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Testbericht

Stefan Grundhoff, Mexiko City, 17. August 2008
Man sieht ihm sein dickes Fell kaum an: Der dunkle BMW X5 Security bringt seine Insassen ungefährdet auch über die unsichersten Straßen dieser Welt – dank Schutzpanzerung und diverser Extras.

Gepanzerte Fahrzeuge waren vor Jahren nur en paar Wirtschaftsbossen, Politikern und gefährdeten VIPs vorbehalten. Doch die Straßen dieser Welt werden immer gefährlicher. In Metropolen wie Moskau, Paris, Caracas oder Sao Paulo gibt es Tag für Tag Raubüberfälle und Kidnapping. Besonders schlimm ist es in Mexiko City: Nach inoffiziellen Angaben werden dort pro Jahr mehr als 9.000 Personen entführt – die meisten aus ihren Autos heraus. Eine halbe Stunde westlich von Mexiko City produziert BMW in Toluca seine Panzerfahrzeuge aus der 5er und X5-Reihe. Ehemals wurden in dem Werk vorrangig normale Fahrzeuge der Baureihen 3er, 5er und 7er gebaut. Doch nach Unterzeichnung der Freihandelsabkommen im Jahre 2004 legte man diese Produktion auf Eis und setzt seither ganz auf leichte Schutzfahrzeuge. Ganz neu; der BMW X5 Security.

Er sieht aus wie ein ganz normaler X5 - selbst wenn man genau hinschaut, um die über 400 Kilogramm schwere Schutzpanzerung erkennen zu können. Erst aus der Nähe erkennt man etwa die dunklen Rahmenscheiben, die sich nur vorn herunterfahren lassen. Schutzglas und Fahrgastzelle halten einem Beschuss mit Kurzwaffen bis zur 44er Magnum oder 9mm Luger Stand. Zudem verfügt der BMW X5 Security über Reifen mit Notlaufeigenschaften. Genug Sicherheit auf den gefährlichen Wegen dieser Welt. "Die Hauptmärkte für Security Fahrzeuge sind Länder vor allem in Mittel- und Südamerika, Teile von Südostasien, im Nahen Osten sowie einige Staaten der ehemaligen Sowjetunion", sagt Andreas Lampka, bei BMW zuständig für die Sicherheitsfahrzeuge: "Aber auch in Europa steigt aufgrund zunehmender Gewalt die Nachfrage nach Security Fahrzeugen bei Privatpersonen." Ulrich Gut leitet zusammen mit Carlos Wieda das kleine BMW-Werk in Toluca. Dort produzieren rund 50 Arbeiter die Panzerversionen von 5er und X5. "Die Fahrzeuge werden aus Deutschland und Spartanburg in South Carolina angeliefert und werden hier dann mit den spezifischen Panzerkomponenten versehen. Dazu müssen sie nahezu völlig auseinandergebaut werden, ehe die Schutzteile aus Kevlar, Aramid oder Stahl verbaut werden können."

Der Umbau eines normalen BMW X5 zu einem Leichtpanzer der Schutzklasse B4/VR4 dauert bis zu 250 Stunden. Pro Tag verlassen zwei Fahrzeuge die Manufaktur in Toluca. Die meisten Fahrzeuge gehen über den Hafen in Veracruz an Kunden in der ganzen Welt. Viele Fahrzeuge bleiben aber gleich in Mexiko oder zumindest in Lateinamerika. Dort ist die Nachfrage wegen der großen Straßenkriminalität noch größer als in Russland. Besonders heiß ist das Pflaster in Mexiko City. Fast jeder fünfte BMW ist hier als Panzerversion unterwegs. Klammert man die kleinen Modelle des 1er und 3er aus, gibt es kaum mehr als eine handvoll ungesicherter Versionen oberhalb der Mittelklasse. "Ein Security Fahrzeug schließt die Sicherheitslücke zwischen dem Arbeitsplatz, an dem Sicherheitsmaßnahmen selbstverständlich sind und den in Sachen Sicherheit meist ebenfalls bestens ausgestatteten Privaträumen", erklärt Erik Suarez Maillard. Der 30jährige ist bei BMW Mexiko zuständig für den Vertrieb von Panzerfahrzeugen in ganz Lateinamerika. Vor kurzem wurde der 14jährige Fernando Marty, der entführte Sohn eines millionenschweren Sportartikel-Händlers, in Mexiko ermordet aufgefunden. Bei den Sicherheitsfirmen stehen seither die Telefone nicht mehr still. So hat Maillard reichlich zu tun. Am Telefon verteilt er die paar Panzerfahrzeuge, die er gerade noch auf Lager hat. Gestern verkaufte der Mexikaner vier gepanzerte 5er BMW, heute sind es weitere drei – für jeweils 1,5 Millionen Pesos. Das wars erst mal – nun gibt es wieder Lieferzeit. Der neue BMW X5 kommt in der Panzerversion erst im Februar 2009 auf den Markt. Viele Kunden warten bereits.

