Hintergrund: Luxus ist woanders - Goodbye Deutschland
Testbericht
Einst galt Deutschland als der begehrteste Automarkt der Welt. Doch die Zeiten haben sich geändert. Vor allem das Luxussegment ist dabei, sich aus Europa und Deutschland zu verabschieden.
Die Musik spielt mittlerweile in anderen Regionen der Welt. In Deutschland überlegen sich selbst Topverdiener, ob sie ihr aktuelles Luxusmobil nicht besser durch ein gut ausgestattetes Modell eine Klasse darunter ersetzen. Firmen fahren die Dienstwageneinstufungen zurück. Und SUV-Fahrer freuen sich schon mal über nächtlich angebrachte Hinweiszettel zur Umweltverträglichkeit an ihrem Fahrzeug. Einst galt es in Deutschland chic, ein luxuriöses Auto zu fahren. An Mercedes S-Klasse, 7er BMW oder einem Sportwagen aus Zuffenhausen drückten sich Kinder und Erwachsene gleichermaßen die Nase platt. Die Zeiten sind vorbei.
Anders als in den Massenmärkten USA, Japan oder China ist in Deutschland der Neidfaktor während der vergangenen Jahre stetig gewachsen. Aberwitzige Feinstaubdiskussionen, schwadronierende Politiker und ein Drang zum Mittelmaß haben es der Autoindustrie vor allem in teuren Fahrzeugklassen nicht leichter gemacht. Messen wie etwa vor kurzem die Shanghai Autoshow zeigt, dass es zum Beispiel in Fernost ganz anders aussieht. Dort leben Kleinwagen, Transporter, Mittelklassemodelle und Luxusvehikel schiedlich, friedlich neben- und miteinander. In Deutschland und anderen europäischen Staaten dagegen stehen Topmodelle nicht erst seit der anhaltenden Wirtschaftskrise wie Blei in den prächtig ausstaffierten Schauräumen von Audi, BMW, Mercedes, Volkswagen oder Porsche. So hat sich längst auch die deutsche Autoindustrie umgestellt, die in Oberklasse und Luxussegment lange Jahre gutes Geld verdient hat. War es früher undenkbar, dass ein Luxusmodell wie die Mercedes S-Klasse oder ein Porsche Panamera nicht zu allerest auf dem Heimatmarkt präsentiert wird, so haben sich diese Zeiten längst geändert.
Gerade die Hersteller im Luxussegment versuchen die in heimischen Gefilden verlorenen Verkäufe auf anderen Kontinenten auszugleichen. So stellte Mercedes nicht nur seine überarbeitete S-Klasse sondern auch die leistungsstarken Topversionen mit dem AMG-Logo lieber - heftig beklatscht - in China vor, bevor man sich in Deutschland für solche Modelle öffentliche Schelte abholt.
Bei den Konkurrenten und Leidensgenossen sieht das kaum anders aus. Seit Jahren ist der chinesische Automarkt zusammen mit dem in den USA deutlich wichtiger für die Modelle der großen 7er Baureihe. "Efficient Dynamics" hin oder her – auf diesen Märkten will man Luxus, Leistung und ein automobiles Statement setzen, ohne dass man sich für die Fahrzeugwahl permanent rechtfertigen muss. So überraschte es nicht, dass der neue BMW 760 Li mit seinem 544 PS starken Zwölfzylinder ebenfalls in Shanghai in das Rennen mit der internationalen Konkurrenz geschickt wurde. Auch die Kraftprotze X5 und X6 mit dem Nachbrenner-M im Logo bekämen auf einer Messe in Europa mittlerweile mehr Kopfschütteln als Applaus. Folglich spaltete man die Weltpremieren der jeweils 555 PS starken Boliden auf: Der X6 M feierte in New York seine Premiere und beim X5 M wurde unter Anleitung von Formel-1-Fahrer Nick Heidfeld in Shanghai das Tuch gelüftet.
