944 Katalysator (ab 1987) mit 2,5-Liter-Vierzylinder mit 118 kW/160 PS, Vmax 218 km/h;Porsche 944 Katalysator (ab 1989) mit 2,7-Liter-Vierzylinder mit 121 kW/165 PS, Vmax 220 km/h;Porsche 944 S (ab 1986) mit 2,5-Liter-Vierzylinder mit 140 kW/190 PS, Vmax 228 km/h;Porsche 944 S2 Coupé bzw. 944 S2 Cabriolet (ab 1988 bzw. ab 1989) mit 3,0-Liter-Vierzylinder mit 155 kW/211 PS, Vmax 240 km/h;Porsche 944 Turbo (ab 1985) mit 2,5-Liter-Vierzylinder mit 162 kW/220 PS, Vmax 245 km/h; Porsche 944 Turbo Coupé bzw. 944 Turbo Cabriolet (ab 1988 bzw. ab 1991) mit 2,5-Liter-Vierzylinder mit 184 kW/250 PS, Vmax 260 km/h.Dieser Porsche war ein echter Siegertyp: Auf Rennstrecken triumphierte der 944 mit Turbotechnik und in den Verkaufscharts fuhr er mit weltweit größtem Vierzylinder so weit vorn, dass er das Überleben des Sportwagenbauers sicherte. Trotzdem war der 944 auch eine verkannte Größe und billiger Gebrauchter, sogar für Abenteuertouren nach Afrika
Fazit
Dieser Porsche war ein echter Siegertyp: Auf Rennstrecken triumphierte der 944 mit Turbotechnik und in den Verkaufscharts fuhr er mit weltweit größtem Vierzylinder so weit vorn, dass er das Überleben des Sportwagenbauers sicherte. Trotzdem war der 944 auch eine verkannte Größe und billiger Gebrauchter, sogar für Abenteuertouren nach Afrika

Quelle: Autoplenum, 2021-05-10

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