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Testbericht

Stefan Grundhoff, 20. Februar 2010
In wirtschaftlich schweren Zeiten heißt es für Jedermann sparen. Das hat sich mittlerweile sogar bis zu Rolls-Royce herumgesprochen. Der neue Ghost ermöglicht ab einer Viertel Million Euro den Einstieg ins automobile Oberhaus.

Im Vergleich zum übermächtigen Bruder, dem 5,84 Meter langen Königsmobil Rolls-Royce Phantom, ist der Ghost ein wahres Sparmobil. Mit einem Einstiegspreis von 253.470 Euro spart der wohl betuchte Kunde nicht nur bei der Anschaffung ein stattliches Sümmchen, sondern auch durch das Wegrationalisieren des Chauffeurs. Denn wohl zum ersten Mal in der bewegten Rolls-Royce-Geschichte wurde ein Konzernprodukt für Selbstfahrer konzipiert. Gerade deshalb hoffen die bayrischen Briten mit dem guten Geist mehr als gewohnt bei der Nobelkonkurrenz räubern zu können. Wer sich bisher gerne in einem Mercedes S 65 AMG oder einem Bentley Arnage vortrefflich gebettet sah, soll künftig durchaus zu Rolls- Royce schielen. Damit die Kunden in wirtschaftlich schweren Zeiten in Scharen kommen, hat sich der Ghost einen eindrucksvollen Automobil- Paten ins Entwicklungsbett geholt. Große Teile der Ghost-Technik stammen aus dem Hause BMW und sind im aktuellen 7er BMW verbaut.

Selbstredend werden die Rolls-Royce-Verantwortlichen nicht müde, den geringen Teil der technischen Gemeinsamkeiten zu unterstreichen. Schließlich will ein Kunde, der mehr als 250.000 Euro für den durchlauchten Edel-Briten ausgibt, nicht mit einem schnöden Geschäftsführer in eine Schublade gesteckt werden, der sich von seinem 5er Touring mühsam in die imageträchtige 7er-Liga aufgeschwungen hat. Doch alle Dementis verpuffen und schließlich ist es keine Schande, sich mächtig bei einer besten Limousinen der Welt bedient zu haben. Antrieb, Lenkung, Achtgang-Automatik, Fahrerassistenz- und Sicherheitssysteme kennt man bestens aus dem 760er BMW. Das aufgrund des britischen Klassenbewusstseins nochmals mächtig nachgelegt wurde, merkt man nicht nur an den unterschiedlichen Produktionszeiten. Während ein komplett ausstaffierter Edel-Bayer im Werk Dingolfing nach rund zwei Tagen fix und fertig von Band läuft, geht die Manufaktur im südbritischen Goodwood in rund drei Wochen deutlich betulicher zu Werke, ehe der Ghost im Glanze seines Edellackes unter freiem Himmel erstrahlt.

Der Rolls-Royce Ghost ist mehr als eine imposante Erscheinung. Kein Gedanke daran, dass er am güldenen Thron des Prunkmodells Phantom kratzen würde – aber mit einem Maybach 57 S kann er es nicht nur wegen seines eindrucksvollen Designs allemal aufnehmen. „Es ist eine Limousine, die einen anderen Auftritt und einen jüngeren Esprit hat, als man es bisher von einem Rolls-Royce gewohnt war“, erklärt Chefdesigner Ian Cameron. Das augenfälligste Merkmal, in dem sich der Bug der 5,4 Meter langen Luxuslimousine von den bulligen Fronten seiner Adelsgenossen unterscheidet, sind die unterschiedlich geformten Scheinwerfer und der Kühlergrill. „Wir haben den Stil des Grills weniger an einen traditionellen Säulentempel, sondern etwas mehr an den Lufteinlass eines Flugzeugtriebwerks angelehnt“, malt Cameron weiter aus, „Einfachheit ist das am schwersten umzusetzende Designmerkmal.“