Dass es in China trotz der weltweiten Schwierigkeiten nach wie vor aufwärts geht, ist ein netter Nebeneffekt. Auch dort läuft es nicht mehr so turboartig wie in den Jahren zuvor - aber immer noch mit Druck nach oben. In diesem Jahr will die chinesische Wirtschaft um 7 Prozent zulegen. 2010 sollen es mindestens 7,5 Prozent sein. "Wir merken die Einführung der Luxussteuer gerade bei den großen Modellen", räumt Daimler-Chef Dieter Zetsche ein. "Aber im Gegensatz zu den meisten anderen Volkswirtschaften sind wir hier nach wie vor im Wachstumsmodus. C- und E-Klasse laufen sehr gut." Der Bestseller bleibt jedoch die S-Klasse mit langem Radstand.
Auch Volkswagen erntete für Modelle wie Touareg und Phaeton in der Heimat kaum nennenswerten Applaus. "Wir haben hier in China längst unseren zweiten Heimatmarkt", sagt denn auch VW Vorstands-Chef Martin Winterkorn. Die Verkäufe liegen dort pro Jahr mittlerweile auf Millionenniveau. Muss man in Europa mit entwicklungsintensiven Klein- und Mittelklassewagen auf Kundenfang gehen, tut man sich im Land des Lächelns mit weniger aufwendigeren Modellen und oberhalb der Mittelklasse deutlich leichter. Während es weltweit kaum nennenswerte Zuwächse gibt und in der Heimat die Oberklasse zuletzt rund 30 Prozent an Verkäufen verlor, wird die Lust auf deutsche Premiummodelle in Asien und den USA immer größer. In China erlebten Mercedes und Audi den besten Jahresstart seit langem und im März legten beide Unternehmen Bestmonate hin. Nicht zuletzt deshalb präsentiert auch Audi in Shanghai seinen neuen Q7, der in Deutschland zuletzt zu einem ähnlichen Feindbild wie der Porsche-SUV Cayenne geworden ist.
Besonders Volker Mornhinweg, der oberste AMG-Mann, hat gut lachen. Der Sportwagenableger aus Affalterbach steigerte seine Verkäufe von 20.300 im Jahre 2007 auf 24.200 im Jahre 2008. "Während der Markt an Performance-Fahrzeugen Anfang 2009 durchschnittlich 33 Prozent verlor, stehen wir mit einem Minus von 2,8 Prozent noch gut da. China wird für uns immer wichtiger. Unser meistverkauftes Modell hier ist der G 55 AMG." Daher weitet Mercedes seine AMG-Palette mit Modellen aus den Familien C, SL und SLK in China aus - Luxussteuer hin oder her. Zu den bestehenden 13 AMG-Performance-Centern sollen weiter neun kommen. Auch Porsche hatte nicht immer auf dem Plan, seine vierte Baureihe, den Panamera, in Shanghai zu enthüllen. Da sich Sportwagen in Europa zuletzt einem allenfalls zurückhaltenden Interesse erfreuten, verzog man sich auf eine Aussichtsplattform im 94.Stock des Financial Districts von Shanghai, um seinen mindestens 400 PS starken GranTurismo erstmals der Öffentlichkeit zu präsentieren.
"China ist und bleibt der wichtigste Wachstumsmarkt in der Welt", sagt Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Nach einem schwächeren Jahr 2009 sollen Chinas Automarkt 2010 auf 5,7 Millionen Fahrzeuge wachsen. "In zehn Jahren könnte China der größte Pkw-Markt der Welt sein", sagt Dudenhöffer. Auch Sportwagenspezialisten wie Maserati oder Lamborghini haben Asien längst für sich entdeckt. Maserati zeigt in Shanghai erstmals seinen GranTurismo S Automatik. Im vergangenen Jahr verkaufte die norditalienische Sportwagenschmiede mit 350 Fahrzeugen (plus 70 Prozent) mehr als je zuvor. Der 440 PS starke GranTurismo soll dafür sorgen, dass das so bleibt. Lamborghini lässt sich mit seinem 670 PS starken Supersportwagen Murcielago LP 670-4 ebenfalls nicht lumpen. Dass man in China maximal 100 bzw. 120 km/h fahren darf, interessiert die Kunden ebenso nur am Rande wie die astronomischen Kaufpreise, die weit über denen in Europa liegen.
