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Testbericht

3. November 2015
Lissabon (Portugal), 4. November 2015
Wer A sagt, muss auch Q sagen: Auf diesen Nenner könnte man das jüngste Produkt der Marke Infiniti bringen. Infini-was? Damit sind wir schon beim Knackpunkt: Der Nobelableger von Nissan ist stark auf den US-Markt fixiert. Von den rund 150.000 im Jahr 2014 verkauften Fahrzeugen gingen zwei Drittel in die Staaten, danach folgt China. Und Deutschland? Überschaubare 1.015 Autos waren es im letzten Jahr hierzulande, die Anzahl der Händler ist fast an einer Hand abzählbar. Doch jetzt will Infiniti durchstarten. Der Heilsbringer heißt Q30 und kommt im Januar 2016 auf den Markt.

Einer für Europa
Auf den Q30 sind sie bei Infiniti stolz wie Bolle: Das erste speziell für Europa konstruierte Modell, gebaut wird es im britischen Sunderland. Schützenhilfe gab es aus Stuttgart: Seit 2010 besteht eine Allianz zwischen Renault/Nissan und Daimler. Sie führte auf Daimler-Seite zur Nutzung des Renault Kangoo als Mercedes Citan, auch die 1,5-Liter-Diesel diverser Modellreihen basieren auf Renault-Technik. Im Gegenzug spendieren die A-Klasse respektive ihr SUV-Ableger GLA ihre Gene dem Infiniti Q30. Das wird bei den Abmessungen des Q30 deutlich: Er weist mit 2,70 Meter den gleichen Radstand wie A und GLA auf und ist knapp einen Zentimeter länger als der GLA. Auch die Höhe und Breite von GLA und Q30 sind praktisch deckungsgleich. Mit einem Unterschied: Den Q30 gibt es auch als Sport-Version, die zwei Zentimeter tiefer liegt.

Individuelle Schönheit
Ist der Infiniti Q30 also ein Mercedes GLA im Frack? Mit Blick auf das Design könnte man es meinen: Der Euro-Japaner hebt sich von der Masse ab, wellenförmige Blechfalze lockern die Seitenansicht auf. Ähnlich wie beim Mercedes ist die Optik natürlich Geschmackssache, auf mich wirkt der Q30 jedoch harmonischer als seine Stuttgarter Verwandtschaft. Die intime Hinwendung zum GLA hat positive Folgen: Anders als bei der A-Klasse gelingt der Zugang zum Fond ohne fiese Verrenkungen, die große Ladeöffnung vereinfacht das Befüllen des Kofferraums. Ein Platzwunder ist der Q30 freilich nicht, 368 bis 1.223 Liter sind Durchschnitt. Für Hinterbänkler wird es eng, sobald der Vordermann seinen Sitz nach hinten schiebt. Einen gravierenden Nachteil hat der Infiniti vom Mercedes übernommen: Die Sicht nach hinten ist bescheiden. Daher empfehle ich die Wahl der Seriensitze mit normalen Kopfstützen und den optionalen "Around View Monitor", den es auch bei Nissan gibt. Er bietet einen äußerst praktischen Blick auf das Fahrzeug aus der Vogelperspektive.


Guter Geruch

Ich wechsle lieber in die Fahrerperspektive und merke schnell: Das Cockpit weist viel A-Klasse-Stallgeruch auf. Ob Lenkrad, Klimaregler oder die elektrische Sitzverstellung in der Tür, alles ist vom kleinen Mercedes übernommen. Jetzt wird auch klar, warum dieser kürzlich eine Modellpflege bekam. Kurios: Sogar der Mercedes-typische Tempomathebel am Lenkrad findet sich im Q30 wieder. Aber die Schwaben-Connection gereicht dem Infiniti nicht zum Nachteil. Alles ist gut ablesbar und nach kurzer Zeit intuitiv bedienbar. In einigen Details ist der Q30 sogar besser durchdacht: Der Navi-Bildschirm wurde viel harmonischer integriert.

Zahlen, bitte!
Das Motorenangebot des Q30 ähnelt dem der A-Klasse und ihrer Ableger. Los geht es mit einem 109 PS starken 1,5-Liter-Diesel, auf der Benzinerseite warten Motoren mit 122 oder 156 PS aus 1,6 Liter Hubraum sowie ein Zweiliter-Turbo mit 211 PS auf Interessenten. Bei letzterem ist ein Allradantrieb serienmäßig, wer ihn mit Diesel haben möchte, muss wie ich zum 2,2 Liter mit 170 PS greifen. Beim Mercedes GLA stünde dann 220 d am Heck, er bietet jedoch sieben PS mehr. Inklusive ist ein Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Gängen. Falls Ihnen der dazugehörige Wählhebel im Q30 bekannt vorkommt: Es gibt ihn auch im A/GLA 45 AMG.

