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Testbericht

28. April 2005
Starnberg, 29. April 2005 – Ein neuer Motor sorgt für Furore. Er ist voluminös, stark und von Yamaha. Die beeindruckenden Eckdaten: acht Zylinder, 4,4 Liter Hubraum und 315 PS. Doch Motorradfahrer können ihren heftigen Pulsschlag wieder runterfahren. Freunde hochbeiniger Schweden-Importe dürfen sich hingegen freuen. Volvo hat seinen Geländewagen XC90 mit eben diesem, völlig neu konstruierten Aggregat zum Hubraum- und PS-Koloss gewandelt. Ob der große Allrad-Schwede mit der neuen Top-Motorisierung zum Renn-Tier oder eher zum behäbigen Elch mutiert, erfahren Sie in unserem Test.
Eingelaufen dank 60 Grad Die für den US-Markt so wichtige Transplantation eines V8-Motors war nach Aussage von Volvo nicht ganz einfach. Der Motorraum des Schweden-SUVs ist für einen solchen Antrieb recht knapp bemessen, zumal die Maschine quer statt längs eingebaut wird. In der Konsequenz musste Yamaha das Herz des XC90 V8 besonders kompakt konstruieren. Dies gelang unter anderem durch die Anordnung der beiden Zylinderreihen im Winkel von 60 statt der sonst üblichen 90 Grad und durch eine Platz sparende Anordnung der Nebenaggregate. Die Nachteile bei der Laufkultur einer 60-Grad-Konstruktion soll dabei eine Ausgleichswelle kompensieren. Das Kraftwerk ist nicht nur kompakt, sondern zudem noch leicht. Der Motor bringt dank der umfangreichen Verwendung von Leichtmetallen nur 190 Kilo auf die Waage.

Üppiges Drehmoment Zusätzlich kann das Yamaha-Triebwerk mit seiner hohen Leistungsausbeute beeindrucken: Aus 4,4 Litern Hubraum werden immerhin 315 PS und stattliche 440 Newtonmeter Drehmoment mobilisiert, die bereits bei 3.900 Umdrehungen anliegen. Die theoretischen Fahrleistungen lassen aufhorchen: Von null auf 100 km/h sprintet der Riesen-Volvo in 7,3 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei abgeregelten 210 km/h. Nur die V8-SUV-Modelle von Porsche und BMW haben einen schnelleren Antritt. Trotz der theoretisch hohen Leistung wirkt der XC90 V8 gefühlsmäßig mehr wie ein Papiertiger denn als Wolf im Schafspelz. Ganz subjektiv: Mit überragender Vehemenz geht das Elch-Tier nicht in den Galopp. Vor allem die lang übersetzte, serienmäßige Sechsgang-Automatik lässt den V8 bei Zwischenspurts nicht so scharf antreten, wie man angesichts der Leistungsdaten zunächst erwarten möchte. Dennoch vermittelt der fast 2,2 Tonnen schwere Schweden-Bulle mit dem prestigereichen Motor Souveränität und Understatement.

Hochdrehen ohne Reue Beeindrucken kann das V8-Triebwerk vor allem mit seiner hohen Laufkultur. Bis 3.000 Umdrehungen ist der Motor im Teillastbereich fast nicht hörbar. Darüber macht er sich durch ein hochtöniges Sirren bemerkbar und wirkt selbst bis zur Höchstdrehzahl knapp über 6.000 Touren völlig gelassen. Das Spiel mit dem Gaspedal kommentiert die Auspuffanlage mit einem tiefen Grollen statt mit einem hellen Fauchen. Hier werden akustisch also weniger die sportlichen Talente als vielmehr das Hubraumvolumen betont. So lieben es vor allem die Amis, die ja ohnehin die Zielgruppe für das neue Top-Modell sind.

Trinkfester Skandinavier Einen wichtigen Vorteil hat die lange Übersetzung des Sechsgang-Getriebes: Das Drehzahlniveau bleibt bei hoher Geschwindigkeit recht niedrig und begünstigt damit den Spritverbrauch und die Abgasemissionen. Zumindest in der Theorie. Laut Volvo verbraucht der nach Euro 4 zertifizierte Achtzylinder im Schnitt 13,3 Liter Benzin und ist zudem auf die kommende Euro-5-Norm bereits vorbereitet. In der Praxis dürfte sich der Verbrauch bei 15 Liter auf 100 Kilometer einpendeln. Aber auch 20 Liter und mehr sind überhaupt kein Problem. Zumindest auf unserer Testfahrt zeigte der Bordcomputer bei sehr zügiger Fahrweise 21,4 Liter an. Und auf der Autobahn bei Höchstgeschwindigkeit wurden daraus sogar mehr.