Die Musik spielt mittlerweile in anderen Regionen der Welt. In Deutschland überlegen sich selbst Topverdiener, ob sie ihr aktuelles Luxusmobil nicht besser durch ein gut ausgestattetes Modell eine Klasse darunter ersetzen. Firmen fahren die Dienstwageneinstufungen zurück. Und SUV-Fahrer freuen sich schon mal über nächtlich angebrachte Hinweiszettel zur Umweltverträglichkeit an ihrem Fahrzeug. Einst galt es in Deutschland chic, ein luxuriöses Auto zu fahren. An Mercedes S-Klasse, 7er BMW oder einem Sportwagen aus Zuffenhausen drückten sich Kinder und Erwachsene gleichermaßen die Nase platt. Die Zeiten sind vorbei.
Anders als in den Massenmärkten USA, Japan oder China ist in Deutschland der Neidfaktor während der vergangenen Jahre stetig gewachsen. Aberwitzige Feinstaubdiskussionen, schwadronierende Politiker und ein Drang zum Mittelmaß haben es der Autoindustrie vor allem in teuren Fahrzeugklassen nicht leichter gemacht. Messen wie etwa vor kurzem die Shanghai Autoshow zeigt, dass es zum Beispiel in Fernost ganz anders aussieht. Dort leben Kleinwagen, Transporter, Mittelklassemodelle und Luxusvehikel schiedlich, friedlich neben- und miteinander. In Deutschland und anderen europäischen Staaten dagegen stehen Topmodelle nicht erst seit der anhaltenden Wirtschaftskrise wie Blei in den prächtig ausstaffierten Schauräumen von Audi, BMW, Mercedes, Volkswagen oder Porsche. So hat sich längst auch die deutsche Autoindustrie umgestellt, die in Oberklasse und Luxussegment lange Jahre gutes Geld verdient hat. War es früher undenkbar, dass ein Luxusmodell wie die Mercedes S-Klasse oder ein Porsche Panamera nicht zu allerest auf dem Heimatmarkt präsentiert wird, so haben sich diese Zeiten längst geändert.
Gerade die Hersteller im Luxussegment versuchen die in heimischen Gefilden verlorenen Verkäufe auf anderen Kontinenten auszugleichen. So stellte Mercedes nicht nur seine überarbeitete S-Klasse sondern auch die leistungsstarken Topversionen mit dem AMG-Logo lieber - heftig beklatscht - in China vor, bevor man sich in Deutschland für solche Modelle öffentliche Schelte abholt.
Bei den Konkurrenten und Leidensgenossen sieht das kaum anders aus. Seit Jahren ist der chinesische Automarkt zusammen mit dem in den USA deutlich wichtiger für die Modelle der großen 7er Baureihe. "Efficient Dynamics" hin oder her – auf diesen Märkten will man Luxus, Leistung und ein automobiles Statement setzen, ohne dass man sich für die Fahrzeugwahl permanent rechtfertigen muss. So überraschte es nicht, dass der neue BMW 760 Li mit seinem 544 PS starken Zwölfzylinder ebenfalls in Shanghai in das Rennen mit der internationalen Konkurrenz geschickt wurde. Auch die Kraftprotze X5 und X6 mit dem Nachbrenner-M im Logo bekämen auf einer Messe in Europa mittlerweile mehr Kopfschütteln als Applaus. Folglich spaltete man die Weltpremieren der jeweils 555 PS starken Boliden auf: Der X6 M feierte in New York seine Premiere und beim X5 M wurde unter Anleitung von Formel-1-Fahrer Nick Heidfeld in Shanghai das Tuch gelüftet.
