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Testbericht

Jürgen Wolff, 27. Januar 2008
Kleine Autos mit Knick am Hintern haben es hierzulande schwer. Dass musste schon VW mit dem Jetta lernen. Auch Chevrolet tut sich schwer, mit dem flotten Aveo die eher konservative Klientel zu bedienen.

Gerade mal 6374 Neuzulassungen weist die amtliche Statistik 2006 für den Aveo und seinen seit Februar des gleicen Jahres nur noch mit Fließheck erhältlichen Vorgänger Kalos aus. Klingt wenig - ist aber über die Marke gerechnet die zweit bestverkaufte Modellreihe nach dem Matiz. Limousinen mit Stufenheck sind nicht gerade der Normalfall im Revier der kleinen Kompaktautos. Hier beherrscht das Fließheck die Verkaufsstatistik. Den Fabia gibt es noch als Sedan. Und den Cordoba von Seat. Nicht zu vergessen natürlich Dacia Logan, Lada, Jetta & Co. Dabei wirkt der Aveo trotz konservativem Knick frisch und modern. Die Frontpartie mit den üppigen Lufteinlässen und den breit gezogenen Scheinwerfern ist klar und ohne Schnörkel. Die Nebelscheinwerfer gehören beim 1.4-Liter zur Serienausstattung. Auch die Seitenlinie wirkt harmonisch - einschließlich des Stufenhecks. Innen erweist sich der Aveo trotz der kompakten Außenmaße als durchaus geräumig. Auch größere Zeitgenossen bekommen keine Platzangst - nicht mal im Fond. Dort sollte man allerdings höchstens zu zweit sitzen. Der straffe Fahrersitz lässt sich auch in der Höhe verstellen, die Lenksäule leider nur in der Höhe. Dennoch gibt es keine Probleme, die richtige und ermüdungsfreie Sitzposition einzustellen.

Der Kofferraum ist mit 400 Litern durchaus ordentlich geraten. Ein Golf zum Beispiel kommt auf 350 Liter. Noch besser: Für sperrige Güter lassen sich die asymmetrisch geteilten Lehnen der Rückbank schnell und einfach umklappen. Dann allerdings stört eine Stufe. Das Beladen erfordert nicht nur angesichts der relativ kleinen Öffnung etwas Geschick - man sollte auch gut aufpassen, wo man was hinlegt. Die großen Scharnierbügel können sonst unangenehme Quetschungen im Gepäck hinterlassen. Vermisst haben wir eine ausreichende Zahl an Ablagen. Die Instrumentierung ist einfach, griffgünstig und übersichtlich - leicht zu bedienen. Die Übersicht ist gut - nur nach hinten wird sie wegen der breiten C-Säule etwas eingeschränkt. Die Materialien wirken angesichts der Wagenklasse durchaus wertig und fühlen sich angenehm an - bis hin zum Lederüberzug von Lenkrad und Schaltknauf. Als optische Dreingabe gibt es ein wenig Alu-Look und Chrom. Überzeugt hat uns die Verarbeitungsqualität: Alles ordentlich ausgeführt, solide und passgenau. Klimaanlage und CD-Radio sind Serie, ebenso die Radio-Fernbedienung am Lenkrad, Heckscheibenantenne, beheizbare Außenspiegel, vier Airbags und elektrische Fensterheber. Nicht selbstverständlich für ein Auto, das keine 13.700 Euro kostet.

Mit seinen 69 kW/94 PS reicht der 1,4-Liter-Vierzylinder für den Alltag aus. Im Stadtverkehr hat er kein Problem, den knapp 1,2 Tonnen schweren Aveo flott im Verkehr mitschwimmen zu lassen. Aber wenn es raus geht aus der Stadt und Tempo angesagt ist, dann kommt der Benziner schnell an seine Grenzen. 11,1 Sekunden braucht er bei einem Drehmoment von 130 Nm, um aus dem Stand auf 100 km/h zu kommen. Bei 176 km/h ist ganz Ende. Und auch die ausgewiesenen 94 PS liegen erst bei 6400 U/min. an - kurz, bevor sowieso Schluss ist. Wer halbwegs fix unterwegs sein will und gelegentlich auch mal auf die Überholspur, der muss also schon fleißig schalten und den zähen Motor immer wieder hochdrehen - Elastizität gehört nicht gerade zu seinen Stärken. Das heißt aber auch: Man ist laut und durstig unterwegs. Jenseits der 4000 Umdrehungen rumort es kräftig. Und der von Chevrolet propagierte Durchschnittsverbrauch von 6,7 Liter Super rückt in weite Ferne - man muss mindestens einen Liter hinzurechnen. Trotz der straffen Fahrwerksauslegung eignet sich der Aveo denn auch mehr zum cruisen denn zur Kurvenhatz. Das ist auch gut so - denn wer es übertreibt, dem steht kein hilfreiches ESP zur Seite. Das gibt es nicht mal gegen Aufpreis. Bei flott gefahrenen Kurven neigt der Aveo leicht zum - durchaus noch gutmütigen - Untersteuern. Ist das Tempo zu hoch, bricht erst das Heck aus, dann beginnt der Schleudergang.

Die manuelle Fünfgang-Schaltung ist hakelig, schwammig und unpräzise, außerdem vor allem im fünften Gang zu lang übersetzt - Überholspurts sind damit ebenso wenig möglich, wie längere Steigungen. Ohne Zurückschalten geht gar nix. Ähnlich der Charakter der Lenkung: Wenig präzise und vor allem ohne sonderliches Gefühl für die Fahrbahn. Wer eine kompakte Stufenheck-Limousine zum kleinen Preis sucht, der ist mit dem Aveo ordentlich bedient. Die umfangreiche Serienausstattung tröstet über die kleinen Unzulänglichkeiten hinweg - wir reden schließlich über einen Sedan unter 14.000 Euro, bei dem man gegebenenfalls nur noch 4-Gang-Automatik (1100 Euro), Metallic-Lack (390 Euro) und Glasschiebedach (460 Euro) zusätzlich bezahlen muss. Billiger - und wesentlich weniger opulent - geht es nur im Logan oder im Lada zu. Der Seat Cordoba ist vergleichbar motorisiert und ausgestattet mindestens 2000 Euro teurer, bietet aber ESP und Kopfairbags wenigstens als Option. Und wer Jetta fahren will, der ist schon in der preiswertesten Basisversion fast 20.000 Euro los.

Quelle: Autoplenum, 2008-01-27

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