Laut Tacho 220 Sachen Übrigens lässt sich die Maximalgeschwindigkeit im als Overdrive ausgelegten sechsten Gang nicht erreichen. Hier muss man im manuellen Schaltmodus des serienmäßigen Automatikgetriebes in die fünfte Gangstufe schalten. Dann pendelt sich die Tachonadel bei etwa 220 km/h ein. Selbst bei dieser Geschwindigkeit macht der Koloss einen sicheren und gelassenen Eindruck, obwohl die etwas indirekt wirkende Lenkung noch eine Spur mehr verhärten könnte.

Sicher aber nicht sportlich
Mehr Präzision und eine etwas straffere Straßenlage würde sich zumindest so mancher Dynamiker in schnell gefahrenen Kurven wünschen. Bei ambitionierter Fahrt zeigt der XC90 gegenüber der neuen M-Klasse oder dem X5 von BMW nicht ganz so viel sportliches Potenzial. Untersteuernd und mit deutlicher Seitenneigung lässt er sich dennoch flott um enge Kurven zirkeln. Er bleibt dabei stets gut beherrschbar und wirkt sicher. Zwar bietet der XC90 kein ausgeprägt sportliches Fahrwerk, dafür ist der große Volvo ein vorzüglicher Cruiser mit hohem Komfortniveau. Das weitgehend neutrale Handling, die kräftig zupackenden ABS-Bremsen mit EBA und EBV sowie die Fahrdynamikregelung DSTC sorgen für hohe aktive Fahrsichersicherheit. Das DSTC unterbindet ein Ausbrechen des Dickschiffs, das dank des permanenten Allradantriebs zudem mit sehr viel Traktion über den Asphalt fliegt.

Traktionsspezialist, jedoch kein Klettermax Die Verteilung zwischen den beiden Achsen übernimmt übrigens eine Haldex-Kupplung. Die elektronisch gesteuerte Kupplung variiert stufenlos von 95 zu 5 bis 35 zu 65 Prozent zwischen Vorder- und Hinterachse. Die V8-Version verfügt zudem über ein kleines Technik-Schmankerl mit dem Namen Instant Traction. Es sorgt – Nomen est Omen – für eine hohe Traktion auf rutschigem Untergrund. Zum einen liegt beim Anfahren bereits ein Drehmoment von 80 Newtonmetern an, was das Durchdrehen der Räder deutlich minimiert. Zum anderen wurde speziell für den V8 das Maximaldrehmoment auf der Hinterachse deutlich erhöht. Diese Technik qualifiziert den XC90 zum souveränen Traktionsspezialisten auf schlechtem Untergrund. Ein beinharter Geländespezialist ist der Skandinavien-SUV jedoch nicht.

Viel Geld, viel Ausstattung Und ein Schnäppchen ist der XC90 V8 auch nicht. 59.000 Euro verlangt Volvo für die fünfsitzige Variante in der Ausstattung Momentum. BMW X5 4.4i, Mercedes ML 500, Porsche Cayenne S und VW Touareg V8 liegen alle preislich knapp darunter oder darüber. Die Serienausstattung ist bereits üppig: Dazu gehören ein permanenter Allradantrieb, ein hochwertiges Audiopaket mit CD-Player, eine Sechsgang-Automatik, eine Lederausstattung, eine Klimaautomatik und 18-Zoll-Alus. Für die optionale dritte Sitzreihe unseres Testwagens verlangt Volvo zusätzlich 1.200 Euro. Dann wird aus dem Schweden-SUV ein echter Siebensitzer.
Technische Daten
Antrieb:permanter Allrad
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Automatik
Motor Bauart:quer eingebauter 60-Grad-V-Motor
Hubraum:4.414
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:8
Leistung:232 kW (315 PS) bei UPM
Drehmoment:440 Nm bei 3.900 UPM
Preis
Neupreis: 59.000 € (Stand: April 2005)
Fazit
Der XC90 V8 fühlt sich auf der Autobahn pudelwohl, ist ein Langstreckler mit gehobenem Komfortniveau, viel Platz und hochwertigem Ambiente. Der neue V8-Motor ist ein überaus seidiger Geselle, der mit viel Druck für weitgehend gute Fahrleistungen sorgt. Seine immerhin 315 PS werden jedoch nicht überragend sportlich auf die Straße gebracht. Das agile Fahrverhalten eines X5 oder der neuen Mercedes M-Klasse bietet der hochbeinige Schwede nicht. Vielleicht fährt das Volvo-Flaggschiff damit nicht ganz vorneweg, aber auch keineswegs hinterher.

Für den großen Volvo sprechen unter anderem sein hohes Sicherheitsniveau und die optionale Innenraum-Konfiguration mit sieben Sitzplätzen. Trotz besonders guter Abgaswerte sorgt der große V8-Motor für den klassenüblich hohen Verbrauch. Wer eben ein souveränen Motor will, braucht auch einen souveränen Kontostand. (mh)

Quelle: auto-news, 2005-04-28

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