Dass man sich dem Ghost betulich, ja fast schon zurückhaltend nähert, liegt an den imposanten Formen, der farblich abgesetzten Motorhaube, die in den Rahmen der Windschutzscheibe übergeht und die hinten angesetzten Fondtüren. „Coach Doors“ nennen die Engländer diese Türen, die in einem Winkel von bis zu 83 Grad öffnen und sich elektrisch von innen wieder verschießen lassen. Die Fond-Sitze sind weit hinter der C-Säule platziert, so dass die Köpfe der Passagiere vor neugierigen Blicken von draußen gut geschützt sind. Das Interieur, auf dessen Schallisolierung jedes Tonstudio neidisch wäre, beherrschen feinstes Leder, edles Gehölz und sorgsam gearbeitete Metallapplikationen.

Standesgemäß wird der Ghost von einem Zwölfzylinder angetrieben. Der wurde beim ebenfalls mehr als standesgemäß motorisierten BMW 760i entliehen. Während hier alles andere als zurückhaltende 544 PS ihren kaum hörbaren Dienst im bayrischen Maßanzug verrichten, gab es für den Ghost noch einen kleinen Briten-Zuschlag. Der 6,6 Liter große V12 sieht beim Öffnen der Motorhaube nicht nur grandios aus, sondern verfügt über 420 KW / 570 PS und ein maximales Drehmoment von 780 Nm ab 1.500 U/min. Eine doppelte Turboaufladung macht es möglich. Das Leistungsplus ist gut angelegt – schließlich bringt der imposant ausstaffierte Rolls Royce gut 2,4 Tonnen auf die Waage. Da verlangt es nach entsprechender Befeuerung, um diese Dimensionen in knapp unter fünf Sekunden auf Tempo 100 zu beschleunigen. Bei 250 km/h wird abgeregelt. Manko: die Achtgang- Automatik aus dem Hause ZF ist mittlerweile auch mit einer Start- Stopp-Automatik zu bekommen, die dem flüsterleisen Triebwerk noch ein paar Zehntel Verbrauch abringen würde. Beim Rolls Royce ist sie aktuell nicht an Bord. Der Verbrauch von 13,6 Litern SuperPlus erscheint angesichts der gebotenen Leistungen jedoch ebenso unwichtig wie überraschend.

Fahrerauto hin oder her - auch im Rolls-Royce Ghost kann man vortrefflich im Fond reisen. Zwar ist der Einstieg über die hinten angeschlagenen Türen nicht derart mondän wie im Phantom, aber niveauvoll geschieht das Hineingleiten allemal. Dank eines Radstandes von 3,30 Metern rückt man der ersten Reihe nicht auf die Pelle. Sind die Türen erst einmal geschlossen, ist der Innenraum der Außenwelt in Sekundenbruchteilen entrückt. Der Geruch von perfekt verarbeitetem Leder, die doppelt verglasten Scheiben und die kuschelweichen Teppiche tun gemeinsam mit der Luftfederung ihr übriges, dass sich die Insassen trotz der niederen Fahrzeugklasse königlich fühlen dürfen.

Rolls Royce rechnet pro Jahr mit einem Absatz von 1.000 Fahrzeugen. Mehr als die erste Jahresproduktion soll bereits ausverkauft sein. Daher sind die Hoffnungen an den neuen Rolls-Royce in einer für ihn ungewohnten Fahrzeugklasse groß. Schließlich musste die Marke mit der eindrucksvollsten Kühlerfigur der Welt im abgelaufenen Jahr 2009 einen Absatzeinbruch von rund 40 Prozent hinnehmen. Das dürfte sich 2010 ändern. Kunden in Beverly Hills, der Londoner Bond Street und Abu Dhabi reiben sich bereits die Hände. Günstiger war ein Rolls-Royce selten zu bekommen – und nie war er besser.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: Autoplenum, 2010-02-20

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