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Testbericht

Sebastian Viehmann, 26. August 2011
Groß, gemütlich, luxuriös und dennoch offroadtauglich: Der Jeep Grand Wagoneer ist der Inbegriff des amerikanischen SUV – natürlich mit falscher Holzvertäfelung an den Flanken. Vor 20 Jahren lief das letzte Original vom Band.

Das kann man nur lieben oder hassen, dazwischen gibt es nichts. Das Wurzelholzimitat an den Flanken des 1991er Jeep Grand Wagoneer ist so amerikanisch wie Coca Cola, Drive-In und Disneyland. Der „Woody“-Look ist ein Markenzeichen des großen Geländewagens. Manchmal blättert die Vinyleiche ab, wird stumpf oder verblasst, aber was macht das schon. Es ist eine herrliche Reminiszenz an die echten Woodies der 30er und 40er Jahre, als Kombis noch mit Holzaufbauten versehen waren. Innen fährt der Jeep reichlich Luxus auf. Der Höhepunkt ist die Heckscheibe, die sich elektrisch versenken lässt. Im Grand Wagoneer cruist man maximal entspannt über den Highway –stets mit der Gewissheit, dass man jederzeit auch durch Matsch und Schnee pflügen könnte, wenn man nur wollte.

Vor 20 Jahren endete die lange Geschichte des Wagoneer, der sich ab 1962 zu einer Geländewagen-Ikone emporgearbeitet hatte. War der erste Willys Wagon noch recht spartanisch, konnte man es im Wagoneer schon eher aushalten. Er war das erste wirklich luxuriöse SUV. Der Wagen hatte viele Merkmale, die damals für einen Geländewagen völlig untypisch waren. Dazu gehörten die unabhängige Vorderradaufhängung und das automatische Getriebe. Für standesgemäßen Vortrieb sorgte der „Tornado“-Sechszylinder mit obenliegender Nockenwelle. Es gab Versionen mit zwei oder vier Türen sowie mit oder ohne Allradantrieb. „Der Wagoneer ist kein umgebauter Personenwagen mit Heckklappe oder ein Truck mit Fenstern“, hieß es in der ersten Werbebroschüre. „Styled for beauty, built for duty“ lautete das Motto: Gebaut fürs Grobe, aber schön anzuschauen.

Optisch wirkte der Wagen allerdings noch etwas unbeholfen, vor allem zur Front mochte der klassische Jeep-Grill mit den kleinen Scheinwerfern nicht recht passen. Die große Heckscheibe wurde damals noch nicht elektrisch versenkt, man musste eine Kurbel an der Heckklappe betätigen. Die Allradmodelle hatten serienmäßig einen kleinen Kompass am Armaturenbrett, schließlich lag das bevorzugte Revier von Jeep-Piloten schon damals abseits bekannter Straßen. Zehn Außenlackierungen und drei Interieurfarben – Nordic Blue, Sylvan Green oder Amber Metallic – zelebrierten die farbenfrohen Sixties. Dem kantigen Familien-Offroader wurde sogar ein Pick-Up namens Gladiator zur Seite gestellt.

Die Marke Jeep gehörte in den 60er Jahren übrigens nicht mehr zu Willys Overland, sondern zum Autohersteller Kaiser, der Willys aufgekauft hatte. Das Unternehmen wurde zur Kaiser Jeep Corporation, aber schon 1970 von American Motors (AMC) geschluckt. Die Marke Jeep überstand das ständige Fressen-und-Gefressen-Werden ziemlich unbeschadet, genau wie der Wagoneer.

Aus dem Wagoneer wurde 1965 der Super Wagoneer, dessen Grill nicht mehr diese Trauermine trug, sondern schmucke vertikale Chromstreben. Die Ingenieure stopften auch erstmals einen Achtzylinder unter die Haube. Aus opulenten 5,4 Litern Hubraum schöpfte das Aggregat 250 Pferdestärken. Der parallel angebotene Sechszylinder mit 3,8 Litern Hubraum und schwachbrüstigen 145 PS stammte bereits von AMC, also der Firma, die Jeep in wenigen Jahren übernehmen sollte. Der „Super Wagoneer“ von 1966 bekam nicht nur V8-Antrieb, sondern war auch sonst mit allerlei Komfort ausgestattet: Klimaanlage, Drucktasten-Radio, verstellbare Lenksäule, Servolenkung und eine elektrisch verschließbare Hecktür waren Extras, die man damals selbst bei manchen Kombis und erst recht bei Geländewagen vergeblich suchte.

1973 erhielt der Wagoneer den automatischen, permanenten Allradantrieb Quadra-Trac. Unter der Führung von AMC entstand außerdem 1974 der Cherokee, eine zweitürige Version des Wagens. Der Wagoneer blieb aber das Top-Modell im Programm, bis er vom Grand Cherokee vollständig abgelöst wurde.

Die Krönung der Baureihe folgte erst 1984, als aus dem Wagoneer der Grand Wagoneer wurde. Der luxuriöse Offroad-Kreuzer wurde bis 1991 ohne große Änderungen weitergebaut. 1986 gab es ein paar Retuschen und einen verbesserten Innenraum, dazu ein kleines Jeep-Emblem als Kühlerfigur. 1989 wurde der Grand Wagoneer mit einer neuen Bedienkonsole im Dachhimmel bestückt. Ganz zum Schluss spendierte Jeep dem Wagen noch Schraubenfedern anstelle der gewohnten Blattfedern an der Hinterachse. Den letzten Modellen – 1991 wurden nur noch 1560 Exemplare gebaut – verpasste man auf Wunsch eine kleine Plakette mit der Aufschrift „Final Edition“ im Innenraum.

Der Grand Wagoneer erfreut sich einer regen Sammlerszene und erzielt in gutem Zustand ordentliche Preise. Heute ist der Grand Cherokee das Flaggschiff der Marke Jeep – ebenfalls mit reichlich Luxus befrachtet, aber zum Glück ohne Holzimitat an den Flanken.

Quelle: Autoplenum, 2011-08-26

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