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Testbericht

Marcel Sommer, 20. August 2013
Wer es mit seinem Oldtimer auf das heilige Grün des Pebble Beach-Golfplatzes geschafft hat, will dort auch gewinnen - egal zu welchem Preis.

Wenn sich die Veranstalter der bekanntesten Oldtimerveranstaltung der Welt melden, wird nicht lange überlegt. Der Schiffscontainer für den stählernen Liebling wird bestellt und dem Restaurateur des Vertrauens nochmals ins Gewissen geredet. Denn wer beim Concours d\\\'Elegance im kalifornischen Pebble Beach teilnehmen darf, will dort auch um jeden Preis gewinnen. "Geld spielt keine Rolle" ist dabei keine nette Redensart, sondern die pure Wahrheit. Auch, wenn das eigene Fahrzeug nicht die Millionen-Euro-Grenze durchbricht, wird gern der Marktwert nochmals in die wochenlange Auffrischung gesteckt. In diesem Jahr werden sich allerdings Besitzer eines Cabrio-Traums gedacht haben: "Warum habe ich nicht in ein gescheites Verdeck investiert?" Ein Preis wäre damit zwar auf Grund der fehlenden Originalität von vornherein ausgeschlossen gewesen, doch zumindest wäre die Feuchtigkeit dem Interieur ferngeblieben. Star-Moderator Jay Leno brachte es in seiner süffisanten Art auf den Punkt: "Das wäre in England der schönste Tag des Jahres!" Denn Nebel, Kälte und ein steter Nieselregen trübten ein wenig das für jeden Zuschauer rund 200 Euro teure Vergnügen.

Als wäre es ein Zeichen an Petrus gewesen, dass auch bei schlechtem Wetter das Fest einen würdigen Abschluss finden kann, kürte Zeremonienmeister Ed Herrmann um Punkt 17 Uhr ein 79 Jahre altes Cabriolet zum Gewinner des wichtigsten Preises, dem Best of the Show Car. Der Besitzer des Packard 1108 Twelve Dietrich Convertible Victoria aus dem Jahr 1934, Joseph Cassini der Dritte, ist überglücklich - auch wenn er genau dieses Gefühl schon kennt: "Dass ich nach 2004 hier nochmal gewinnen kann ist unglaublich. Und der Sieg fühlt sich sogar noch emotionaler an als der Erste." Auf die Frage, warum er denn wohl gewonnen habe antwortete er klar und deutlich: "Mein Fahrzeug ist das Beste. Und es hat ein super Hinterteil."

Bei dem Concours d\\\'Elegance zu gewinnen ist dabei gar nicht so einfach, legen sich die teilweise sehr weisen Juroren auch schon mal aufs wenige Millimeter kurze Green und werfen einen geschulten Blick auf den Unterboden des Prüflings. Aus diesem Grund hat auch Michael Heinemann aus Neuss seinen oliv grün metallic farbenen Porsche 911 S Coupe bereits lange vor dem Concours nach Kalifornien verschifft: "Vier Wochen und täglich zehn Stunden Arbeit haben wir nochmal in den 1969 an Dr. Ferdinand Porsche ausgelieferten 2,2 Liter-Porsche gesteckt - auch in den Unterboden." Zu einem Preis hat es aber leider nicht gereicht. Auf Grund seiner Geschichte und des originalen Zustands hätte das einzigartige Exemplar aber zumindest auf europäischem Boden gute Chancen. Doch davon möchte Michael Heinemann nichts wissen: "Ich meide eigentlich solche Veranstaltungen. Aber hier dabei zu sein ist schon was Besonderes." Da machen die 4.000 Euro Verschiffungsgebühr und die geplanten 8.000 Euro Flugzeugtransportkosten auch nichts mehr.

Dass auch ein zweiter Platz in der eigenen Klasse glücklich machen kann, war Jeff Lotman aus Los Angeles anzusehen. Zumal sein 1957er BMW 507 Series II Roadster erst kurz zuvor fertig und ihm während der Veranstaltung erst übergeben wurde. Klaus Kutscher von der BMW Classic Car-Abteilung klärte auf: "Der 507 wurde vor zwei Jahren auf der Oldtimerveranstaltung Villa d\\\'Este von Jeff Lotman ersteigert. Anschließend brachte er ihn zu uns. Der Auftrag war klar: Das Auto mit der Chassisnummer 70048 und einem 3,2 Liter großen V8-Motor sollte hier beim Concours d\\\'Elegance in Pebble Beach stehen. 1,5 Jahre hat die Restaurierung gedauert - eigentlich ein Jahr zu wenig. Jedes Teil haben wir in die Hand genommen und wieder aufbereitet." Jeff Lotman ist begeistert: "Eine super Arbeit." In Bezug auf die Adleraugen der Juroren hat sich Jeff allerdings ein Eigentor geschossen. Denn die von ihm gewünschte Außenfarbe ist zwar im Originallack aufgetragen worden. Aber da diese Farbe von der Ursprungsfarbe abweicht, gab dies Punktabzug.

Interessant zu sehen war zudem die Akribie, mit der die Besitzer jedem noch so kleinen Regentropfen einzig mit einem Lappen bewaffnet Herr werden wollten. Und auch kleine Schönheitsreparaturen, wie das Nachschwärzen von Bremsschläuchen mit Hilfe eines schwarzen Stiftes oder das "Rasen aus dem Reifenprofil pulen" zeigen den Ernst der Sache. Dass an den meisten Handgelenken der Putzmänner Uhren prangten, die den Wert eines Sportwagens übersteigen, sei nur am Rande erwähnt.

Der älteste automobile Teilnehmer war in diesem Jahr ein 98 Jahre alter Pope-Toledo Type XII Roi des Belges 7 Passenger Touring von 1906, der mit zeitgemäß gekleideten Passagieren zum Golfplatz rollte. Den Weg vom fernen Alaska hat er zwar nicht auf eigener Achse absolviert, doch war ihm das Alter in puncto Lack und Leder nicht anzusehen. Beim 29 Jahre jüngeren Voisin Clairière Berline sah das schon etwas anders aus. Dem aktuellen Patina-Trend folgend ist er nach seinem Auftritt 1935 beim Genfer Automobil Salon 45 Jahre lang im Museum natürlich gealtert und in diesem Zustand verblieben.

Von der edlen Veranstaltung haben neben den strahlenden Preisträgern auch noch ganz andere Personen Gewinn abzwacken können. So standen bereits mehrere Kilometer vor dem eigentlichen Veranstaltungsort selbst gemalte Schilder mit der Aufschrift "Parken 50 Dollar". Gleichzeitig haben sich die offiziellen Jacken-Verkäufer bei Petrus bedanken können, denn bei strahlendem Sonnenschein wäre es wohl kaum zu Sätzen wie "Ich hätte gern acht Jacken" gekommen. Damit die gut gefüllten Geldbeutel der solventen Besucher auch bloß niemals trocken laufen konnten, standen alle fünfzig Meter mobile Geldautomaten mit einem schier unerschöpflichen Dollar-Vorrat bereit. In Pebble Beach wird eben an alles gedacht. Oder wie Jay Leno zu sagen pflegt: "Genießt die Show. Es ist die beste Autoshow der Welt."

Quelle: Autoplenum, 2013-08-20

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