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Testbericht

Marcel Sommer, 26. August 2012
Mit dem Paravano schenkt Hymer Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, die Möglichkeit des mobilen Urlaubs.

"Als ich das erste Mal in den Paravano gerollt bin, schossen mir Tränen in die Augen. Denn was der Prototyp aus dem Hause Hymer für Menschen wie mich bedeutet, kann sich kaum jemand vorstellen", verrät Dino Kortas mit feuchten Augen. Der immer noch aktive Rennfahrer ist nach einem schweren Autounfall vor sechs Jahren wegen einer Querschnittslähmung an den Rollstuhl gefesselt. Doch sein Arbeitgeber, Reisemobil-Hersteller Hymer, hat seinen sympathischen Mitarbeiter nicht fallen lassen, sondern ihm stattdessen die Chance gegeben, zusammen mit dem Unternehmen Paravan, ein Reisemobil für Menschen mit Behinderungen zu entwickeln.

Ein gutes halbes Jahr später steht das Ergebnis auf vier Rädern in einer Düsseldorfer Messehalle. Genauer gesagt in der Hymer-Halle 17 des diesjährigen Caravan Salons. Natürlich haben sich schon andere Hersteller oder Subunternehmen des in der Öffentlichkeit immer noch stark tabuisierten Themas angenommen, doch handelt es sich dabei stets um extrem teure Sonderanfertigungen. Hymer-Geschäftsführer Robert Sala gibt Rollstuhlfahrer aber zumindest einen Funken Hoffnung auf Besserung: "Vielleicht gelingt nicht gleich der große Wurf beim ersten Mal. Doch haben wir mit der Firma Paravan einen Partner gefunden, der eine Serienfertigung eines behindertengerechten Reisemobils ermöglichen könnte. Was wiederum den Preis deutlich reduzieren würde. Wirklich günstig, wird solch ein Fahrzeug aber leider niemals werden. Wir denken daher schon heute über Möglichkeiten wie Mietangebote nach."

Der in Düsseldorf ausgestellte Prototyp dürfte rund 150.000 Euro kosten. Diese Summe stellt sich zum einen aus dem Preis des 76.990 Euro teuren Basismodells der Hymer B-Klasse und den ca. 75.000 Euro-Umbauten zusammen. Aber was sind das alles für Umbauten? Damit ein Rollstuhlfahrer wie Dino Kortas an Bord des 7,45 Meter langen Mobils kommt, fährt eine vollautomatische Auffahr-Hebebühne per Fernbedienung aus dem Unterboden heraus. Überhaupt lassen sich viele Einstellungen wie Eingangstür, Jalousien oder auch das Licht im Innenraum von außen steuern. Sollte einmal vergessen worden sein das Licht zu löschen, muss somit nicht erst der ca. 90 Sekunden dauernde Einsteigevorgang wiederholt werden.

Im Innenraum dann die erste Überraschung: die Schränke hängen wie bei allen Modellen direkt unter der Decke. Auf die Frage, wie ein Rollstuhlfahrer denn bitte schön da ran kommen soll, drückt Dino Kortas nur auf einen in Sitzhöhe angebrachten Kippschalter. Menschen, die unter Klaustrophobie leiden, werden im gleichen Moment wahrscheinlich fluchtartig das Mobil verlassen. Für Rollstuhlfahrer sind die herunterfahrenden Schränke ein wahrer Segen. Neben den kleinen Schränken lässt sich ebenfalls das Bett und auch das Innere des Kleiderschranks in eine angenehme Höhe absenken. Die Dusche und das Bad sind da schon etwas offensichtlicher den Bedürfnissen eines Rollstuhlfahrers angepasst.

Für nicht behinderte Menschen die wohl größte Überraschung findet sich allerdings im Cockpit. Denn an Stelle zweier Sitze befinden sich hier zwei Docking-Stations wie sie normalerweise von Telefonherstellern oder manchen Handstaubsaugern bekannt sind - nur einige Nummer größer. "Natürlich fahre ich auch. Das mache ich ja auch mit meinem alten M3, wenn ich Slalomrennen fahre", grinst Dino Kortas über beide Ohren. Die Erleichterung und die Freude auf den ersten gemeinsamen Urlaub mit seiner Freundin sind ihm deutlich anzumerken. Die Docking-Stations dienen zum einen der Möglichkeit, den Akku des elektrischen Rollstuhls wieder aufzuladen und zum anderen einer festen Arretierung auf dem Fahrer- oder Beifahrerplatz. Da seine Freundin nicht auf einen Rollstuhl angewiesen ist, lässt sich per Schnellverschluss auch noch auf beiden Seiten ein normaler Sitz befestigen. Auf das der erste mobile Urlaub mit Handicap ein voller Erfolg und bald die Serienreife erreicht wird.

Quelle: Autoplenum, 2012-08-26

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