Vorzügliche Mischung
So brachial geht der Infiniti Q30 2.2d natürlich nicht zu Werke. Im kalten Zustand nagelt der Motor vernehmlich vor sich hin, dann zieht er sich in sein stilles Kämmerlein unter der markant gewölbten Haube zurück. Die ab 1.400 Umdrehungen verfügbaren 350 Newtonmeter werden vom DCT-Getriebe gleichmäßig aufs Brot geschmiert, auf der Autobahn verwöhnt der Q30 mit akustischer Zurückhaltung. Hier zeigen sich die positiven Arbeitsresultate der Infiniti-Ingenieure, man legt Wert darauf, dass viel eigene Arbeit in die Entwicklung des Q30 gesteckt wurde.
 
Sport? Lieber nicht!
In gewissen Bereichen hätte etwas mehr Feinschliff nicht schaden können: Auf kurzen Wellen rollt der mit 18-Zoll-Alus bestückte und als "Sport" tiefer gelegte Q30 unwirsch ab, sie werden spürbar ins Innere durchgereicht. Schade: 17-Zöller, die den Komfort verbessern könnten, gibt es nur als Stahlfelgen für die Basisversion. Abgesehen davon schont der Q30 die Rücken der Insassen immer noch deutlich mehr als die sportlich ausgelegte Mercedes A-Klasse. Sportlichkeit ist indes auch nicht die Domäne des Q30. Mit dem großen Diesel wiegt er leer 1,5 Tonnen, was ihn nicht zum Kurvenjäger prädestiniert. Dafür sorgt auch eine in der Mittellage zu indifferente Lenkung, die aber eine gute Rückmeldung von der Straße gibt.

Der Preis ist heiß
Vermutlich sind Sie genauso wie ich schon gespannt auf den Preisvergleich zwischen Infiniti Q30 und Mercedes GLA. Bitte sehr: Der Q30 startet bei 24.200 Euro für den kleinen Benziner mit 122 PS. Damit unterbietet er den GLA 180 um exakt 3.468 Euro. Unser Q30 2.2d kostet mit Frontantrieb mindestens 30.550 Euro, die Differenz zum GLA 220 d fällt hier besonders extrem aus: 37.348 Euro stehen in der Mercedes-Liste. Mein Tipp: Sparen Sie sich die teure Sport-Version des Q30 und nehmen Sie den ab Werk gut ausgestatteten "Premium" plus Navi und Technikpaket mit Rundumsicht-Monitor, Rückfahrkamera und Parkpiepser an beiden Enden des Fahrzeugs. 36.170 Euro werden dann auf der Rechnung notiert, mit Allrad kommen 1.950 Euro dazu.

Ganz dicker Haken
Ich fasse zusammen: Die Optik stimmt, die Technik passt und der Preis ist attraktiv. Aber ein gehöriger Pferdefuß bleibt beim Infiniti Q30, nämlich das extrem magere Händlernetz. Sollten Sie in Stuttgart oder München leben, müssen sie nach Frankfurt fahren. Dort (und in Bremen, Hamburg, Berlin, Dresden und Düsseldorf) können sie den Q30 und seine Brüder bestellen. Das Problem der Abdeckung ist der Marke durchaus bewusst, man bemüht sich eine Erweiterung des Netzes im Jahr 2016. Trotzdem: Wie soll so der ambitionierte Q30 ein Erfolg werden? Schließlich wurde schon 2013 eine seriennahe Studie gezeigt und die Zielrichtung Europa vorgegeben. Es wäre also genug Zeit dagewesen, um potenzielle Händler zu becircen.
Technische Daten
Antrieb:Allradantrieb
Anzahl Gänge:7
Getriebe:Doppelkupplungsgetriebe
Motor Bauart:Diesel mit Common-Rail-Einspritzung
Hubraum:2.143
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:4
Leistung:125 kW (170 PS) bei UPM
Drehmoment:350 Nm bei 1.400 - 3.400 UPM
Preis
Neupreis: 33.440 € (Stand: November 2015)
Fazit
Preiswerter als ein Mercedes GLA, aber mindestens auf dessen Niveau: Der neue Q30 ist eine schicke Alternative zur Premium-Konkurrenz aus Deutschland. Hinzu kommt, dass bei Infiniti jeder Kunde ein König ist. Doch genau hier liegt der Hase im Pfeffer: Ohne ausreichende Händlerabdeckung schleppt der Q30 immer eine schwere Kugel am imaginären Bein mit sich. Umso ärgerlicher, dass dieses Problem hausgemacht ist. Wir drücken der Marke trotzdem die Daumen. + laufruhiger Motor, hochwertige Materialien, günstiger Preis - schlechte Sicht nach hinten, mäßiger Abrollkomfort
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: auto-news, 2015-11-03

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