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Testbericht

Marcel Sommer, 18. Juni 2018
Autohersteller bewerben ihre Produkte gern mit einem unschlagbaren Einstiegspreis; einem finanziellen Scharfmacher oder Lockvogel, der zumindest auf den Besuch des hauseigenen Fahrzeugkonfigurators abzielt. Doch schon nach den ersten Klicks wird klar: jedes Extra kostet extra. Sonst gibt es nackte Hausmannskost.

Was gibt es nicht alles für Fabelangebote auf dem Neuwagenmarkt. Unter 10.000 Euro für einen Kleinstwagen, unter 20.000 Euro für einen Kompakten, unter 50.000 Euro für eine Oberklasselimousine und sogar nur 90.000 Euro für eine Luxuslimousine. Das Zauberwort lautet Basis- beziehungsweise Einstiegspreis. Und genau hier scheint nahezu alles erlaubt. Vom Lockangebot, dass es beim ersten Blick schon gar nicht wirklich gibt, bis hin zum nackten Golf auf Stahlfelgen ist alles möglich. Dass selbst bei der Online-Konfiguration an vielen Stellen vermeidliche Schnäppchen zu einem satten Aufpreis führen, zeigt der Selbsttest.

Was liegt näher, als sich mal eben aus Spaß das Volksauto schlechthin zu konfigurieren, den Golf aus dem Hause Volkswagen? Im Zeitalter von Online-Konfiguratoren kostet es ja nichts mehr - abgesehen von ein paar Minuten Zeit. Dass aus den paar Minuten schnell ein paar mehr werden können, ist vorher ja nicht zu ahnen. Denn wer während des Konfigurationsvorgangs ein Häkchen an der falschen Stelle setzt, wird schnell mit einem Pop-up-Fenster konfrontiert. Und dann heißt es \"Lesen\". So auch beim Golf in der 18.075 Euro teuren Basisausstattung. Zu dieser Einstiegs-Serienausstattung gehören eine Klimaanlage, Halogen-Doppelscheinwerfer und Blinkleuchten unter gemeinsamer Klarglasabdeckung, LED-Tagfahrlicht, eine Multifunktionsanzeige, ein Radio und Rückleuchten in LED-Technik. Zwei Extratüren kosten 900 Euro.

Der 85 PS starke über ein manuelles Fünfgang-Getriebe verfügende Wolfsburger kommt in der Trendline-Ausstattung in Uranograu und innen mit schwarzen Polstersitzen daher. Eine schwarze, weiße oder rote Außenhaut kostet mindestens 230 Euro extra. Die Metalliclackierungen gehen bei 595 Euro los. Wer es seinen Nachbarn so richtig zeigen will, kann auch 2.235 Euro loswerden. Ja, es geht immer noch nur um die Außenfarbe beim Golf. Ein Vorteil der tristen Gratisfarbe ist jedoch, dass sie sich farblich nicht mit den serienmäßig auf Stahlfelgen gezogenen Reifen beißt.

Da die Welt immer vernetzter wird, darf diese Möglichkeit natürlich nicht im Auto fehlen. Beim Golf werden laut Liste 205 Euro dafür fällig. Kurz den Haken gesetzt und… Stopp. Das erste Pop-up-Fenster geht auf. Für dieses Häkchen müssen zusätzlich 440 Euro für das Radio Composition Media und 465 Euro für eine Telefonschnittstelle mit induktiver Ladefunktion investiert werden. Also in Summe 1.110 Euro. Und weg damit. Aber ein Navigationssystem darf es doch sein, oder? 565 Euro scheinen akzeptabel. Doch auch hier heißt es mal wieder \"Plop\". In Summe werden hier 1.005 Euro aufgerufen. Ein Handyhalter, ein neues Smartphone inklusive Google Maps wirken nicht nur günstiger, sie sind es auch. Aber es müssen ja nicht immer die teuren Zubehör-Klicks sein. Ein Kopfstützhaken in schwarz für 7,10 Euro oder ein Abfallbehälter für den Becherhalter für 19,10 Euro treiben ebenso den Preis unbemerkt nach oben. Allerdings muss klargestellt werden, dass der angepriesene 18.075 Euro teure nackte Golf ohne Häkchen tatsächlich erhältlich ist. Na gut, die 360 bis 850 Euro Überführungs- oder auch Abholkosten kommen noch oben drauf. Aber immerhin.