Auch wenn man die Unterschiede nicht sieht – unter dem Blech des gepanzerten BMW X5 Security hat sich viel getan. Die schweren Scheiben haben den größten Anteil am Mehrgewicht von über 400 Kilogramm. In der Höhe von Mexiko City, 2.400 Meter über dem Meer, tut sich der 4,8 Liter große Achtzylinder trotz seiner 355 PS deutlich schwerer als bei dem 2,2 Tonnen schweren Serienmodell. Abgeregelt wird bereits bei 210 km/h. Der normale X5 4.8i schafft 240 km/h. Doch die 475 Nm maximales Drehmoment reichen aus, um den dunklen Ritter Kugelfest jederzeit souverän aus brenzligen Situationen herauszubringen. Da das Thema Sicherheit über allem steht, sind der erhöhte Durchschnittsverbrauch von 13,1 Litern Super auf 100 Kilometer und der leicht langsamere Spurt nicht kaufentscheidend. Im normalen Fahrbetrieb ist der Unterschied zwischen Serien-X5 und der gepanzerten Version X5 Security gering - abgesehen von dem spürbaren Mehrgewicht. Dafür sorgen Ausstattungsdetails wie Wankstabilisierung, variable Stoßdämpferverstellung und Aktivlenkung. Der X5-Panzer ist mit einer Wechselsprechanlage und Überfallalarm ausgestattet. So kann mit Personen außerhalb des Fahrzeugs kommuniziert werden, ohne dass Türen oder Fenster geöffnet werden müssen. Wird der Überfallalarm ausgelöst, verriegeln sich Fenster und Türen automatisch. Zusätzlich werden akustische und optische Alarmsignale abgegeben. Mit zwei Kamerasystemen können Fahrer und Insassen das Geschehen rund um das Auto auch in toten Winkeln jederzeit im Auge behalten. Doch Sicherheit hat weltweit ihren Preis. Der gepanzerte BMW X5 Security kostet netto mindestens 49.000 Euro - plus Basisfahrzeug. Macht über rund 130.000 Euro.

Gerd Dressler, Chef eines deutschen Großkonzerns in Mexiko, gehört ebenso wie der Großindustrielle Gustavo Eduardo Ininguez zu den gefährdeten Personen in Lateinamerika, die sich das leisten: "Hier in Mexiko City brauchen zwischen zwei und fünf Prozent der Leute Schutz gegen Überfälle und Kidnapping." Bei 25 Millionen Einwohnern sind das 500.000 bis 1,2 Millionen potentielle Kunden – nicht nur nach europäischen Maßstäben eine unglaubliche Zahl. Ininguez ist mit der Familie des ermordeten Marty befreundet und weiß um die prekäre Lage in den Großstädten. Sicherheit steht für ihn an oberster Stelle. "Wir haben eine ganze Reihe von Panzerfahrzeugen in der Firma", sagt er. "Durch die Stadt fahre ich nur mit einem Panzerfahrzeug und meist gibt es sogar ein zusätzliches Begleitauto." Wenn es Richtung Flughafen oder zu einem Treffen durch die City geht, lässt er sich sogar in einem Schwerpanzer der Sicherheitsstufe B6/B7 chauffieren. Sonst fährt er ebenso wie Gerd Dressler einen gepanzerten X5. Dressler ist heute Morgen um kurz nach sieben in seine Firma gefahren. Sein Chauffeur wählte die Umgehungsroute über eine der großen Schnellstraßen: "Eine Panzerung ist selbstverständlich. Aber Prävention ist fast alles - man sollte nicht immer zur gleichen Zeit in die Firma fahren, bestimmten Ecken meiden und die Route immer wieder wechseln. Das reduziert die Gefahr deutlich."

Quelle: Autoplenum, 2008-08-17

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