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Testbericht

Stefan Grundhoff, 21. März 2018
An sich hätte Mercedes sein erstes Serienfahrzeug mit Wasserstoffantrieb bereits 2012 / 2013 auf den Markt bringen wollen. Doch die Schwaben haderten mit der Brennstoffzelle - nicht ohne Grund. In diesem Herbst soll es nunmehr jedoch soweit sein.

Kommt die Brennstoffzelle nun doch noch oder bleibt sie ein nicht enden wollender Traum der Autoindustrie? Mercedes war einer der ersten Volumenhersteller, der sich seit drei Jahrzehnten intensiv mit dem Saubermann-Kraftstoff befasst. Die Versuchsträger mit Namen Necar in Form von Kleintransportern, A- und B-Klassen sowie Bussen sind beinahe ungezählt, doch zum Serienbetrieb reichte es bisher nicht. Hier ließen sich die Schwaben die Butter von asiatischen Herstellern vom Brot nehmen. Wurde im Jahre 2011 auf einer groß angelegten Marketingtournee rund um die Welt in wasserstoffbetriebenen Mercedes B-Klassen nach vielen Wirrungen ein Serienbetrieb für 2012 / 2013 angekündigt, so wurde dieser einmal mehr herausgeschoben. \"Die Brennstoffzellentechnologie ist integraler Bestandteil unserer Antriebsstrategie\", bricht Professor Christian Mohrdieck, Leiter des Bereichs Brennstoffzellensystem bei Daimler eine Lanze für die Saubermann-Technik, \"die Vorteile liegen für uns klar auf der Hand: Null Emissionen, hohe Reichweiten und kurze Betankungszeiten sowie ein breites Einsatzspektrum vom Pkw bis zu Bussen, anderen großen Nutzfahrzeugen und nicht zuletzt auch für stationäre Anwendungen.\"

Honda brachte 2007 seinen FCX Clarity in einer Kleinserie auf den Markt, Hyundai zog mit dem ix35 FCEV im Jahre 2013 nach und Toyota versuchte, seinem hybriden Erfolgsmodell Prius mit dem polarisierenden Mirai ab 2015 einen wasserstoffbetriebenen Bruder zur Seite stellen. Jüngst präsentierte Hyundai mit dem Nexo als ix35-Nachfolger bereits die zweite Generation eines SUV mit Brennstoffzelle. Nur Daimler hatte der Mut verlassen. Zwischenzeitliche Wasserstoff-Kooperationen mit Ford und Nissan lähmten den dünnen Tatendrang ebenso wie den aufkommenden Trend zu Elektroautos, die mit einer Batterie und eben nicht von einer Brennstoffzelle gespeist wurden.

Nachdem die Verkaufszahlen der Konkurrenz in mikroskopischen Dimensionen einen einmal mehr daran zweifeln lassen, dass es die Brennstoffzelle in Serien-PKW schafft, war es für Daimler scheinbar zu spät, die Notbremse zu ziehen. Der als Verbrenner überaus erfolgreiche Mercedes GLC soll ab dem vierten Quartal dieses Jahres nunmehr auch mit einer Brennstoffzelle zu bekommen sein, die sich aus zwei unterirdisch verbauten Wasserstofftanks speist und den Elektromotor an der Hinterachse antreibt. Die Brennstoffzelle unter der Motorhaube ähnelt den bekannten Verbrenneraggregaten zumindest baulich, nicht jedoch technisch. \"Die Brennstoffzelle hat die gleichen Aufnahmepunkte wie der Verbrenner und er sieht auch ähnlich aus\", erklärt Dr. Christian Mohrdieck, Leiter des Bereichs Brennstoffzelle bei Daimler, \"so haben wir ein ähnliches Crashverhalten und können den Wagen ganz normal im GLC-Werk Bremen produzieren.\"

