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Testbericht

Stefan Grundhoff, 19. Oktober 2009
Im auffälligen schwarz-weiß rollt der Nissan Tiida nahezu lautlos über die Teststrecke südlich von Yokosuka. Was da aussieht wie ein gewöhnlicher Tiida, ist ein getarnter Prototyp des neuen Elektromodells Nissan Leaf, der 2010 auch nach Europa kommen soll.

Statt der Tankanzeige kann der Fahrer auf der Anzeige links im Kombiinstrument den Ladestand des Lithium-Ionen-Akkus ablesen. Wer den Motor des vermeintlichen Nissan Tiida startet, wird nicht mehr als ein leises Surren vernehmen. Lautlos setzt sich der Fronttriebler in Gang und beschleunigt kraftvoll bis auf Tempo 100. In schlechtem Englisch greift der japanische Testingenieur behände ein und weist einen verschreckt auf die nächste Kurvenkombination hin. „Hier nicht schneller als 80 km/h. Sehr gefährlich.“ Sieht der neue Nissan Leaf im Karosseriekleid des bekannten Tiida ganz anders und fährt mit 100 km/h lässig über den nördlichen Zipfel des Testkurses Nissan Grandrive nahe der Küstenlinie.

Hier, rund 50 Kilometer südlich von Tokio stimmt Nissan derzeit das Fahrwerk des zukünftigen Leaf ab. Die Lenkung des Prototypen arbeitet künstlich und eine Spur zu träge, doch sonst macht der erste kurze Fahrausflug einen ordentlichen Eindruck. Nur von außen macht der schwarz-weiße Nissan den Anschein eines Tiida, so der Nissan-Techniker: „Plattform, Motor, Getriebe und Akkutechnik sind bereits vom neuen Leaf.“ Ansonsten sieht der Tiida aus, wie jeder andere. Allein der große Mitteltunnel mit Zündschloss und einem knubbeligen Gangwählhebel unterscheiden den „Prototypen-Mule“ visuell von einem aktuellen Serienmodell.

Der Nissan-Konzern hat in Sachen Elektroantrieb viel vor; will im Herbst nächsten Jahres mit dem neuen Leaf sein erstes Elektromodell auf die Märkte in Asien, Europa und den USA bringen. „80 Prozent aller Kunden weltweit fahren pro Tag weniger als 100 Kilometer“, erklärt der zuständige Technik-Verantwortliche Toshimi Abo, „in Japan und UK fahren 80 Prozent aller Kunden täglich sogar weniger als 50 Kilometer.“Der Renault-Nissan-Konzern setzt spätestens seit der Frankfurter IAA stärker denn je auf das Thema Elektroantrieb. „Ich rechne bis zum Jahre 2020 fest mit einem Elektroauto-Anteil von zehn Prozent“, unterstreicht Nissan-Chef Carlos Ghosn, „dafür haben wir mehr als vier Milliarden Euro in die Entwicklung und Produktion von Antriebs- und Akkutechnik investiert.“

Der Nissan Leaf soll der Ökonachfolger des zumindest in Europa wenig erfolgreichen Kompaktklassemodells Tiida werden und Ende des Jahres 2010 zu Preisen eines gut ausgestatteten Kompaktklassemodells auf die verschiedenen Märkte kommen. Die Reichweite des allein von einem Elektromotor angetriebenen Leaf soll bei 160 Kilometern liegen. Das soll ausreichen, die meisten der ins Auge gefassten Kunden zufrieden zu stellen. Im Boden des fünfsitzigen Tiida-Erprobungsmodells und des späteren Seriennachfolgers Nissan Leaf befinden sich die Lithium-Ionen-Akkus mit einem Ladevolumen von 24 kWh. Das elektrische Triebwerk im Vorderwagen des Japaners leistet 80 KW / 109 PS und ein maximales Drehmoment von 280 Nm, die ab dem Start des Triebwerks zur Verfügung stehen. Damit die Akkuleistung für eine Strecke von bis zu 160 Kilometern reicht, werden Verbraucher wie Servolenkung und Klimaautomatik elektrisch angetrieben. Ein regeneratives Bremssystem holt verbrauchte Energie beim Entschleunigen zurück. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 140 km/h.

Sollte der Akku nach entsprechender Strecke entleert sein, kann der Fahrer zwischen zwei Ladearten wählen. Wer den Leaf in der heimischen Garage des Nachts aufladen möchte, steckt den Stecker in die Steckdose und nach acht Stunden ist die volle Reichweite wieder abrufbar. Eine programmierbare Schaltuhr lässt einen besonders günstigen Nachtstrom nutzen. Ist der Akku wieder voll aufgeladen, gibt es eine Meldung auf das Mobiltelefon. Über das kann man morgens – wenn gewünscht – sogar die Klimaanlage starten und den Wagen vorkühlen oder aufheizen lassen. Kaum zu glauben, dass der Erprobungsträger trotz aller elektrischer Vernetzung nicht einmal elektrische Fensterheber hat. Hier wird noch gekurbelt.

Der Schnelllademodus ist mit der hauseigenen Technik in der heimischen Garage dagegen nicht zu realisieren. Hier planen die Japaner eine Versorgung mit Hochdruck-Strom, der den gesamten Akku in kaum mehr als 30 Minuten wieder komplett aufladen soll. „Zehn Minuten an der Steckdose reichen für weitere 50 Kilometer“, unterstreicht Toshimi Abo, „wir werden am Anfang nur wenige Ladestationen haben. Daher ist eine sinnvolle Vernetzung unverzichtbar. So wird das Navigationssystem jederzeit aktuell anzeigen, wie weit man mit dem Stromvorrat und einem etwaigen Nachtanken kommen kann.“ Aufgeladen werden kann der Prototyp über einen mehrpoligen Stecker hinter dem Markenlogo im nicht mehr vorhandenen Kühlergrill.

Aktuell gibt es im Großraum Tokio 23 Schnellladestationen und 160 Ladesäulen für normale Stromversorgung. Bis Ende 2010 sollen es 100 bzw. 1000 werden. „Wir erproben auch Induktionssysteme ohne Stromstrecker“, erklärt Toshimi Abo weiter, „zunächst wollen wir pro Jahr 50.000 bis 60.000 Elektrofahrzeuge bauen. Nach den ersten zwei Jahren werden wir die Produktion dann steigern.“

Quelle: Autoplenum, 2009-10-19

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