Dass es in China trotz der weltweiten Schwierigkeiten nach wie vor aufwärts geht, ist ein netter Nebeneffekt. Auch dort läuft es nicht mehr so turboartig wie in den Jahren zuvor - aber immer noch mit Druck nach oben. In diesem Jahr will die chinesische Wirtschaft um 7 Prozent zulegen. 2010 sollen es mindestens 7,5 Prozent sein. "Wir merken die Einführung der Luxussteuer gerade bei den großen Modellen", räumt Daimler-Chef Dieter Zetsche ein. "Aber im Gegensatz zu den meisten anderen Volkswirtschaften sind wir hier nach wie vor im Wachstumsmodus. C- und E-Klasse laufen sehr gut." Der Bestseller bleibt jedoch die S-Klasse mit langem Radstand.
Auch Volkswagen erntete für Modelle wie Touareg und Phaeton in der Heimat kaum nennenswerten Applaus. "Wir haben hier in China längst unseren zweiten Heimatmarkt", sagt denn auch VW Vorstands-Chef Martin Winterkorn. Die Verkäufe liegen dort pro Jahr mittlerweile auf Millionenniveau. Muss man in Europa mit entwicklungsintensiven Klein- und Mittelklassewagen auf Kundenfang gehen, tut man sich im Land des Lächelns mit weniger aufwendigeren Modellen und oberhalb der Mittelklasse deutlich leichter. Während es weltweit kaum nennenswerte Zuwächse gibt und in der Heimat die Oberklasse zuletzt rund 30 Prozent an Verkäufen verlor, wird die Lust auf deutsche Premiummodelle in Asien und den USA immer größer. In China erlebten Mercedes und Audi den besten Jahresstart seit langem und im März legten beide Unternehmen Bestmonate hin. Nicht zuletzt deshalb präsentiert auch Audi in Shanghai seinen neuen Q7, der in Deutschland zuletzt zu einem ähnlichen Feindbild wie der Porsche-SUV Cayenne geworden ist.
Besonders Volker Mornhinweg, der oberste AMG-Mann, hat gut lachen. Der Sportwagenableger aus Affalterbach steigerte seine Verkäufe von 20.300 im Jahre 2007 auf 24.200 im Jahre 2008. "Während der Markt an Performance-Fahrzeugen Anfang 2009 durchschnittlich 33 Prozent verlor, stehen wir mit einem Minus von 2,8 Prozent noch gut da. China wird für uns immer wichtiger. Unser meistverkauftes Modell hier ist der G 55 AMG." Daher weitet Mercedes seine AMG-Palette mit Modellen aus den Familien C, SL und SLK in China aus - Luxussteuer hin oder her. Zu den bestehenden 13 AMG-Performance-Centern sollen weiter neun kommen. Auch Porsche hatte nicht immer auf dem Plan, seine vierte Baureihe, den Panamera, in Shanghai zu enthüllen. Da sich Sportwagen in Europa zuletzt einem allenfalls zurückhaltenden Interesse erfreuten, verzog man sich auf eine Aussichtsplattform im 94.Stock des Financial Districts von Shanghai, um seinen mindestens 400 PS starken GranTurismo erstmals der Öffentlichkeit zu präsentieren.
"China ist und bleibt der wichtigste Wachstumsmarkt in der Welt", sagt Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Nach einem schwächeren Jahr 2009 sollen Chinas Automarkt 2010 auf 5,7 Millionen Fahrzeuge wachsen. "In zehn Jahren könnte China der größte Pkw-Markt der Welt sein", sagt Dudenhöffer. Auch Sportwagenspezialisten wie Maserati oder Lamborghini haben Asien längst für sich entdeckt. Maserati zeigt in Shanghai erstmals seinen GranTurismo S Automatik. Im vergangenen Jahr verkaufte die norditalienische Sportwagenschmiede mit 350 Fahrzeugen (plus 70 Prozent) mehr als je zuvor. Der 440 PS starke GranTurismo soll dafür sorgen, dass das so bleibt. Lamborghini lässt sich mit seinem 670 PS starken Supersportwagen Murcielago LP 670-4 ebenfalls nicht lumpen. Dass man in China maximal 100 bzw. 120 km/h fahren darf, interessiert die Kunden ebenso nur am Rande wie die astronomischen Kaufpreise, die weit über denen in Europa liegen.
Quelle: Autoplenum, 2009-08-06
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