Das Triebwerk, das auf den ersten Blick tatsächlich Ähnlichkeiten zu einem Diesel oder Benziner hat, ist ein kleines Kraftwerk. Hier wird der Wasserstoff durch einen aufwendigen Prozess in elektrische Energie umgewandelt und zum E-Motor an der Hinterachse transferiert. Der Motor leistet 147 kW / 200 PS und ein maximales Drehmoment von 350 Nm, das im Gegensatz zum Verbrenner bereits ab dem Stand abgerufen werden kann. Anders als andere Brennstoffzellenfahrzeuge ist der Mercedes GLC F-Cell ein echtes Plug-In-Hybridfahrzeug. Während die beiden 700-bar-Wasserstofftanks mit einem Volumen von 4,4 Kilogramm vor der Hinterachse und im Tunnel der Kardanwelle unsichtbar verbaut sind, befindet sich im doppelten Kofferraumboden das Batteriepaket, das man bereits aus dem GLC 350e kennt. \"Da das Tankstellennetz nach wie vor dünn ist, hilft hier der Akku, den ich wie beim normalen Plug-In-Hybriden laden kann\", erklärt Dr. Christian Mohrdieck, \"das reicht nochmals für eine zusätzliche Reichweite von 49 Kilometern.\" Die Lithium-Ionen-Batterie verfügt über eine Bruttokapazität von 13,8 kWh und dient zusätzlich als Energiequelle für den Elektromotor. Über den 7,2-kW-Onboard-Lader kann er an einer haushaltsüblichen Steckdose, einer Wallbox oder einer öffentlichen Ladestation bequem nachgeladen werden. Die Ladezeit beträgt mindestens eineinhalb Stunden.

Optisch ist der Mercedes GLC Fuel Cell von seinen Brüdern mit normalen Antriebkonzept nur durch blaue Applikationen an der Karosserie zu erkennen. Und auch im Fahrbetrieb sind die Unterschiede abgesehen vom fehlenden Motorengeräusch zumindest vom Beifahrersitz kaum zu spüren. Nicht übertünchen kann der SUV jedoch sein üppiges Leergewicht von über zwei Tonnen. In dieser Gewichtsklasse sind 200 PS eben nicht viel, wenn es flott und kraftvoll zur Sache gehen soll. Überhaupt muss der potenzielle Brennstoffzellenkunde ein paar Pillen schlucken. So ist der Mercedes GLC anders als seine von Verbrennern angetriebenen Brüder nur mit Hinterradantrieb zu bekommen. Aufgrund des geringen Bauraums fehlt der standesgemäße Zusatzvortrieb an der Vorderachse, der ihn zu einem Allradler macht. Und dafür, dass die Brennstoffzelle gegenüber dem normalen Elektrofahrzeug mit Akkupaket insbesondere mit ihrer Langstreckentauglichkeit punkten soll, sind eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h eben auch nicht allzu viel. Immerhin soll der Tankvorgang, eines der großen Probleme bei der Batterieladung, in rund frei Minuten beendet sein. Allein die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle ermöglicht im H2-Modus eine Reichweite von 437 km. Dünn sind die Fortschritte bei der Infrastruktur. Derzeit gibt es in Deutschland gerade einmal 45 Wasserstofftankstellen. Seit Jahren gibt es Pläne, dass das Netz auf zumindest 100 Säulen wachsen soll; 2023 sollen es 400 Tankanlagen sein.

Bleibt die Frage nach dem Preis. Hier macht es Daimler den Interessenten vergleichsweise einfach. Anders als Toyota Mirai mit knapp 80.000 Euro oder dem neuen Hyundai Nexo zu einem Preis von rund 60.000 Euro ist der Mercedes GLC F-Cell nur als Mietmodell zu bekommen. Die genauen Vertragsmodalitäten werden derzeit erst ausgearbeitet. Fest steht jedoch bereits jetzt, dass er erst einmal ausschließlich in den beiden Ländern Deutschland und Japan angeboten wird. Ob das zum Durchbruch reicht?

Quelle: Autoplenum, 2018-03-21

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