Land Rover Defender Electric - Reine Strom-Sache
Den Land Rover Defender, immerhin ein seit 1948 gebauter Klassiker unter den reinrassigen Geländewagen hat es schon mit vielen Antrieben gegeben: Benziner, darunter sogar V8-Triebwerke, Diesel mit Pumpe-Düse-Einspritzung, Vier- und Fünfzylinder. Aber mit einer E-Maschine gab es das Urgestein in dieser Form noch nicht. Wird es für den Endverbraucher auch nicht, denn die sieben gebauten Fahrzeuge dienen allein der Forschung.
Dennoch verzichtet der Hersteller nicht darauf, kurze Fahreindrücke an die Außenwelt zu vermitteln, schließlich besteht Grund genug zur Annahme, dass elektrische Antriebe in der Zukunft eine große Rolle spielen werden. Jedenfalls gewinnt der Offroader mit der teilweise genieteten Außenhaut dank der 70 kW/95 PS leistenden E-Maschine zumindest in Sachen Fahrverhalten deutlich, das spürt man bereits auf den ersten Metern. Denn statt rustikalem Selbstzünder mit Anfahrschwäche gibt es sattes Drehmoment (bis zu 330 Nm) ab dem Start weg. Lautlos setzt sich das anachronistisch wirkende Ungetüm in Bewegung und fasziniert mit dem Kontrast aus gewollter Altertümlichkeit und souveränem Antrieb. So unanstrengend ließ sich bisher noch kein Defender fahren. Zwar wiegt diese Version rund 100 kg mehr als die konventionelle Ausgabe, doch das stört keineswegs.
Als alltagstaugliches Reisemobil hätte der Brite freilich seine Probleme – schließlich gelten auch für ihn die Gesetze der Naturwissenschaften; selbst Lithium-Ionen-Batterien haben keine hohe Speicherdichte, was eine magere Ausbeute in puncto Reichweite zur Folge hat. Nach 80 Kilometern Onroad-Betrieb ist der Akku leer. Im Gelände allerdings sei ein Betrieb von einigen Stunden drin, versichern die Verantwortlichen. Besonders interessant scheint das Kapitel der Rekuperation, also der Umwandlung kinetischer in elektrische Energie, beim Abfahren steiler Passagen. Hier können bis zu 30 kW erzeugt und demnach 80 Prozent der Bewegungsenergie wieder in die Batterie zurückgespeist unter Steuerung der elektronisch geregelten Bergabfahr-Kontrolle werden.
Überhaupt ist das Gelände ein Ort, an dem sich der elektrische Defender besonders wohl fühlt, denn die Momentabgabe an die Räder erfolgt wesentlich feinfühliger als bei den konventionellen Ausgaben. Der Forschungsoffroader besitzt nicht etwa vier Radnabenmotoren. Eine solche Lösung sei zu teuer gewesen, erklärt Anthony Harper, Leiter Forschung und Entwicklung bei Land Rover. Außerdem sei die Synchronisation aller vier Maschinen bei normaler Onroad-Fahrt keinesfalls einfach in den Griff zu bekommen.
Also greift der Defender Electric auf klassische Differenzialsperren zurück, um schwierige Situationen zu meistern. Ein kleiner Parcours, den der Hersteller am Vorabend des Genfer Autosalons aufgebaut hat, soll zeigen, wie präzise der sogar mit Geländeuntersetzung ausgerüstete Alleskönner in der Praxis über Stock und Stein balanciert werden kann. Tatsächlich spricht das ausladende Elektroauto außergewöhnlich sensibel auf Gaspedalbefehle an und lässt sich im Zweifel sicherer über schwer wegbare Pfade dirigieren. Zurück auf der Straße kommt wieder diese Leichtigkeit auf, mit der die aerodynamische Schrankwand über den Asphalt gleitet.
Das Bremspedal, das man aufgrund der stark ausgeprägten Bremsenergie-Rückgewinnung im alltäglichen Betrieb kaum benötigt, mutet in etwa so rustikal an wie die schwergängige Servolenkung. Die Armaturen entsprechen dem typischen Standard der noch immer kaufbaren Variante, und an dem herrlich anzusehenden Blechkleid mit den vielen Nieten änderten die Macher ebenso wenig. Am Ende ist sich der Defender eben doch treu geblieben – Elektroantrieb hin oder her. Ganz ablehnend hat Anthony Harper auf die Frage mit den Radnabenmotoren übrigens nicht reagiert und verraten, dass auch an einem solchen Projekt gearbeitet werde. Willkommen in der elektrischen Zukunft.
Land Rover hat sieben Defender mit elektrischem Antrieb zu Forschungszwecken hergestellt. Vor allem im Gelände punktet die ungewöhnliche britische Kreation. Zu kaufen wird es den exotischen Offroader jedoch nicht geben.
Quelle: Autoplenum, 2013-03-05
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