Bei Hyundai schaut dies aktuell anders aus. Hier sieht der Sparer ausschließlich rot - und das gleich doppelt. Vorausgesetzt, er wählt tatsächlich das mit der kleinen hochgestellten Ziffer 1 versehene 7.990 Euro-Angebot für den i10. Denn zum einen scheint dieser Preis online gar nicht erhältlich, da auf der ersten Seite 9.990 Euro den Preiseinstieg markieren (das Stichwort lautet \"Aktionspreis\"). Zum anderen gibt es den 67 PS und manuell per Fünfgang-Getriebe im Zaum gehaltenen Südkoreaner nur in der Farbe Rot mit schwarzen Polstern. Ein Vorteil beim Hyundai-Konfigurator ist, dass es beim Einstiegsmodell keinerlei anwählbaren Zusatzausstattungen anzuklicken gibt. Hier ist schon auf den ersten Blick klar, was es für den Preis gibt: Schwarze, manuell einstellbare Außenspiegel, rundum getönte Verglasung (beim Golf kostet die extra) und eine Kabelvorbereitung für Lautsprecher, sprich kein funktionstüchtiges Radio. Das gibt es erst ab der nächsthöheren 11.530 Euro teuren Ausstattung inklusive Klimaanalage und elektrischen Fensterhebern vorn. Der nackte i10 ist hier tatsächlich nackt und braucht noch nicht einmal rot zu werden, denn das ist er ja schon.

Wer sich in anderen finanziellen Sphären rund um 50.000 Euro befindet, der wird sich bestimmt schon mal den Konfigurator aus dem Hause BMW auf der Suche nach einem Einstiegs-Fünfer angeschaut haben. 48.900 Euro lesen sich für eine nagelneue, mit neuester Technik angepriesenen 184 PS-Limousine doch gar nicht so falsch. Und auch die Gratis-Farbe Schwarz wirkt nicht verkehrt. Alpinweiß kostet 350 Euro. Doch schon bei der Felgenauswahl muss stark aufgepasst werden. Denn der 520i rollt serienmäßig auf dünnen 17 Zöllern aus dem Werk. 18 Zoll große Felgen mit dem Hinweis auf 0 Euro Zuzahlung wirken da doch glatt wie ein Sirenengesang. Plopp. Voraussetzung ist die mit dem nächsten Klick hinzugefügte Luxury Line. Kostenpunkt 3.600 Euro. Och nö. Weiter geht es im Innenraum. Polster aus Stoff? Dann doch lieber auf die Leder-Kombi für 0 Euro klicken. Plopp. 2.900 Euro für die Sport Line werden hier fällig. Schnell wird klar, die 48.900 Euro plus Überführungskosten, sprich knapp unter 50.000 Euro für einen Fünfer-BMW sind nur dann zu realisieren, wenn auf nahezu alles, mit dem die Marke ihr Fahrzeuge bewirbt, verzichtet wird. Allein die Aufpreisliste für das Interieur wirkt endlos. Das 60-, 70- und auch 80.000 Euro-Limit lässt sich hier nahezu schneller durchbrechen, als der 520i die Tempo 200-Grenze knackt.

Noch schneller lässt sich bei der Konfiguration eines Porsche Panamera die Sechsstelligkeit erzielen. Zugegeben, schon der Basis-Panamera kostet 90.655 Euro. Doch wird sich hier bestimmt niemand mit der Rohfassung anfreunden können. Über die Lack-Auswahl schwarz oder weiß lässt sich ja noch streiten - die erste Metallic-Lackierung schlägt mit 1.237,60 Euro zu Buche. Doch fällt schon der Gedanke einen Panamera auf 19 Zoll-Felgen fahren zu sehen schwer. Es müssen zwar nicht unbedingt die 4.992 Euro teuren 21-Zöller sein, doch dazwischen wird bestimmt jeder schwach. Auch die Vorstellung auf schwarzem oder achatgrauen Teilleder zu thronen fällt nicht leicht. Leder gibt es hier ab 5.313 Euro. Von der adaptiven Luftfederung (2.136 Euro) oder Keramikbremsen (8.937 Euro + mindestens 1.618 Euro für die notwendigen 20 Zoll-Turbo-Felgen) darf in dem 330 PS starken Porsche nur geträumt werden, soll der Basispreis erhalten bleiben. Was dann natürlich im Innenraum auffällt, sind viele leere Schaltflächen in dem ansonsten mit berührungsempfindlichen Tast- und Schaltflächen übersäten Cockpit. Zu den günstigsten Zubehörteilen gehört mal wieder das Raucherpaket für 53,55 Euro. Das Achtgang-PDK-Getriebe gibt es allerdings gratis - ebenso wie den Wegfall der Typenbezeichnung, die für einen Hauch mehr Understatement des schwarzen Basis-Panamera sorgt. Alles in allem zeigt sich, dass der Griff zur nächsthöheren Ausstattungsvariante zwar finanziell nichts mehr mit dem Basispreis gemein hat, jedoch ein Mehr an Komfort und Sicherheit bietet und somit eigentlich unvermeidbar ist.

Quelle: Autoplenum, 2018-06-18

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